Auch der längste Marsch beginnt mit dem ersten Schritt. – Laozi
1953 Wien. Die 10-jährige Reni lebt mit ihren älteren Brüdern und ihrer depressiven Mutter bei ihrer Großmutter in ärmlichsten Verhältnissen. Der Vater ist aus dem Krieg nie zurückgekehrt. Als der örtliche Pfarrer in der Schule von
einem Austauscherholungsprogramm der Caritas für besonders mangelernährte Kinder berichtet, träumt Reni…mehrAuch der längste Marsch beginnt mit dem ersten Schritt. – Laozi
1953 Wien. Die 10-jährige Reni lebt mit ihren älteren Brüdern und ihrer depressiven Mutter bei ihrer Großmutter in ärmlichsten Verhältnissen. Der Vater ist aus dem Krieg nie zurückgekehrt. Als der örtliche Pfarrer in der Schule von einem Austauscherholungsprogramm der Caritas für besonders mangelernährte Kinder berichtet, träumt Reni insgeheim davon, ein Teil davon zu sein, um endlich mal genug zu essen zu haben. Ihr Wunsch geht in Erfüllung, schnell befindet sie sich auf einem Schiff Richtung Portugal, wo sie von der freundlichen Familie Figueira nebst deren Tochter Marissa aufgenommen und gepäppelt wird. Die Zeit vergeht wie im Flug, Reni möchte am liebsten gar nicht zurück, verliebt sich sogar heimlich in den Bauerssohn Joao, doch ihre Mutter macht ihr einen Strick durch die Rechnung, so dass Reni nach Wien zurück muss…
Kerstin Lange hat mit „Die Sehnsucht, die bleibt“ einen bewegenden historischen Roman vorgelegt, der dem Leser nicht nur die Entbehrungen der Menschen nach dem Krieg deutlich vor Augen führt, vor allem das Schicksal der Kinder steht hier im Vordergrund. Der flüssige, empathische und bildhafte Erzählstil stellt den Leser sofort an die Seite der 10-jährigen Reni, wo er sie drei Jahrzehnte begleitet und sowohl den Kontrast zwischen ihrer lieblosen Wiener Familie und ihrer warmherzigen portugiesischen Gastfamilie miterlebt als auch Renis Entwicklung in eine selbständige Frau, deren Gedanken- und Gefühlswelt wie ein offenes Buch vor ihm liegt. Reni ist schon in der Schule eine Außenseiterin, doch mit ihrer kindlich-offenen Art und dem Herz am richtigen Fleck trifft sie mitten in des Lesers Seele. Das Verhalten ihrer depressiven Mutter und der Egoismus ihrer Brüder sind unerträglich, einzig ihre Oma lässt ihr Liebe zuteilwerden. Reni lechzt regelrecht danach und findet diese in der Gastfamilie in Portugal. Als Leser kann man es ihr nicht verdenken, dass Reni am liebsten für immer dort bleiben möchte, aber der Tod der Oma bringt sie zurück nach Wien. Die Autorin schafft es mühelos, neben dem geschichtlichen Hintergrund beide Welten wunderbar in Szene zu setzen und dem Leser die gravierenden Unterschiede näher zu bringen, die Reni gefühlsmäßig in einen Zwiespalt bringen. Der Leser durchlebt eine Achterbahn der Gefühle, während die Seiten nur so durch seine Hände fliegen.
Die Charaktere sind glaubwürdig und lebensnah ausgestaltet, so dass der Leser sich ihnen verbunden fühlt und ihnen nicht von der Seite weicht. Reni ist liebenswert und wissbegierig, sie besitzt Mut und Stärke, dabei aber auch eine tiefe innere Verletzlichkeit. Marissa ist eine tolle „Stiefschwester“, die alles mit Reni teilt. Renis Mutter ist die personifizierte Selbstsüchtigkeit, ebenso ihre Brüder, einzig die Oma wirkt zwar herrisch, kümmert sich aber besonders liebevoll um Reni. Ebenso tragen weitere Protagonisten wie Senor Duarte oder Joao dazu bei, die Handlung lebendig zu halten.
„Die Sehnsucht, die bleibt“ erzählt nicht nur von den schlimmen Lebensumständen nach dem Krieg und dem Austauscherholungsprogramm für Kinder, sondern vor allem von Reni und ihrer Entwicklung, ihrer Suche nach Liebe, Glück und ihrem ganz eigenen Platz im Leben, wobei sie sich von Rückschlägen nicht aufhalten lässt. Wunderbar erzählt – absolute Leseempfehlung!!!