Eine Frau geht ihren Weg, buchstäblich über Leichen
„Die schwarze Gräfin“ von Astrid Miglar ist ein historischer Gesellschaftsroman, in dessen Mittelpunkt eine Frau steht, die sich auf raffinierte Art und Weise aus ärmlichen Verhältnissen hochkämpft.
Worum geht es?
1949. Magdalena wurde mit
einem älteren, trunksüchtigen und brutalen Mann verheiratet. Sie träumt von Luxus und Unabhängigkeit.…mehrEine Frau geht ihren Weg, buchstäblich über Leichen
„Die schwarze Gräfin“ von Astrid Miglar ist ein historischer Gesellschaftsroman, in dessen Mittelpunkt eine Frau steht, die sich auf raffinierte Art und Weise aus ärmlichen Verhältnissen hochkämpft.
Worum geht es?
1949. Magdalena wurde mit einem älteren, trunksüchtigen und brutalen Mann verheiratet. Sie träumt von Luxus und Unabhängigkeit. Es gelingt ihr, den Tod ihres Mannes herbeizuführen – als Unfall getarnt. Als Witwe ist sie wieder frei und nimmt den ebenfalls verwitweten Hammerherrn ins Visier …
Das Cover stellt geschickt die Verbindung her zwischen der Landschaft und der Protagonistin, von der man eine optische Vorstellung gewinnt. Das Buch erschien 2024. Die Kapitel sind kurz, ohne Orts- oder Zeitangaben. Die Handlung spielt in der Nachkriegszeit, und zwar in der sogenannten Eisenwurzen, einem in Oberösterreich gelegenen Landstrich, der bis Anfang des 20. Jahrhunderts noch geprägt war von Sensenschmieden. Die Unternehmer nannte man Hammerherren. Die Autorin recherchierte ausführlich und gibt einen guten Überblick über die Entwicklung der Produktion sowie die nötige Neuorientierung nach Kriegsende. Ich fand das sehr interessant.
Der Schreibstil ist flüssig, die Sprache der Zeit angepasst. Das Lokalkolorit kommt durch immer wieder eingestreute typisch österreichische Begriffe ebenfalls gut zum Ausdruck. Mit Liebe zum Detail beschreibt die Autorin sehr gut vorstellbar landschaftliche Besonderheiten ebenso wie Einzelheiten des Interieurs. Durch Perspektivenwechsel bekommt man Einblick in das Umfeld und in die Gedanken bzw. Intentionen der diversen Protagonisten, wobei Magdalena stets den Mittelpunkt bildet, auch vom Stil her offensichtlich – ihr Part wird in der Ich-Form erzählt.
Nach Einführung in die Geschichte der Hammerherren taucht man in Magdalenas tristes, von einem geizigen, aggressiven Mann bestimmtes Leben ein. Sie ist eine Frau mit facettenreichen Eigenschaften: tüchtig, fleißig, eine gute Hausfrau, liebenswürdig, charmant und demütig (wenn es sein muss), doch sie hat auch negative Charakterzüge. Mit Raffinesse, Selbstbewusstsein, Skrupellosigkeit und Zielstrebigkeit geht sie buchstäblich über Leichen, um ein besseres Leben zu erreichen. Der Roman zeigt ein deutliches Frauenbild der damaligen Zeit, aus dem Magdalena gewissermaßen ausbricht. Sie hat eine erotische Ausstrahlung und bedient sich ihrer Reize, um die Männer in ihrem Umfeld für sich zu gewinnen. Ich spürte stets eher nur Berechnung, keine ehrliche tiefe Liebe. Selbst die erotischen Szenen empfand ich als zu nüchtern und zu distanziert. Wie ich annehme, durchaus von der Autorin so beabsichtigt. Magdalenas Schicksal ließ mich nicht kalt, ich gönnte ihr den Erfolg. Dennoch konnte sie meine Sympathie nicht wecken.
Die Charaktere der übrigen Protagonisten sind ebenfalls vielschichtig dargestellt, insbesondere durch Hinweise auf ihre Vergangenheit. Sie wirken authentisch und lebendig.
Am Ende wurde ich noch von so mancher Wendung überrascht. Dennoch, die Geschichte endete für meine Begriffe zu abrupt mit einer Aufzählung von Fakten der restlichen Lebensjahre Magadalenas, ohne nähere Einblicke auf das gemeinsame Leben mit Oscar.
„Die schwarze Gräfin“ ist ein historischer Roman, der mir Wissenswertes und ein anschauliches Bild der damaligen Gesellschaft vermittelt hat. Es fehlte nicht an Spannung, Dramatik, bestürzenden Ereignissen, Intrigen und boshaften Aktionen. Als Gegenpol war verbotene Liebe und Erotik mit verwoben. Was fehlte, waren auf mich während des Lesens überspringende Emotionen, und ich wurde mit der Protagonistin nicht richtig warm. Daher gibt es für dieses durchaus lesenswerte Buch von mir nur 4 Punkte.