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3 Kundenbewertungen

Man Booker Prize 2005 für den Roman Die See Der Kunsthistoriker Max Morden flieht in das Haus am Meer, wo er als Kind aufregende Ferientage verbrachte. Indem er sich die damaligen Erlebnisse vergegenwärtigt, um mit dem Verlust seiner Frau fertig zu werden, werden jedoch auch alte Wunden aufgerissen. Alles hängt miteinander zusammen.
Anna und der Kunsthistoriker Max sind glücklich verheiratet, als sie erfahren, dass Anna unheilbar an Krebs erkrankt ist und nicht mehr lange leben wird. Nach ihrem Tod flüchtet Max ans Meer, in den Ort, in dem er als Kind aufregende Sommer verlebte. Damals
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Produktbeschreibung
Man Booker Prize 2005 für den Roman Die See Der Kunsthistoriker Max Morden flieht in das Haus am Meer, wo er als Kind aufregende Ferientage verbrachte. Indem er sich die damaligen Erlebnisse vergegenwärtigt, um mit dem Verlust seiner Frau fertig zu werden, werden jedoch auch alte Wunden aufgerissen. Alles hängt miteinander zusammen.

Anna und der Kunsthistoriker Max sind glücklich verheiratet, als sie erfahren, dass Anna unheilbar an Krebs erkrankt ist und nicht mehr lange leben wird. Nach ihrem Tod flüchtet Max ans Meer, in den Ort, in dem er als Kind aufregende Sommer verlebte. Damals lernte er die unkonventionelle Familie Grace kennen mit ihrem Zwillingspaar Myles und Chloe. Mrs. Grace zieht den jungen Max magisch an und erweckt eine große Sehnsucht in ihm. Indem sich Max fast manisch erinnert, an seine erwachende Sexualität in diesem Sommer, an seine erotischen Phantasien und die spätere Liebe zu Chloe, an seine glückliche Zeit mit Anna und ihre letzten Tage im Krankenhaus, versucht er, sich mit dem erlittenen Verlust zu versöhnen.

Autorenporträt
John Banville, geboren 1945 in Wexford, Irland, gehört zu den bedeutendsten zeitgenössischen literarischen Autoren. Sein umfangreiches Werk wurde mehrfach, auch international, ausgezeichnet, zuletzt mit dem Franz-Kafka-Literaturpreis, dem Man Booker Prize (für »Die See«) und 2013 mit dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur. John Banville lebt und arbeitet in Dublin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.02.2016

NEUE TASCHENBÜCHER
Im
Gedankenmeer
„Es gibt Momente, da besitzt die Vergangenheit eine so ungeheure Kraft, dass man beinahe meint, sie könnte einen auslöschen“. John Banvilles Roman „Die See“, für den der Ire mit dem Man Booker Prize 2005 geehrt wurde, enthält ein ganzes Bündel solch vielschichtiger und abgründiger Momente. Ein alternder Kunsthistoriker kehrt nach dem Krebstod seiner Frau an den irischen Badeort Ballyless zurück, in dem er als Junge die Sommerferien verbrachte. Erinnerungen an das erste, zarte Erwachen kindlicher Sexualität und an spätere Liebschaften vermischen sich mit langsam tastender Bewältigung der Trauer und ergeben das zutiefst menschliche Porträt eines Mannes in seiner ganzen Größe und Verzweiflung zugleich. Seine Spannung erzeugt der Roman aus dem überbordenden, manchmal jedoch zum angestrengten und anstrengenden Manierismus neigenden Bewusstseinsstrom des Erzählers, der mehrere Zeitebenen zusammenfließen lässt. Für kurzweilige Strandlektüre sollte das schmale Bändchen nicht gehalten werden – „Die See“ ist ein (sprach)gewaltiger Versuch über das Altern und die Vergänglichkeit alles Irdischen.  
TOBIAS SEDLMAIER
  
John Banville: Die See. Roman. Aus dem Englischen von Christa
Schuenke. Kiepenheuer
& Witsch, Köln 2015.
240 Seiten, 8,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2006

Als die Flut kam, gingen die Götter
Ein Orkan in der Streichholzschachtel: John Banvilles meisterhafter Roman "Die See" / Von Michael Maar

Zwei Ziele verfolgt der irische Autor John Banville mit seinen Büchern: Er will den Leser erfreuen und ihn terrorisieren. Für "Die See", seinen vierzehnten Roman, hat Banville den begehrten Man-Booker-Preis erhalten.

In einer Pension an der Irischen See ziehen die zwei älteren Herren, die als Dauergäste übriggeblieben sind, nach dem Abendessen rituell in die herbstklamme Stube mit dem Fernseher. Schweigend betrachten sie eine Sendung über die Wunder der Serengeti. Der Erzähler denkt über die Elefantenherde nach, die über den Bildschirm wogt. Was für herrliche Tiere, sagt er sich, Bindeglieder zu einer Zeit, als Behemots, die sogar noch größer waren, durch die Wälder rumorten. Ihrem Wesen nach sind sie melancholisch, äußerlich aber scheinen sie sich über uns zu amüsieren. Sie traben friedlich in einer Reihe, und jeder hat die Rüsselspitze sanft um das lächerliche Schweineschwänzchen seines vor ihm gehenden Vetters geschlungen. Die Jungen, die behaarter sind als ihre älteren Verwandten, trotten zufrieden zwischen den Beinen ihrer Mütter dahin. Diese traurigen, wissenden kleinen Augen - fährt der Erzähler fort in seinem inneren Monolog - laden einen geradezu ein, nach der Donnerbüchse zu greifen.

Wie bitte? Was hat er da gerade gesagt? Aber es war kein Lapsus, sondern der Anfang einer sengenden Suada: "Ja, ihnen dort eine Kugel hineinzujagen, dort oder in eines der riesigen, absurd schlabbernden Ohren. Ja, ja, alle wilden Tiere vernichten, sie abschlagen vom Baum des Lebens, bis nur mehr der Stumpf stehenbleibt, und dann auch noch an den zärtlich die Axt anlegen. Alles niedermachen."

Betretene Stille. Ähnlich der allenfalls von Murren gestörten Stille, die herrschte, als im letzten Jahr bekanntgegeben wurde, wer die bedeutendste englische Romanauszeichnung, den Man Booker Prize, gewonnen hatte. Die Zunft war unzufrieden, nein, sie war schockiert. Der Herausgeber des "Independent" erklärte, es sei die verheerendste Wahl in sechsunddreißig Jahren gewesen. Ausgerechnet der irische Ziseleur, der seine mühsam erworbene Bildung vor sich hertrug und durch Zähigkeit wettzumachen suchte, was ihm an Frische und Plot-Freude fehlte. Und diese Arroganz dabei!

Von John Banville kann man vieles sagen, nur eines nicht: daß er beliebt sei. Bei den Kollegen geriet er in Verruf, als er nicht davor zurückschreckte, den Roman eines Booker-Konkurrenten, "Saturday" von Ian McEwan, zu schlachten oder doch zärtlich die Axt an ihn zu legen. Das mache man nicht, meinten viele aus der Branche und verschafften ihrem Groll in Leserbriefen Luft. Banville ließ sich davon nicht beeindrucken. In seiner Dankesrede für den Preis, den er für seinen vierzehnten Roman endlich bekommen hatte, stellte er fest - über das Mienenspiel seiner Mitkandidaten Ishiguro und Barnes ist nichts überliefert -, mit seinem Buch habe die Jury endlich ein Kunstwerk prämiert. Aufgefordert, sich zu seinem Ruf der Arroganz zu äußern, zuckt Banville nicht nur mit den Achseln, er bestätigt ihn. Nur gegen das Klischee, seine Prosa sei kalt, wehrt er sich: Sie sei geradezu peinlich emotional und voller Ängste und Schmerz. Kunst sei nie etwas anderes als Wundverband. Und als sein Ziel erklärt er zweierlei: den Leser zu erfreuen und ihn zu terrorisieren.

Beides gelingt ihm in höchsten Graden in seinem letzten Roman "Die See". Der Held Max Morden, der vage an einer Bonnard-Monographie schreibt, flüchtet nach dem Krebstod seiner Frau in eine Pension an dem Strand, an dem er als Kind seine Ferien verbracht und seine Initiation in die dämonische Götterwelt erfahren hat. Er blickt auf seine Ehe zurück, auf das letzte grausame Jahr, auf das Verhältnis zu seiner Tochter, auf seine triste Kindheit und seine erste Liebe am Strand. Einnehmend ist er dabei nicht, der misanthropische Witwer, der in der Gegenwart von Kindern spürt, wie der Gilles de Rais in ihm an die Oberfläche tritt; der den Elefanten zwischen die Augen oder wenigstens in die Ohren schießen will und der um so schärfer auf die physischen Schwächen der andern blickt, je wehleidiger er seine eigenen Altersflecken oder die Adernbildung auf seiner Nase beäugt. Das Wort "Held" ist überhaupt nur eine Floskel in seinem Fall. Max Morden ist ungefähr so ein Scheusal wie sein Schöpfer, aus den Augen der Verächter gesehen. Anders als Max Morden ist Banville aber kein vager Künstler, sondern ein rigoroser. Und einer, vor dessen Größe und Kraft die Verächter ganz kleinlich wirken und seltsam zusammenschnurren.

They departed, the gods, on the day of the strange tide. Man merkt mit dem ersten Satz, den man laut lesen muß, daß es hier jemand ernst meint mit der Sprache und der Musik. Jeder Satz dieses Buches ist klanglich und rhythmisch durchgeformt, wovon die fast schlackenlose Übersetzung Christa Schuenkes immerhin einen Eindruck vermitteln kann. Banville ist berühmt für die Fülle seiner Bilder und Details: die Wellen, die eifrig herangetrappelt kommen, um gleich wieder den Rückzug anzutreten wie eine Schar von zwar neugierigen, aber dabei auch furchtsamen Mäusen; der Wind über dem Meer, der die Wasseroberfläche in scharf gezackte, metallisch blitzende Splitter zerfetzt; der abkühlende Motor, der mißbilligend mit der Zunge schnalzt. Seine Prosa ist auf der Molekularebene ebenso meisterhaft wie als große Form. Meisterhaft sind das Spiel der Assonanzen und die Kunst des Beiworts (man lese, wie er die Augen von Teddybären beschreibt); meisterhaft ist das wellenartige Gleiten zwischen vier oder fünf Zeitschichten, die durch den medusenhaften Erzähler strömen; meisterhaft ist das Plot-Mobile von japanischer Anmut und Raffinesse.

"Sie sind gegangen, die Götter, am Tag dieser eigentümlichen Flut." Daß dieser erste Satz schon das überraschende Ende verkapselt, zeigt sich erst im letzten Kapitel; wie man überhaupt erst bei der zweiten Lektüre merkt, daß die Pünktchen schon alle verstreut waren, die im Finale durch den Schwung einer Linie verbunden werden. Es gibt kein blindes und kaum ein myopes Motiv in diesem Buch, dessen Komposition so kunstvoll sein muß, weil es so viel Schreckliches zu bändigen hat. Aber "schrecklich" ist als Wort noch fast zu schwach für das Dunkle, ja Finstere dieses in seiner Kunst so hell strahlenden todtraurigen Werks.

Banville erfreut den Leser auf jeder Seite, aber er terrorisiert ihn auch. Unvergeßlich die Szene, in der Mordens Frau ihren Befund erfährt: die routinierte Antwort des Arztes auf ihre vorher geübte, scheinforsche Frage, ob sie die Todesstrafe oder "lebenslänglich" bekomme - "So schnell lassen wir Sie nicht fort" -, das Gefühl des Ehemanns, von jetzt an auf einem anderen Planeten zu leben und mit seiner Frau ein unsagbar schmutziges und tiefste Verlegenheit auslösendes Geheimnis zu teilen; die Nächte neben ihr, in der die Todesangst wie ein Dynamo unaufhörlich kreist; der Schmerz danach, der als Wutanfall gegen diejenige explodiert, die ihn einfach allein in der Misere zurückgelassen hat - all die Nuancen und Ausartungen der Trauer werden in Worte gefaßt, die man so schnell nicht wieder aus der Hirnkammer entlassen kann.

Jedermann sei in der Lage, ein gutes Buch zu schreiben, hat ein Autor einmal erklärt, man müsse nur immer genau bei der Wahrheit bleiben. Nur darum gibt es sowenig gute Bücher, weil jeder irgendwann von dieser inneren Wahrheit abzuweichen und zu mogeln beginnt. Der Nietzsche-Verehrer Banville schont sich sowenig wie seine Hauptfigur. Max Morden beschreibt, wie er im Jahr der Agonie seiner Frau manchmal an der Badezimmertür lauscht, hinter der es auffällig ruhig geworden ist, und in einem heimtückischen Winkel seines Herzens die Hoffnung darauf entdeckt, daß sie ihrem Leiden ein Ende gesetzt und sich in der Wanne ertränkt haben könnte. Wer folgte ihm nach in solche schmutzigen Ecken der Seele?

Die kindliche Heroine des Buchs, die von Max geliebte Chloe, zupft Grashüpfern die Beine ab, zündet sie an und betrachtet ruhig, wie sie im eigenen Fett verbrennen. Ihre Zähne schimmern grünlich, und ihr stummer Zwillingsbruder Myles, unvergeßliche Koboldfigur auch er, hat Schwimmhäute zwischen den Zehen. Max Mordens Begegnung mit dem archaischen Zwillingspaar, das in ein ungeheures Finale waten wird, bildet den Kontrapunkt zum Schmerz um seine verstorbene Frau. Wer glaubt, daß Dämonie allein im Tod wuchert und nicht schon in der ersten Liebe, wird eines Besseren belehrt. Und doch ist die andere Seite dieses Romans, daß er die Göttlichkeit des Eros beschwört. Wie eng er sich mit Thanatos berührt, weiß nicht nur der Kunstgeschichtler Max.

Was sich dahinter abzeichnet, ist etwas Neuplatonisches. Der vage Künstler Max drückt aus, was sein rigoroser Schöpfer insgeheim erstrebt. Das Ziel ist, nicht mehr Fleisch zu sein, sondern durch und durch verwandelt zu werden in den "zarten Stoff des aller Leiden ledigen Geistes" - sprich, in Literatur. Wozu sie dienen kann und wozu sie gut ist, daran erinnert Banvilles Meisterwerk - daran, wie sie das scheußlich Wahre in gebändigt vibrierender Form einfangen und den Orkan in die Streichholzschachtel bannen kann; und daran, mit welcher Wucht er in ihr toben muß.

John Banville: "Die See". Roman. Aus dem Englischen von Christa Schuenke. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006. 218 S., 17,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Als elegant konstruiert, provokant elitär, überbordend und kühl zugleich, also Weltliteratur auf der Höhe ihrer Möglichkeiten feiert Rezensentin Julika Griem diesen vielschichtigen Roman. Zunächst fröstelt sie spürbar in den "eisigen Höhen" von John Banvilles Perfektion. Doch immer stärker verführt sie diese Geschichte eines Mannes, der am Meer um seine verstorbene Frau trauert und gleichzeitig in der Erinnerung seiner ersten Liebe nachspürt, zu genauem Lesen. Schließlich ist sie gebannt von der "traumwandlerischen Stilsicherheit", mit der Banville sein Spannungsverhältnis zwischen Gegenwart und Vergangenheit erzeugt, vom Krankheit und Tod, Liebe und Einsamkeit erzählt. Bis in die kleinsten Einheiten der Sprache spürt die Rezensentin die "Intensität" dieser Prosa und ihrer "raffiniert verschränkten Motive". Besonders beeindruckt sie die "visuelle Opulenz" des Romans und die Art, wie Banville darin das Medium Meer zur Grundmelodie seines Erzählens macht. Banville dringe mit seinem Roman in tiefe Bewusstseins- und Erinnerungsschichten vor, ohne das Meer populärpsychologisch auszuschlachten oder den Leser mit einem "Gefühlstsunami" zu überwältigen. In der Zumutung dieser Verweigerung liegt für die Rezensentin die besondere Schönheit dieses Romans. Auch Christa Schuenckes Übersetzung wird überschwänglich gelobt.

© Perlentaucher Medien GmbH
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»Eine große Reflexion über den Verlust, die Grenzen der Wahrnehmung und die Rätsel des Lebens« Der Spiegel