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Am 10. Mai 1940 griffen deutsche Truppen Belgien an, erst im September 1944 mussten sie das Land räumen. In der Zwischenzeit wurden Tausende von Juden gefangengenommen und nach Auschwitz deportiert. Dieses Drama, von der deutschen Geschichtswissenschaft bisher noch nicht untersucht, stellt Insa Meinen hier mit großer Sachkenntnis dar. Wie konnten die Deutschen weitgehend unbehelligt die jüdische Bevölkerung in ihre Gewalt bringen, wo doch die belgischen Behörden und die Polizei weit weniger an diesen Aktionen beteiligt war als etwa in Frankreich und den Niederlanden? Wie reagierten die Juden…mehr

Produktbeschreibung
Am 10. Mai 1940 griffen deutsche Truppen Belgien an, erst im September 1944 mussten sie das Land räumen. In der Zwischenzeit wurden Tausende von Juden gefangengenommen und nach Auschwitz deportiert. Dieses Drama, von der deutschen Geschichtswissenschaft bisher noch nicht untersucht, stellt Insa Meinen hier mit großer Sachkenntnis dar. Wie konnten die Deutschen weitgehend unbehelligt die jüdische Bevölkerung in ihre Gewalt bringen, wo doch die belgischen Behörden und die Polizei weit weniger an diesen Aktionen beteiligt war als etwa in Frankreich und den Niederlanden? Wie reagierten die Juden selbst? Welche deutschen Dienststellen waren an der 'Endlösung' beteiligt? Das Buch stützt sich auf bisher unveröffentlichte Quellen aus deutschen, belgischen und französischen Archiven.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.07.2010

Judenjäger in Belgien
Deportationen von Mechelen nach Auschwitz

Die Geschichtsschreibung zum Holocaust zeigt noch Lücken. Insa Meinen hat eine geschlossen. Mit "Die Shoah in Belgien" legt sie die erste deutschsprachige Darstellung zum Thema im Nachbarland vor. Sie konnte meist unveröffentlichte Quellen aus deutschen, belgischen und französischen Archiven nutzen, manches jedoch nur auf Umwegen erschließen, weil die deutschen Judenjäger kaum Spuren ihres Ausrottungswerks hinterließen. 25 000 Juden schickten sie zwischen Anfang August 1942 und Ende Juli 1944 in 27 Deportationszügen vom Durchgangslager Mechelen nach Auschwitz. Die Wirksamkeit des Verfolgungsapparates und die Versuche der Verfolgten, ihm zu entkommen, stehen im Zentrum dieser Monographie. Die Autorin zeigt, wie effektiv Militärverwaltung und Sicherheitsorgane bei der Vernichtung der in Belgien gefassten Juden zusammenarbeiteten, wobei das Gesetz des Handelns immer beim Militärbefehlshaber blieb.

Ohne Unterstützung durch die Feldgendarmerie und andere Wehrmachtsdienststellen wären weder die großen Judenrazzien noch die vielen kleinen Judenaushebungen möglich gewesen. Dass diese zum vorübergehenden Erfolg wurden, hing auch mit dem Devisenschutzkommando (DSK) zusammen. Dem Militärbefehlshaber unterstellt, fahndeten dessen Beamte nach Devisen, Gold und anderen Wertgegenständen, und da diese bei fluchtbereiten Juden zu vermuten waren, machten sie bevorzugt Jagd auf sie. Die Autorin legt dar, wie intensiv DSK-Beamte in die Judenverfolgung einbezogen waren. Wie aber reagierten die Opfer? Als Anfang August 1942 die Deportationen begannen, tauchten mehr und mehr Juden unter oder reisten mit gefälschten Papieren illegal aus. Der Flucht in die Illegalität begegneten die deutschen Verfolger mit Razzien, die bereits im September abgebrochen werden mussten, weil die Zahl der Untergetauchten stark angestiegen war. Blieb nur die Einzelverfolgung, um die Todeszüge zu füllen. Die aber war zeitraubend und personalintensiv. Folglich vergrößerten sich die Abstände zwischen den Auschwitztransporten. Auf den Transporten wuchs der Widerstand. Diesem Widerstandswillen ist es zu danken, dass von den knapp 60 000 in Belgien registrierten Juden über die Hälfte auch mit Hilfe von Belgiern überlebten. Die Autorin zeigt anhand von Opferbiographien, dass unter den in Auschwitz Ermordeten viele waren, die gleichfalls Widerstand leisteten, einen leider vergeblichen Widerstand.

PETER HÖLZLE

Insa Meinen: "Die Shoah in Belgien". Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009. 254 S., 59,90 [Euro].

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