Benji ist plötzlich wie verwandelt. Er nennt seinen Freund Shabi einen Verräter und versteckt sich vor ihm. Was ist los? In der Schule verschwindet ständig Geld und auch Shabis schwarze Schatulle mit den bunten Zeichenstiften ist plötzlich weg. Hat Benji etwas damit zu tun? Shabi versucht, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, und lernt dabei Joli, in die er heimlich verliebt ist, näher kennen. Ein aufregendes Versteckspiel beginnt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.04.2000Der Junge, der sich Zeit nimmt
Batya Gur hat nun auch einen Kinderkrimi geschrieben
Für Erwachsene hat Batya Gur erfolgreiche Kriminalromane geschrieben. Sie spielen in Israel, wo die Autorin lebt. Jetzt legt sie ihr erstes Kinderbuch vor. Der Ausflug ist ein Wagnis, das allein mit Krimiroutine wohl nicht zu bewältigen ist. In Israel ist "Die schwarze Schatulle" noch nicht erschienen, es wurde direkt und gezielt für den deutschen Verlag geschrieben.
"Erwachsene meinen nicht immer, was sie sagen." Mit dieser Aussage gleich im ersten Satz springt die Geschichte in die Welt der jugendlichen Leser. Oder markiert er bereits eine wichtige Fährte? Ein Junge ist verschwunden. Seit Tagen fehlt er in der Schule. Sein Freund Schabi versteht das nicht. Der dicke, kleine Benji ist sonst anhänglich wie eine Klette. Und Schabi ist in der Schule der Einzige, der Benji nahe steht, wahrscheinlich überhaupt sein einziger Freund. Aber jetzt ist Benji mit hasserfüllten Augen vor Schabi davongelaufen. Es ist nicht lange her, da hat Benji seinem Freund eine kostbare schwarze Schatulle mit schönen Zeichenstiften geschenkt. Aber auch die ist plötzlich verschwunden.
Schabi nimmt seine Ermittlungen auf. Batya Gur führt die Leser nicht gleich auf falsche oder richtige Fährten, sondern in eine Gruppe. Das macht sie immer so. Manchmal, so auch hier, hat man den Eindruck, sie interessiere sich gar nicht für ihre Fälle, sondern nur für das Milieu. Die Lösung eines Falles beginnt mit dem Verstehen jener Gruppe, der sich das Opfer zugehörig fühlt. Was läuft in diesen kleinen Gemeinschaften ab? Wie lauten ihre unausgesprochenen Regeln? Was will sie befördern? Was verschafft Ansehen? Wer ist oben, wer unten, wer erpresst wen?
Hier ist es das Leben rund um die Schule. Wer klaut ständig Sachen? Wer beobachtet wen? Welche Rolle spielt die Frau im Kiosk vor der Schule? Was hat der Schönling der Schule vor? Wieso hatte Benji immer so viel Geld? Und warum redet Schabis Vater nicht mehr? Lauter kleine Irritationen. Aber es gibt auch eine größere: Schabi ist verliebt. Aber er hat einen Konkurrenten, den Schönling. Der Krimi verwandelt sich in eine zarte Romanze. Damit wendet sich auch die Aufklärung des Falles.
Es ist keine spektakuläre Geschichte. Sie verbleibt im Alltag von Kindern zwischen zehn und vierzehn. Besonders gelungen ist der ruhige und einfache Erzählton von Schabi. Die Geschichte fließt. Batya Gur verzichtet auf witzige Knaller, Altkluges und Verbrechenskitzel. Sie vertraut ihrem Schabi. Der löst Probleme, indem er sich Zeit nimmt. Ein passabler Einstand von Batya Gur in die Kinderliteratur.
JÜRGEN STAHLBERG.
Batya Gur: "Die schwarze Schatulle". Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Carl Hanser Verlag. München 2000, 207 S., geb., 24,80 DM. Ab 11 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Batya Gur hat nun auch einen Kinderkrimi geschrieben
Für Erwachsene hat Batya Gur erfolgreiche Kriminalromane geschrieben. Sie spielen in Israel, wo die Autorin lebt. Jetzt legt sie ihr erstes Kinderbuch vor. Der Ausflug ist ein Wagnis, das allein mit Krimiroutine wohl nicht zu bewältigen ist. In Israel ist "Die schwarze Schatulle" noch nicht erschienen, es wurde direkt und gezielt für den deutschen Verlag geschrieben.
"Erwachsene meinen nicht immer, was sie sagen." Mit dieser Aussage gleich im ersten Satz springt die Geschichte in die Welt der jugendlichen Leser. Oder markiert er bereits eine wichtige Fährte? Ein Junge ist verschwunden. Seit Tagen fehlt er in der Schule. Sein Freund Schabi versteht das nicht. Der dicke, kleine Benji ist sonst anhänglich wie eine Klette. Und Schabi ist in der Schule der Einzige, der Benji nahe steht, wahrscheinlich überhaupt sein einziger Freund. Aber jetzt ist Benji mit hasserfüllten Augen vor Schabi davongelaufen. Es ist nicht lange her, da hat Benji seinem Freund eine kostbare schwarze Schatulle mit schönen Zeichenstiften geschenkt. Aber auch die ist plötzlich verschwunden.
Schabi nimmt seine Ermittlungen auf. Batya Gur führt die Leser nicht gleich auf falsche oder richtige Fährten, sondern in eine Gruppe. Das macht sie immer so. Manchmal, so auch hier, hat man den Eindruck, sie interessiere sich gar nicht für ihre Fälle, sondern nur für das Milieu. Die Lösung eines Falles beginnt mit dem Verstehen jener Gruppe, der sich das Opfer zugehörig fühlt. Was läuft in diesen kleinen Gemeinschaften ab? Wie lauten ihre unausgesprochenen Regeln? Was will sie befördern? Was verschafft Ansehen? Wer ist oben, wer unten, wer erpresst wen?
Hier ist es das Leben rund um die Schule. Wer klaut ständig Sachen? Wer beobachtet wen? Welche Rolle spielt die Frau im Kiosk vor der Schule? Was hat der Schönling der Schule vor? Wieso hatte Benji immer so viel Geld? Und warum redet Schabis Vater nicht mehr? Lauter kleine Irritationen. Aber es gibt auch eine größere: Schabi ist verliebt. Aber er hat einen Konkurrenten, den Schönling. Der Krimi verwandelt sich in eine zarte Romanze. Damit wendet sich auch die Aufklärung des Falles.
Es ist keine spektakuläre Geschichte. Sie verbleibt im Alltag von Kindern zwischen zehn und vierzehn. Besonders gelungen ist der ruhige und einfache Erzählton von Schabi. Die Geschichte fließt. Batya Gur verzichtet auf witzige Knaller, Altkluges und Verbrechenskitzel. Sie vertraut ihrem Schabi. Der löst Probleme, indem er sich Zeit nimmt. Ein passabler Einstand von Batya Gur in die Kinderliteratur.
JÜRGEN STAHLBERG.
Batya Gur: "Die schwarze Schatulle". Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Carl Hanser Verlag. München 2000, 207 S., geb., 24,80 DM. Ab 11 J.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Christine Knödler ist unzufrieden mit diesem ersten Kinderbuch der als Autorin literarischer Krimis bekannten israelischen Schriftstellerin. Die Handlung: Benji, Sohn von Neueinwanderern nach Israel, ist einsam und wird zusätzlich drangsaliert - aber von wem? Sein Freund Schabi macht sich daran, ihm zu helfen, hat aber selbst Probleme, - und der böse Bube entpuppt sich am Ende als Superstar der Schule: Täter sind Opfer und manchmal auch umgekehrt. Obwohl das als Thema von großer Sprengkraft ist, bietet Gur am Ende nur "Sinnstiftung statt Realität", schreibt die etwas enttäuschte Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Baty Gur darf sich mit ihrem Erstling für Kinder getrost in die Reihe der erfolgreichen Schriftsteller, wie zum Beispiel Ingvar Ambjörnsen oder Erich Kästner, stellen, die auch erst nach einigen Romanen für Erwachsene auf das Kinderbuch gekommen sind." Nicole Marquis, Zürichsee-Zeitungen, 21.06.00 "Den eigentlichen Reiz machen jedoch, wie bei allen guten Krimis, die handelnden Personen, ihre Eigenwilligkeiten und ihre Geschichten aus. (...) Es ist ein überdurchschnittlich guter Kinder - und Jugendkrimi." Gabriele Wenke, Eselsohr 5/2000