Der neue Roman von Pavel Kohout - eine Erzählung von den Abgründen der menschlichen Seele
Eine Frau zwischen zwei Männern. Ein Mann zwischen Ideologie und Leidenschaft. Ein Land zwischen Freiheit und Diktatur. Pavel Kohout erzählt in seinem lange erwarteten neuen Roman eine so spannende wie dramatische Geschichte von Liebe, Illusion und Verrat.
Eine Frau zwischen zwei Männern. Ein Mann zwischen Ideologie und Leidenschaft. Ein Land zwischen Freiheit und Diktatur. Pavel Kohout erzählt in seinem lange erwarteten neuen Roman eine so spannende wie dramatische Geschichte von Liebe, Illusion und Verrat.
Pavel Kohout erzählt eine Geschichte aus finsterer Zeit
Sie waren die Elite der kommunistischen Partei und dazu ausersehen, ihr Land, die Tschechoslowakei, nach dem Krieg in eine bessere Zukunft zu führen. Zu ihnen gehörte einst auch der Autor Pavel Kohout, brillanter Dichter der Parteijugend und einer der Hoffnungsträger der KPC - wie die Romanfigur Jan Soukup, den Kohout in seinem neuen Buch zum Repräsentanten einer Partei formt, in der Verrat und Täuschung die Basis der Macht darstellen. Soukup verliebt sich in die schöne Schauspielerin Kamila Nostitzowa, die aber seinen Professor heiratet, den charismatischen Führer der Sozialdemokraten und erbitterten Gegner der Fusion mit den Kommunisten.
Das während des Exils des Professors aufgenommene Verhältnis der Schauspielerin und des Dichters nutzen die Kommunisten nach dem Kriege, um dem politischen Gegner eine Falle zu stellen und den Genossen Soukup, unter der Verpflichtung auf die Parteidisziplin, zum Mittäter zu machen. Soukup verrät seine Liebe und den besseren Teil von sich selbst - aber nicht die Partei.
Er wird belohnt mit dem Posten des Chefredakteurs des "Rude Pravo", sein ehemaliger Professor stirbt im Gefängnis, seine Geliebte nimmt sich das Leben. Ein Plot aus der an solchen "Karrieren" überreichen Geschichte der KPC, von der heute in Tschechien niemand mehr etwas wissen will. Kohout, der ehemalige Partei-Dichter, hat sich nicht verraten, sonders 1968 die Partei auf einen anderen, einen Reformweg zu bringen versucht.
Man merkt seinem Buch an, dass er über etwas schreibt, was er selber hautnah erlebt hat. Je mehr die politische Intrige und ihre Drahtzieher ins Zentrum des Geschehens rücken, desto dichter wird Kohouts Prosa. Gleichwohl kann er nicht verleugnen, dass er eigentlich Theaterautor ist, manche Passagen lesen sich wie Theaterdialoge und Regieanweisungen. Ein Effekt, der leider durch eine in Passagen unvollkommene Übersetzung noch unterstrichen wird.
Kohout ist der bis heute mit Abstand produktivste jener Intellektuellen, die 1968 Geschichte geschrieben haben. Gleichzeitig ist er an dieses Lebensthema, die Auseinandersetzung mit der Kommunistischen Partei und ihrer Rolle in der CSSR, in besonderer Weise gebunden. Kein Leser in seiner Heimat, der bei der Lektüre dieses Buches nicht die Biographie des Autors vor Augen hätte, eine Biographie, die bis heute umstritten ist. Mit den Figuren dieses Romans, vor allem mit dem Parteidichter Soukup und der Schauspielerin Nostitzova, hat Kohout Modelle aus seinem eigenen Leben gestaltet. Sie machen das Buch einerseits authentisch, lassen andererseits aber eine Zeit wiederauferstehen, von der das Land und damit auch Kohouts Leser sich definitiv verabschiedet haben.
HANS-PETER RIESE
Pavel Kohout: "Die Schlinge". Roman. Aus dem Tschechischen von Ales Puda. Osburg Verlag, Berlin 2009. 303 S., geb., 19,95 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Auch ohne gutes Ende kann Christoph Bartmann sich für den neuen Roman von Pavel Kohout begeistern. Schließlich weiß der Autor bestens, wovon er schreibt, wenn er die heroische wie brandgefährliche Frühzeit des Prager Kommunismus mit gleich zwei Hauptfiguren, dem jungen Kommunisten Jan Soukup und dem Sozialdemokraten Felix Fischer, erkundet. Die Effekte sitzen, auch wenn Bartmann hier und da Kolportage wittert. Kohouts Erfahrung zeigt dem Rezensenten glaubhaft, wie faszinierend und zugleich brutal der Kommunismus sich 1948 äußern konnte. Rasant führt der Autor den Rezensenten durch einen politischen, bald erotischen Konflikt, mit dem sich am Ende, wie sollte es anders sein, die Staatssicherheit befasst.
© Perlentaucher Medien GmbH
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