Ein Roman über liebenswerte Außenseiter
Das besondere an diesem Roman ist das Spiel mit Gegensätzen. Protagonist Guylain Vignolles liebt Bücher, arbeitet aber in einer Fabrik, in der er täglich gewaltige Mengen an Büchern schreddern muss. Er ist schüchtern und sensibel, möchte sich am Liebsten
unsichtbar machen, dennoch traut er sich, fremden Menschen im Zug Geschichten vorzulesen.
Die…mehrEin Roman über liebenswerte Außenseiter
Das besondere an diesem Roman ist das Spiel mit Gegensätzen. Protagonist Guylain Vignolles liebt Bücher, arbeitet aber in einer Fabrik, in der er täglich gewaltige Mengen an Büchern schreddern muss. Er ist schüchtern und sensibel, möchte sich am Liebsten unsichtbar machen, dennoch traut er sich, fremden Menschen im Zug Geschichten vorzulesen.
Die Zuhörer sind seltsamerweise angetan von der kostenlosen Vorlesestunde, auch wenn es sich nur um teilweise belanglose Fragmente von Geschichten handelt. Guylain ist naiv, aber auch einfühlsam. Seine Freunde sind kauzig und in ihrer Art extrem. Es gibt Autoren, die legen keinen Wert auf die Charakterisierung ihrer Protagonisten. Bei Didierlaurent stehen die Menschen mit ihren Eigenarten im Fokus.
Die Liebe zur Literatur wird in vielen Werken zum Ausdruck gebracht, auch gibt es zahlreiche romantische Romane. Didierlaurents Roman wirkt wie eine Parodie auf die Liebe zur Literatur und auf die Romantik. Guylan ist eher das Gegenteil eines Romantikers und die Sprache mit ihren Fäkalausdrücken trägt ihren Teil dazu bei. Er verliebt sich in eine Frau, die ebenso wie er selbst mit dem Beruf unzufrieden ist, Interesse an Geschichten hat und aus ihrem Umfeld nicht ausbrechen kann.
Didierlaurent schafft durch seine Charaktere und das Umfeld Atmosphäre, wie es vergleichsweise im deutschsprachigen Raum Wilhelm Genazino gelingt. Statt des traumtänzerischen Elements genazinoscher Charaktere ist es bei Didierlaurent der französische Charme, der trotz aller Derbheit (auch ein Gegensatz) in den Roman einfließt. Gemeinsam ist ihnen die nachsichtige Behandlung von Außenseitern der Gesellschaft.
Die Handlung selbst wirkt wie ein Fragment aus einer umfassenden Geschichte. Weitere Ausführungen und Verschneidungen zu den Figuren Kowalski und Brunner wären denkbar gewesen, auch hat die Geschichte am Schluss eigentlich erst begonnen. Wie geht es weiter? Es bleiben viele Fragen offen. Der Roman wirkt gleichzeitig einfach strukturiert und tiefsinnig. Das macht ihn sympathisch. Er handelt von Sehnsucht, wie es der Titel verspricht und ich bin sicher, dass wir von diesem Autor noch mehr hören werden.