Französische Verhältnisse
Journalist Marc Rappaport soll eigentlich nur ein paar Zeilen schreiben über einen alten, bis dato ungelösten Mordfall. Denn der vermeintliche Täter konnte nun, nach 27 Jahren, durch eine DNA-Spur, die man am Tatort gefunden hatte, endlich identifiziert werden. Aber
warum hatte Banklehrling Gilles Neuhart die Prostituierte Emilie damals getötet? Marcs journalistischer…mehrFranzösische Verhältnisse
Journalist Marc Rappaport soll eigentlich nur ein paar Zeilen schreiben über einen alten, bis dato ungelösten Mordfall. Denn der vermeintliche Täter konnte nun, nach 27 Jahren, durch eine DNA-Spur, die man am Tatort gefunden hatte, endlich identifiziert werden. Aber warum hatte Banklehrling Gilles Neuhart die Prostituierte Emilie damals getötet? Marcs journalistischer Ehrgeiz ist entfacht.
Marc hangelt sich von einem Gesprächspartner zum nächsten: die ehemalige Prostituierte Regine, der damalige Profiler Ferrer, eine Schulfreundin, eine Lehrerin, der damalige Freund u.v.a.m. Beharrlich folgt er den Spuren der Ermordeten: von Paris nach Marseille, in die französische Provinz und schließlich zurück nach Paris.
Unterstützung bekommt Marc von seinem cleveren Praktikanten Alex und Polizist Stefanaggi. Dieser ermöglicht ihm Zugang zu den Akten und sogar, Gilles im Gefängnis zu sehen. Der streitet allerdings ab, Emilie getötet zu haben. Angeblich war die Tür offen und die Frau bereits tot. War Gilles nur zur falschen Zeit am falschen Ort?
Gila Lustiger ist eine großartige Erzählerin. Ihr Stil hat mich ein wenig an den von Dominique Manotti erinnert. Die Figurenzeichnung lässt darauf schließen, dass die Autorin das Milieu sehr genau kennt, um das es hier geht. Marc kommt authentisch rüber. Auch sein Chef und Freund Pierre sowie seine Freundin Deborah sind gut gezeichnet. Alle Figuren haben Ecken und Kanten, doch das macht sie menschlich.
Vom Cold Case zum Chemie-Skandal. Vom Krimi zum Polit- und Wirtschaftsthriller. „Die Schuld der Anderen“ ist ein intelligenter und hochkomplexer Gesellschaftsroman und gleichzeitig eine Familiengeschichte. Denn Marcs Erinnerungen an seinen Großvater nehmen einen breiten Raum ein. Die historischen Geschehnisse sind fundiert recherchiert und die politischen Verstrickungen gut erklärt.
Dass Gila Lustiger im Finale nochmal Gas gibt, steigert das Lesevergnügen. Denn einige Überraschungen gegen Ende der Geschichte hält die Autorin für ihre Leser noch bereit.
Fazit: „Die Schuld der anderen“ ist eine spannende Mischung aus Fiktion und Fakten mit einem ungewöhnlichen Helden. Ein anspruchsvolles, sehr besonderes Lese-Erlebnis.