Die Autorinnen behandeln sehr interessante und wichtige Aspekte des Sterbens und des Todes, jedoch ist das Buch in weiten Bereichen nur eine Autobiographie der Erstautorin sowie eine Art Abrechnung mit den Menschen ihrer Vergangenheit; sie schreibt über ihren Morphinentzug als Neugeborenes einer
Mutter, die auf Grund von Tumorschmerzen Morphin einnehmen mußte, die fehlende Achtung durch ihren…mehrDie Autorinnen behandeln sehr interessante und wichtige Aspekte des Sterbens und des Todes, jedoch ist das Buch in weiten Bereichen nur eine Autobiographie der Erstautorin sowie eine Art Abrechnung mit den Menschen ihrer Vergangenheit; sie schreibt über ihren Morphinentzug als Neugeborenes einer Mutter, die auf Grund von Tumorschmerzen Morphin einnehmen mußte, die fehlende Achtung durch ihren Vater, ihre Alkoholabhängigkeit als Jugendliche und ihren Weg über eine Bhagwan-Jüngerin zum Buddhismus.
Als Krankenschwester eckte sie sowohl auf der Intensivstation als auch in der Palliativpflege mit ihren Mitarbeitern an, weil offenbar nur sie versteht, wie richtig gepflegt wird, während die anderen aus ihrer Sicht entweder unter einem Burnout leiden oder mit einer ausgesprochenen Ignoranz und Gleichgültigkeit die Pflege betreiben. Dabei übersieht sie jedoch, wie viele Patienten und Angehörige dankbar die ach so verpönten Intensivstationen und Palliativeinrichtungen verlassen, obwohl sie dort nicht von Frau Mihm gepflegt worden waren.
Sie argumentiert in ihrem Buch sehr unsachlich und dreht sich die (vermeintlichen) Fakten so zurecht, daß sie in ihre Argumentation passen. Beispielsweise berichtet sie in dem Kapitel über Hirntod von drei „hirntoten“ Patienten, die ihr mit Spontanatmung zuverlegt worden waren; kein Arzt in diesem Lande würde einen dieser Patienten als hirntot bezeichnen, da nach den Richtlinien der Bundesärztekammer eine vorhandene Spontanatmung ein absolutes Ausschlußkriterium für die Feststellung des Hirntodes ist. Nebenbei würde auch kein als hirntot geltender Patient in eine Palliativeinrichtung verlegt werden.
Frau Mihm beschwert sich über die Arroganz eines Meditationslehrers in Nepal, übersieht dabei jedoch, wie überheblich und anmaßend sie ihre Umwelt und insbesondere ihre Kollegen kritisiert. Sie fühlt sich von allen Seiten verfolgt und Intrigen ausgesetzt. Interessanter und objektiver wäre es, die Argumente der jeweiligen Gegenseite zu hören.
Schade, daß die Co-Autorin, die ja Wissenschaftsjournalistin sein soll, dies trotz „tage- und nächtelanger Gespräche“ nicht bemerkt hat. Als seriöse Wissenschaftsjournalistin hätte sie auch in den o.g. Fällen der vermeintlich hirntoten Patienten widersprechen müssen. Aber offenbar sieht sie sich nur als Sprachrohr der Erstautorin.
Für Laien mag der Text sehr ansprechend klingen, man muß sich aber bewußt sein, daß er in höchstem Maße subjektiv, tendenziös und teils unrichtig geschrieben ist und daher aus meiner Sicht sehr unseriös erscheint.
Für die Themen Basale Stimulation, Sterbebegleitung und Tibetisches Totenbuch gibt es aussagekräftigere Primär- und Sekundärliteratur. Diese Themen gab es schon lange, bevor sich Frau Mihm damit beschäftigte, auch wenn sie immer wieder versucht, ihnen ihren Stempel aufzudrücken.
Die Autorinnen mögen sich um das Thema Sterbebegleitung bemühen, man gewinnt jedoch den Eindruck, daß sich die Erstautorin damit nur die in der Kindheit vermißte Anerkennung verschaffen will.
Ihre Kritik an der medikamentösen Schmerztherapie halte ich für grob fahrlässig, denn sie ignoriert die vielen schwerstkranken Patienten, die erst durch eine professionelle medikamentöse Schmerztherapie wieder kommunikationsfähig werden und am sozialen Leben teilnehmen können. Eine wirklich erfahrene Palliative-Care-Fachkraft sollte wissen, daß Schmerzmittel so dosiert werden, daß sie den Schmerz nehmen ohne zu betäuben.
Nebenbei sind auch die Vergleiche, die die Autorin zwischen Sterben und Geburt zieht, von ihren nur rudimentären Kenntnissen der Geburtsmedizin geprägt, denn entgegen ihrer Aussage werden auch bei Entbindungen teilweise sehr effektive Schmerzmittel und besondere Verfahren der Schmerztherapie (insbes. Periduralanalgesie-Katheter) eingesetzt, was für die Mutter ein mit positiven Gefühlen besetztes Entbindungserlebnis erst möglich macht.
Die Patienten brauchen keine egozentrischen, überall aneckenden Narzißten, sondern kooperationsfähige Helfer.