Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 16,99 €
  • Broschiertes Buch

2019 bricht Guy Helminger im Rahmen der Semana da Língua Alemã nach Brasilien auf, um an diversen Universitäten und Goethe-Instituten Lesungen abzuhalten. Wie immer auf seinen Reisen behält er ein offenes Auge für das, was abseits der herkömmlichen Touristenrouten liegt. So besucht er in Rio de Janeiro nicht den "Zuckerhut", sondern die Favela Morro São Carlos, wo bewaffnete Drogenbanden mit Kalaschnikows durch die Straßen patrouillieren, oder hilft in einem Restaurant für Obdachlose in der Küche. Er spricht mit Bolsonaro-Anhängern und dessen Gegnern. Neben politischer Aktualität lässt er sich…mehr

Produktbeschreibung
2019 bricht Guy Helminger im Rahmen der Semana da Língua Alemã nach Brasilien auf, um an diversen Universitäten und Goethe-Instituten Lesungen abzuhalten. Wie immer auf seinen Reisen behält er ein offenes Auge für das, was abseits der herkömmlichen Touristenrouten liegt. So besucht er in Rio de Janeiro nicht den "Zuckerhut", sondern die Favela Morro São Carlos, wo bewaffnete Drogenbanden mit Kalaschnikows durch die Straßen patrouillieren, oder hilft in einem Restaurant für Obdachlose in der Küche. Er spricht mit Bolsonaro-Anhängern und dessen Gegnern. Neben politischer Aktualität lässt er sich die spezifischen Religionen wie Candomblé oder Umbanda erklären, registriert den Alltag vom als Konditor reich gewordenen Migranten bis zum schlichten Überlebenskampf derjenigen, die in den Straßen wie Tote liegen. In São Pedro de Alcântara im Bundesstaat Santa Catarina lässt er sich vom Bürgermeister in die Geschichte der deutschsprachigen Ahnen einführen, die diese Kolonie Anfang des 19. Jahrhunderts gegründet haben. Helminger steht nun dort, wo seine Figuren aus Neubrasilien hinwollten, es aber nie geschafft haben. Deutsche Fahnen an den Masten, auch luxemburgische, Frauen in Dirndln, das Ganze mitten in Brasilien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.11.2022

Philosophie der Schwebe

Der in Köln lebende luxemburgische Schriftsteller Guy Helminger begab sich 2019 auf eine Lese- und Bildungsreise durch Brasilien. Seine Notizen zeigen vielschichtig die Gesichter des Landes: von der Copacabana und den Favelas der "älteren Diva" und ehemaligen Hauptstadt Rio de Janeiro über europäische Einwanderergebiete im Süden bis zum Amazonasgebiet. Helminger zeichnet ein Kaleidoskop von überbordender Natur und karnevalesker Lebensfreude kontra Kriminalität, Korruption, Schutzgelderpressung und Drogenhandel. Statt touristischer Ziele porträtiert er Inklusionsprojekte für Benachteiligte wie die "Banco da Providência" in Rio de Janeiro. Als Autor des Romans "Neubrasilien" gilt sein besonderes Interesse Migranten und Minoritäten und etwa den von Deutschen besiedelten Gegenden um São Pedro de Alcântara. Dem ruralen Brasilien stellt er die futuristische Hauptstadt Brasília als "avantgardistische Philosophie, Beton schweben zu lassen", entgegen. Viel Raum widmet der selbst atheistische Autor der Religiosität, der Volksreligiosität und als deren Teilbereich dem Fußballsport. Inszenierte Zeremonien in einem Indigenen-Dorf bei einer Amazonastour geben Anlass zu Gedanken über den Ausverkauf der Tradition als Laiendarsteller eigener Kultur. Helminger flicht immer wieder Zitate von brasilianischen oder brasilienaffinen Autoren ein - von Carlos Drummond de Andrade bis Stefan Zweig. Sein eigener Stil ist unprätentiös und vermag gerade deshalb stellenweise umso mehr zu funkeln, die Fotos fangen engagiert Kontrastwelten Brasiliens ein wie ein Elendsviertel vor der modernen Skyline von Manaus. sg

"Die schwere Naht der Flüsse. Aufzeichnungen und Fotos aus Brasilien" von Guy Helminger. capybarabooks, Mersch 2022. 266 Seiten. Gebunden, 22 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr