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Gedichte über Landschaften und das (Unterwegs-)Sein, die in ihrer poetischen Prägnanz einzigartig sind.Doris Runges Gedichte kommen fast beiläufig daher, sie sprechen eher in lakonischem Ton als in dem des raunenden Beschwörens. Und doch entfaltet sich in ihnen das Leben in all seinen Facetten, in seinen beschwingten Momenten wie in seiner existenziellen Schwere. Doris Runge fängt poetisch ein, was sie mit ungeheurer Schärfe wahrnimmt, was Träume ihr eingeben, sie hält das Weiß und Schwarz gegeneinander, »als die witwen / mit den bräuten / die farben tauschten«, sie befragt ihre Erinnerungen…mehr

Produktbeschreibung
Gedichte über Landschaften und das (Unterwegs-)Sein, die in ihrer poetischen Prägnanz einzigartig sind.Doris Runges Gedichte kommen fast beiläufig daher, sie sprechen eher in lakonischem Ton als in dem des raunenden Beschwörens. Und doch entfaltet sich in ihnen das Leben in all seinen Facetten, in seinen beschwingten Momenten wie in seiner existenziellen Schwere. Doris Runge fängt poetisch ein, was sie mit ungeheurer Schärfe wahrnimmt, was Träume ihr eingeben, sie hält das Weiß und Schwarz gegeneinander, »als die witwen / mit den bräuten / die farben tauschten«, sie befragt ihre Erinnerungen ebenso wie ihre Erwartungen, spricht vom Unterwegssein in der rauen norddeutschen Küstenlandschaft und anderswo, von der Liebe, von Hoffnungen und Enttäuschungen und neuen Hoffnungen, vom sich immer wieder ändernden Beständigen.barbarisch schönrollt diewintersonneüber die klingeins meereine letzte zeileeine leerzeilebleibtrot markiertbevor auchsie verschwindet
Autorenporträt
Doris Runge, geb. 1943 im mecklenburgischen Carlow, Studium der Pädagogik in Kiel. Seit 1976 lebt sie in Cismar. Für ihre Lyrik wurde sie 1985 mit dem Friedrich-Hebbel-Preis ausgezeichnet; 1997 erhielt sie den Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg, 1998 den Kunstpreis Schleswig-Holstein, 2007 den Ida-Dehmel-Literaturpreis. Sie übernahm die Liliencron-Dozentur der Universität Kiel und die Poetik-Professur der Universität Bamberg.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Tilman Spreckelsen bewundert den versöhnlichen Mut in den Gedichten von Doris Runge. Wie die Autorin noch mit einer lästigen Stubenfliege ihren Frieden macht, ihrer Gegenwart Transzendenz und "etwas Tröstliches" abgewinnt, findet er bezaubernd. Zu einer der wichtigsten deutschsprachigen lyrischen Stimmen zählt Runge für ihn aber auch durch die Fähigkeit, etwa durch den Rhythmus den unsicheren Gang einer Wasserfrau nachvollziehbar zu machen. Die Bildwelt in den neuen Texten dürfte Runge-Lesern vertraut sein, ahnt Spreckelsen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.08.2022

Von der schwarzen Nacktschnecke überholt
Doris Runges Lyrikband "die schönsten versprechen"

Wer seinen Blick mit der Sentimentalität der Großstadtbewohner aufs Land richtet, sucht wahrscheinlich andere Erfahrungen als die Begegnung mit den unvermeidlichen Fliegen. Erst recht nicht wird er ihnen abgewinnen, was Doris Runges Gedicht "fliegen" in den Insekten sieht: "sie lieben unsere / stubenfenster und / unsere vergänglichkeit", so beginnt der Text, der dann aber eine andere Richtung als die der schieren Beschreibung einschlägt. Die Fliegen "bewohnen" diese Vergänglichkeit, "tief im fleisch / und eine ist meine". Was da beschrieben und anverwandelt wird, wächst über die Fliege hinaus, gerinnt aber nicht zur bloßen Metapher - "stumm und schillernd" bleibt sie, rätselhaft und eine stete Aufforderung zur Deutung, zur Nachjustierung derjenigen Werkzeuge, die wir zur Erkenntnis nicht nur der physischen Welt haben: "und mit anderen augen / würde ich sagen / sie ist schön / und beharrlich / begleitet sie mich / durch die nacht."

Mit anderen Augen: Seit sie vor knapp vierzig Jahren den Band "Jagdlied" publizierte und dafür gleich mit dem Friedrich-Hebbel-Preis ausgezeichnet wurde, gehört Doris Runge zu den wichtigsten Stimmen der deutschen Lyrik. Gerade ist mit "die schönsten versprechen" ein weiterer schmaler Lyrikband Doris Runges bei Wallstein erschienen, es ist nach "man könnte sich ins blau verlieben" von 2017 der zweite in diesem Verlag, während die früheren von der DVA publiziert worden sind. Wie stets stellt die Autorin auch in diesem Band die Gedichte zu einzelnen Zyklen zusammen. Sie heißen "in der tintenschwarzen brandung", "das bild vom see", "hinter dem horizont" oder "melusines zimmer", und besonders diese Gruppe knüpft offensichtlich an eine Bilderwelt an, die sich in Runges Lyrik von jeher findet, etwa an die Sirenengedichte in "grund genug" aus dem Jahr 1995 oder an den "Nixen"-Zyklus in "was da auftaucht" von 2010; in seinem Nachwort zu Runges Lyriksammlung "zwischen tür und engel" von 2013 hat Heinrich Detering in ihren Texten die "wortlose Stimme jener Wasserfrauen" beschrieben, "die jederzeit unvermutet auftauchen können" und die sich "ihrer selbst und ihrer Position in einer immer schon zweideutigen Welt erst vergewissern" müssen. In "die schönsten versprechen" kehrt der verwunderte Blick der Melusine auf die "Zweibeiner" wieder, die Verstörung angesichts der Sicherheit derjenigen, die ihre eigene Position absolut setzen, und das Beharren darauf, die Tür, die - einmal wöchentlich nur - den menschlichen Gefährten der Wasserfrau von ihrem Leben ausschließt, auch wirklich zu respektieren. Die Volkssage, auf die sich Doris Runge bezieht, erzählt auch von der Missachtung dieser Bitte durch den Ehemann: "ich sehn mich / grad heim / ich schlüpfe in / meine alte gestalt / morgen bin ich / wieder dein / dann machen wir / uns ans werk / schuppen die / haut die wörter / alles schön glatt", heißt es in dem Gedicht "lass die tür geschlossen", und allein der schleppende Rhythmus, der den Gang eines Wesens begleitet, für den zwei Beine ungewohnt sind, sollte eigentlich mehr als einen menschlichen Gefährten eines verwandelten Naturwesens erweichen. Und darauf hindeuten, warum der kommende Abschied unausweichbar ist.

Denn auch davon sprechen überraschend viele Gedichte dieses Bandes, die nicht selten auch den Tod in den Blick nehmen, ihn poetisch umspielen und sich ganz unterschiedlich zu ihm verhalten. Da ist in "ausblick" ein resignativer Ton, der selbst in der von Runge in anderen Gedichten so elegant der Wirklichkeit hinzugefügten Märchenwelt keinen Ausweg mehr erkennen kann - "den letzten butt / mit speck in die pfanne / und ja nicht ins / wünschen kommen". Da sind in einem weiteren Zyklus Kindheitsbilder, die mühelos Jahrzehnte überspringen und mit der Gegenwart der Lyrikerin verschmelzen. Und da ist "steig ein", eines der wenigen auch durch Reime strukturierten Gedichte, das einen Disput zwischen Charon und einem Fahrgast schildert, der noch nicht zur Überfahrt bereit ist und der Verlockung der Rast widersteht.

Wo "der boden schwankt / wie ein schiff auf hoher see", da bietet auch der Deich keinen Schutz. Aber was wäre die Alternative? Die Rolle des Beobachters, der den befürchteten Schiffbruch aus einigem Abstand betrachtet? Zugleich ist in alldem auch die Sicherheit, die das vermittelt, was sich verwandelt und bleibt, die "bilder vom see", auf die eine verhaltene, allmählich wachsende Emphase folgt, "man könnte gedichte / schreiben", so die Reaktion, "man könnte / dem lang einfallenden / schatten / seine liebe erklären", heißt es weiter, und wo sich die Ebenen derart vermischen, wo der lange Schatten beileibe nicht nur dem einen schwindenden Tag geschuldet ist, findet die Lyrikerin auf die Verlockung der Liebeserklärung die königliche Antwort: "man tut es".

Es ist diese Haltung, der Welt die Stirn zu bieten und sie zugleich zu umarmen, die diesen Band prägt. Das vernebelt nicht den Blick für die Wirklichkeit, im Gegenteil. Aber es öffnet ihn für eine Transzendenz, für die es ebenjene anderen Augen braucht, um den Fliegen, die uns durch schlaflose Nächte begleiten, etwas Tröstliches abzugewinnen. Und was ist das für eine "schwarze nacktschnecke", die eine durch den verschatteten Wald Wandernde "auf dem nadelweg" überholt? Die Lyrikerin jedenfalls macht ihren Frieden damit und kommentiert das eigene Zurückbleiben hinter dem Tier mit den beeindruckendsten Zeilen dieses wunderbaren Lyrikbandes: "gut so / ankommen ist / zur zeit / nicht mein ziel". TILMAN SPRECKELSEN

Doris Runge: "die schönsten versprechen". Gedichte.

Wallstein Verlag, Göttingen 2022. 89 S., geb., 18,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Die Lyrikerin spielt gern mit der Irritation in ihren knappen, hochverdichteten Versen, in denen jedes Wort sitzt. (...) So sind ihre Gedichte immer beides gleichzeitig: dunkel und hell, traurig und froh, fragil und erdenschwer.« (Ruth Bender, Kieler Nachrichten, 29.06.2022) »Die Verdichterin schreibt ohne Punkt und Komma, um Dinge auf den Punkt zu bringen, und es macht Vergnügen, sich darauf einzulassen und die Welt mit ihren Augen zu sehen.« (Petra Haase, Lübecker Nachrichten, 12.07.2022) »Wir wollen mehr davon, mehr von diesen schönen Gedichten, die unseren Hunger zu stillen vermögen. Für eine gewisse Zeit. Für eine entschleunigte Zeitspanne. Genau das brauchen wir von Zeit zu Zeit.« (Marion Hinz, kultur-port.de, 14.07.2022) »bei aller Verschlankung gelingt es der Präzisionsarbeiterin, Mehrdeutigkeiten herzustellen und Interpretationsräume zu öffnen. (...) Immer wieder nimmt das lyrische-Ich eine faszinierend originelle, subjektive Position ein. Das macht Runges Lyrik so reizvoll.« (Mareike Ilsemann, WDR5, 13.08.2022) »Es ist gerade diese Demut vor der Welt, dieses unaufdringliche Hinhören und -sehen, aus dem heraus Runge eine Poetik der Zurückhaltung entwickelt. Ihr Kennzeichen: absolute Reduktion auf die Essenz. Kein Begriff dient als Dekor.« (Björn Hayer, Frankfurter Rundschau, 18.08.2022) »Es ist diese Haltung, der Welt die Stirn zu bieten und sie zugleich zu umarmen, die diesen Band prägt. Das vernebelt nicht den Blick für die Wirklichkeit, im Gegenteil. Aber es öffnet ihn für eine Transzendenz, für die es ebenjene anderen Augen braucht« (Tilman Spreckelsen, FAZ, 18.08.2022) »großartige welthaltige Gedichte« (Michael Augustin, Lesart, 3/2022) »meisterhafte Gedichte« (Michael Braun, Deutschlandfunk Kultur, 27.07.2022) »Wenn (Doris Runge) (...) neue Gedichte veröffentlicht, ist das ein Ereignis.« (Heiko Buhr, Lebensart im Norden, August 2022) »die (...) Gedichte verblüffen, lösen hin und wieder auch ein Lächeln aus, aber regen ebenso zum nach- und überdenken an« (Lukas Prießnitz, Kulturbüro Göttingen, 20.01.2023)…mehr