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Das Leben der streitbaren Jahrhundertpersönlichkeit Stefan Heym - erstmals als Graphic Novel
Schon als Schüler schrieb Stefan Heym, der Sohn eines jüdischen Kaufmanns, politisch engagierte Gedichte. Dafür wurde er von den Nazis aus seiner Heimatstadt Chemnitz vertrieben. Nach dem Abitur in Berlin floh er über Prag in die USA, wo er eine Zeitung leitete und erste Romane verfasste. Nachdem er als Soldat der US Army mit Flugblättern gegen die Nationalsozialisten gekämpft hatte, musste er in der McCarthy-Ära auch seine neue Heimat verlassen. Er fand schließlich Zuflucht, aber auch Repressalien…mehr

Produktbeschreibung
Das Leben der streitbaren Jahrhundertpersönlichkeit Stefan Heym - erstmals als Graphic Novel

Schon als Schüler schrieb Stefan Heym, der Sohn eines jüdischen Kaufmanns, politisch engagierte Gedichte. Dafür wurde er von den Nazis aus seiner Heimatstadt Chemnitz vertrieben. Nach dem Abitur in Berlin floh er über Prag in die USA, wo er eine Zeitung leitete und erste Romane verfasste. Nachdem er als Soldat der US Army mit Flugblättern gegen die Nationalsozialisten gekämpft hatte, musste er in der McCarthy-Ära auch seine neue Heimat verlassen. Er fand schließlich Zuflucht, aber auch Repressalien in der DDR. Bis zu seinem Tod 2001 ließ er sich niemals den Mund verbieten und blieb seinen Überzeugungen treu. Die vorliegende Graphic Novel zeichnet in expressiven Bildern und eindringlichen Texte Leben und Werk des bedeutenden deutschen Schriftstellers nach.

Das wechselvolle Leben dieses Leuchtturms der Zivilcourage ist gleichzeitig ein Spiegel des 20. Jahrhunderts - mit allenHöhen und Abgründen.

Ausstattung: vierfarbig
Autorenporträt
Gerald Richter wurde 1955 in Wingendorf/Sachsen geboren, er ist verheiratet und hat drei erwachsene Töchter. Als Architekt war er in der Denkmalpflege und im Schul- und Hochschulbau tätig. Seit 2011 engagiert er sich mit der Bürgerinitiative Aktion (c) in Sachsen für Frieden und Toleranz, wofür die Gruppe 2013 den Sächsischen Bürgerpreis und 2015 den Chemnitzer Friedenspreis erhielt. Er ist Initiator des Kunstprojektes Chemnitzer Schulen, in dem seit 2013 Tausende Kinder und Jugendliche Banner für den Chemnitzer Friedenstag gestalten, u.a. zu Zitaten von Stefan Heym. In Workshops arbeitet er gemeinsam mit Marian Kretschmer. Richter hat die vorliegende Graphic Novel konzipiert und betextet. Richter und Kretschmer wurden für Ihr Engagement 2021 mit dem Stefan-Heym-Förderpreis ausgezeichnet.
Rezensionen
»Heym zählt zu den großen Autoren des 20. Jahrhunderts, der zwischen den Welten wanderte, der immer zwischen den Stühlen saß und der diesen unbequemen Platz als den ihm gemäßen letztlich schätzen gelernt hat.« Westfälische Rundschau

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Johann Thöming ist ganz erstaunt, dass dieser Graphic Novel über das Leben von Stefan Heym das Debüt von Gerald Richter und Marian Kretschmer ist: Schon haptisch ist das Buch sehr hochwertig gestaltet, auch eine anfangs beigefügte Legende mit historischen und topografischen Einordnungen hilft Thöming, sich zurechtzufinden. Heym ist in Chemnitz geboren, musste als Jude in die USA und später als Kommunist aus den USA in die DDR fliehen, das ergibt eine ziemlich komplexe Lebensgeschichte, der der Kritiker nicht immer ganz leicht folgen kann, zumal er sich fragt, woher nun die "sieben Leben" des Titels kommen. Die Illustrationen sind anschaulich und regen zum Reflektieren an, lobt er noch.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.06.2024

Im Spinnennetz des Geheimdienstes

Ständig auf der Flucht: Gerald Richter und Marian Kretschmer erzählen die bewegte Lebensgeschichte des Schriftstellers Stefan Heym als Comic.

Von außen betrachtet, ist die Graphic Novel über die Lebensgeschichte des Schriftstellers Stefan Heym ein Hingucker: mangogelber Buchrücken, gebunden, abgebildet ein Autor, der buchstäblich umspült wird von einem Büchermeer. Das Werk liegt mit angenehmer Schwere in der Hand. Schlägt man es dann auf, knarzt das Buch ein wenig, und der typische Geruch einer Graphic Novel stellt sich ein: neues Papier, frische Druckerfarbe, ein bisschen künstlich. Der Comic strahlt vom ersten Moment an eine hochwertige Qualität aus. Das überrascht, ist es doch das Debüt des Texters Gerald Richter und des Illustrators Marian Kretschmer.

Stefan Heym war ein jüdischer Schriftsteller, geboren 1913 als Helmut Flieg in Chemnitz. Im Alter von achtzehn Jahren flog er wegen seines pazifistischen Gedichts "Exportgeschäft" vom Gymnasium, woraufhin er für sein Abitur nach Berlin wechselte. Dort sammelte er erste journalistische Erfahrungen und knüpfte Kontakte zu Schriftstellern, etwa zu Egon Erwin Kisch, die für ihn später überlebenswichtig werden sollten. Die Herrschaft der Nationalsozialisten zwang den Sozialisten Heym, Deutschland 1933 zu verlassen. Zunächst floh er nach Prag, wo er seinen Namen änderte, zwei Jahre später in die USA, für die er später im Zweiten Weltkrieg kämpfte und die er wiederum 1953 im Zuge der McCarthy-Ära verlassen musste. Heym fand danach in Ost-Berlin eine neue Heimat, obgleich ihm die Zensur manche Schwierigkeit bereitete. Deshalb schrieb er die meisten seiner Bücher für westliche Verlage.

Leider bleibt unklar, welche "sieben Leben" Heyms mit dem Titel der Graphic Novel gemeint sind. Sie hat zehn Kapitel, in denen die vielfältigen Lebensabschnitte von Heym dargestellt werden, und seine Stationen in Europa und Amerika erlauben unterschiedliche Einteilungen. Warum sind es nicht einfach drei Leben: Heym in Deutschland, Heym in Amerika, Heym wieder in Deutschland?

Eine Landkarte zeigt gleich zum Auftakt die Routen Heyms rund über den Globus. Im Anschluss an eine Vorbemerkung differenziert dann eine Legende sechs unterschiedliche Textebenen in der Geschichte. Es gibt einen Zeitstrahl, Sprechblasen, Inhaltsangaben, historische Einordnungen sowie lyrische und literarische Zitate. Das bringt die Komplexität von Heyms Leben zum Ausdruck, und "Die sieben Leben des Stefan Heym" zu lesen ist anspruchsvoll. Auch deshalb, weil die Seiten mitunter vor lauter Bild- und Textebenen unübersichtlich werden. Doch hilft die Legende vom Anfang dabei, den Überblick zu behalten.

Über zu wenig historische Einordnung von Heyms Lebensumständen kann man sich nicht beschweren. Allerdings stellt sich die Frage, ob alle historischen Hintergrundinformationen tatsächlich auch notwendig sind. Beispielsweise bleibt unklar, welchen Bezug die Erwähnung der Explosion des deutschen Zeppelins Hindenburg 1937 zu dem da längst in die USA emigrierten Heym hat. Da die Graphic Novel mit 288 Seiten für einen Comic unkonventionell wuchtig ist, hätten einige Kürzungen das mitunter langatmige Leseerlebnis konzentrierter gestalten können.

Ergänzend zur üblichen Seitenarchitektur von Comics, bietet der Band vielfältige Einzelillustrationen und Collagen. Sie füllen mitunter ganze Doppelseiten und sind abwechslungsreich entworfen. Es gibt da historischen Fotografien nachempfundene Zeichnungen und metaphorische Phantasiegebilde, so zum Beispiel eine Darstellung Heyms im Spinnennetz des amerikanischen Geheimdienstes.

Das wirkt: Die Illustrationen regen zum Weiterdenken an, weil sie Momentaufnahmen veranschaulichen. Da die Bilder manchmal etwas zusammenhangslos erscheinen, hängt es von der Phantasie des Lesers ab, sie zu einer kohärenten Geschichte zusammenzusetzen. Zumal zwischen Weltgeschichte, Heyms persönlichem Geschick und den Handlungen seiner Romane, die ebenfalls eingebunden werden, unterschieden werden muss. Das Licht der Bilder variiert auf eindrucksvolle Weise zwischen Grautönen und buntem Leuchten. Satte Farben bei türkisfarbenen Papierbögen oder roten Harkenkreuzbannern machen das Leben von Heym anschaulich. Insgesamt sticht die Graphic Novel durch ihre ästhetische Qualität und ihre Komplexität heraus. Sie wird deshalb anspruchsvolle Jugendliche genauso überzeugen wie Erwachsene.

"Die sieben Leben des Stefan Heym" erzählt von einem Sohn der Stadt Chemnitz, die 2025 europäische Kulturhauptstadt wird. Die Autoren, ihrerseits engagierte Chemnitzer, wählen die Auseinandersetzung mit Heym als couragiertem, kritischem Denker und Schreiber dezidiert auch deshalb, um der "traurigen Bekanntheit" der Stadt aufgrund von politischem Extremismus in den letzten Jahren die Lebensgeschichte eines "Leuchtturms der Zivilcourage" entgegenzusetzen. Insofern kommt die Graphic Novel gerade recht. JOHANN THÖMING

Gerald Richter, Marian Kretschmer: "Die sieben Leben des Stefan Heym". Graphic Novel.

C. Bertelsmann, München 2024. 288 S., geb.,

30,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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