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Sommer 1983. Als der 20-jährige Nick Guest eine Dachkammer bei den Feddens im reichen Londoner Stadtteil Notting Hill bezieht, taucht er in eine ihm bis dahin völlig fremde Welt ein. Nicks Entwicklung vom kleinbürgerlichen Provinzler zum dandyhaften Kosmopoliten ist gleichzeitig ein großartiges Sittengemälde der Thatcher-Ära, für das Hollinghurst mit dem Booker-Preis ausgezeichnet wurde.

Produktbeschreibung
Sommer 1983. Als der 20-jährige Nick Guest eine Dachkammer bei den Feddens im reichen Londoner Stadtteil Notting Hill bezieht, taucht er in eine ihm bis dahin völlig fremde Welt ein. Nicks Entwicklung vom kleinbürgerlichen Provinzler zum dandyhaften Kosmopoliten ist gleichzeitig ein großartiges Sittengemälde der Thatcher-Ära, für das Hollinghurst mit dem Booker-Preis ausgezeichnet wurde.
Autorenporträt
Alan Hollinghurst, geboren 1954 in Stroud, Gloucestershire, zählt zu den bedeutendsten Gegenwartsautoren Großbritanniens.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.07.2010

Eine Herausforderung
in Hellblau
„Die Schönheitslinie“
von Alan Hollinghurst
Sie gehören zu den großen Paaren der modernen Literatur: der Smalltalk und die Großstadt. In Paris, London, Moskau und St. Petersburg hatten sie im 19. Jahrhundert ihre großen Auftritte in den Salons, und wenn sie und ihr alter Trauzeuge, der Roman, gut drauf sind, sind die beiden noch immer ein hinreißendes Paar. Der englische Schriftsteller Alan Hollinghurst hat dafür in seinem Roman „Die Schönheitslinie“, mit dem er 2004 den Booker Prize gewann, einen mustergültigen Beleg geliefert.
Das London der ewigen achtziger Jahre zwischen der Wiederwahl Margaret Thatchers 1983 und ihrem dritten Wahlsieg 1987 ist seine Bühne. Und der Smalltalk straft wie immer, wenn er gut ist, seinen Namen Lügen. Er ist ja das Medium der großen Dinge, und so geht es in diesem Roman um Geld, Liebe und Tod, ob er gerade im südfranzösischen Ferienhaus des neu zugewählten Tory-Abgeordneten zu Gast ist, in seiner Stadtwohnung in Kensington Gardens oder im Wahlkreis in der Provinz. Als unausweichliches Gesprächsthema, aber ohne je beim Namen genannt zu werden, in einer heiter-bösen Szene auch leibhaftig, geht Margaret Thatcher durch den Roman. Riesige Summen versickern im Smalltalk, denn mancher verdient sein Geld mit dem spekulativen Ruinieren von Firmen. Der Sex tritt im homosexuellen Gewand auf, nicht zuletzt, um dem talk of the town am Ende einen veritablen Skandal liefern zu können. Und der Tod tritt hinzu, weil in den achtziger Jahren der Aids-Tod seine ersten öffentlichen Auftritte hatte.
Mit nicht geringem Sarkasmus hat Hollinghurst den Sohn eines auf alte Möbel, Uhren und Porzellan spezialisierten bürgerlichen Antiquitätenhändlers zum Helden des Romans und Nachfahren der homosexuellen Dandys der Jahrhundertwende gemacht. Dieser Nick Guest, von Kindheit trainiert in die Einfühlung in alte Werte, hat in Oxord studiert. Und er hat es mit – auch, wenn er auf die Körper seiner Geliebten blickt – dem schönen Schwung der Schönheitslinie, wie sie William Hogarth beschrieben hat, und spürt den Geheimnissen im Stil des großen Autors Henry James nach, verschmäht aber ebenso wenig den Schwung der Kokain-Linie.
Sein Opportunismus macht diesen Nick zum idealen Beobachter im Haus des Tory-Abgeordneten, in dessen Sohn er hoffnungslos verliebt ist. Sein Liebesleben zieht über seinem Haupt die Aids-Nachrichten aus dem Freundeskreis wie schwarze Raben zusammen, und dass in der Thatcher-Ära alle Antiquitäten des guten alten britischen Kapitalismus in eine reißende Tanzbewegung gerieten, begreift der Leser spätestens, wenn der Held die Namenlose zum Tanz auffordert: Nick „starrte das Gesicht der Premierministerin an, ihren ganzen Kopf, spitz und gekrönt, in dem er eine hübsche, doch eigentlich unmögliche Verschmelzung des Vortizismus mit dem Barocken erkannte. Sie erwiderte mit einem Lächeln, einer tierhaften Flinkheit, einer hellblauen Herausforderung.“
LOTHAR MÜLLER
Alan Hollinghurst
Foto: Robert Taylor
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