Abu Simbel, Angkor Wat, Petra oder die neolithischen Tempel von Malta - heute stehen wir mit Staunen vor diesen großartigen Stein gewordenen Monumenten. Sechzehn anerkannte Fachleute beschreiben und erklären die 70 großartigsten bauwerklichen Errungenschaften vergangener Kulturen: - aus allen Regionen der Welt, von Asien bis Afrika, Europa und Amerika - vom 5. Jahrtausend v. Chr. bis ins 16. Jahrhundert n. Chr. - sie geben faszinierende Einblicke in die technologischen Möglichkeiten früherer Kulturen - neben bekannten Bauwerken wie den Pyramiden von Gise, Stonegenge und der Chinesischen Mauer stehen weniger bekannte Heiligtümer, Befestigungen, Paläste, Häfen, Straßenanlagen und Kolossalstatuen im Mittelpunkt
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.10.2004Die Welt steckt voller Wunder
Der erste Eindruck ist nicht gerade elektrisierend: schmuckloses Cover, billiges Papier, liebloses Layout, belanglose Fotos, schlampige Bindung und dazu ein Titel, der nach noch einer dieser Weltbestenlisten klingt, die die Welt nicht braucht - jetzt eben siebzig statt sieben Weltwunder, warum nicht gleich siebenhundert oder siebentausend? Der erste Eindruck täuscht: Das ist ein herrliches Buch über die Großartigkeit des menschlichen Erfindungsgeistes, klug, seriös und wissenschaftlich genau, geschrieben von führenden Archäologen und Anthropologen und für Laien trotzdem ungeheuer lehrreich. Denn hier geht es nicht einfach um eine Hitparade beeindruckender Bauwerke aus der europäischen Antike und den frühen Blütezeiten präkolumbianischer, asiatischer oder schwarzafrikanischer Kulturen. Es steht statt dessen immer die Frage im Mittelpunkt, wie es die Menschen geschafft haben, das Unmögliche zu vollbringen und diese Bauwerke mit einfachsten Hilfsmitteln zu errichten. Das wird mit vielen schematischen Zeichnungen, Grundrissen, Querschnitten und Plänen erklärt, wobei zunächst die sieben klassischen Weltwunder beschrieben und dann die weiteren Bauten nach Typus geordnet werden: Grabmäler, Tempel, Paläste, Kolossalstatuen, Befestigungsanlagen und so weiter. Man lernt erstaunt, daß die Monumentalbauten von Persepolis deshalb so stabil waren, weil die Baumeister nicht brüchigen Mörtel verwendeten, sondern Verbindungslöcher zwischen den Steinquadern bohrten und in diese flüssiges Blei füllten. Man weiß jetzt, daß der berühmte Bildhauer Phidias sein haushohes Standbild des Zeus in Olympia nur deshalb so realistisch schaffen konnte, weil er das Elfenbein, das den Holzkern umschloß, mit Alraunwurzelsud elastisch machte und dann in die gewünschte Form bog. Und man versteht, warum die chinesischen Kaiser eine Million Untertanen zum Bau ihrer Tausende Kilometer langen Kanäle preßten: Ein Pferdewagen kann maximal zwei Tonnen Last transportieren, ein Lastkahn, der von einem Pferd gezogen wird, aber fünfzig Tonnen. So geht es immer weiter mit den siebzig Weltwundern, die einen insgesamt ziemlich unstrittigen Kanon bilden. Daß Angkor, Borobudur, Abu Simbel, Timbuktu, Palenque oder Teotihuacán dazugehören, sieht wohl jeder ein. Und daß ein paar Unbekannte auftauchen wie die astronomischen Erdbauten der Hopewell-Indianer in Ohio oder der Monk's Mound in Cahokia, ein anderer Erdbuckel in Illinois, ist wahrscheinlich der Tribut an die einzige überlebende Weltmacht, die nicht ganz ohne Weltwunder dastehen soll.
str.
"Die siebzig Weltwunder" herausgegeben von Chris Scarre. Villa Arceno im Frederking & Thaler Verlag, München 2004. 304 Seiten, zahlreiche Fotografien, Karten und Zeichnungen. Gebunden, 19,90 Euro. ISBN 3-89405-524-3.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der erste Eindruck ist nicht gerade elektrisierend: schmuckloses Cover, billiges Papier, liebloses Layout, belanglose Fotos, schlampige Bindung und dazu ein Titel, der nach noch einer dieser Weltbestenlisten klingt, die die Welt nicht braucht - jetzt eben siebzig statt sieben Weltwunder, warum nicht gleich siebenhundert oder siebentausend? Der erste Eindruck täuscht: Das ist ein herrliches Buch über die Großartigkeit des menschlichen Erfindungsgeistes, klug, seriös und wissenschaftlich genau, geschrieben von führenden Archäologen und Anthropologen und für Laien trotzdem ungeheuer lehrreich. Denn hier geht es nicht einfach um eine Hitparade beeindruckender Bauwerke aus der europäischen Antike und den frühen Blütezeiten präkolumbianischer, asiatischer oder schwarzafrikanischer Kulturen. Es steht statt dessen immer die Frage im Mittelpunkt, wie es die Menschen geschafft haben, das Unmögliche zu vollbringen und diese Bauwerke mit einfachsten Hilfsmitteln zu errichten. Das wird mit vielen schematischen Zeichnungen, Grundrissen, Querschnitten und Plänen erklärt, wobei zunächst die sieben klassischen Weltwunder beschrieben und dann die weiteren Bauten nach Typus geordnet werden: Grabmäler, Tempel, Paläste, Kolossalstatuen, Befestigungsanlagen und so weiter. Man lernt erstaunt, daß die Monumentalbauten von Persepolis deshalb so stabil waren, weil die Baumeister nicht brüchigen Mörtel verwendeten, sondern Verbindungslöcher zwischen den Steinquadern bohrten und in diese flüssiges Blei füllten. Man weiß jetzt, daß der berühmte Bildhauer Phidias sein haushohes Standbild des Zeus in Olympia nur deshalb so realistisch schaffen konnte, weil er das Elfenbein, das den Holzkern umschloß, mit Alraunwurzelsud elastisch machte und dann in die gewünschte Form bog. Und man versteht, warum die chinesischen Kaiser eine Million Untertanen zum Bau ihrer Tausende Kilometer langen Kanäle preßten: Ein Pferdewagen kann maximal zwei Tonnen Last transportieren, ein Lastkahn, der von einem Pferd gezogen wird, aber fünfzig Tonnen. So geht es immer weiter mit den siebzig Weltwundern, die einen insgesamt ziemlich unstrittigen Kanon bilden. Daß Angkor, Borobudur, Abu Simbel, Timbuktu, Palenque oder Teotihuacán dazugehören, sieht wohl jeder ein. Und daß ein paar Unbekannte auftauchen wie die astronomischen Erdbauten der Hopewell-Indianer in Ohio oder der Monk's Mound in Cahokia, ein anderer Erdbuckel in Illinois, ist wahrscheinlich der Tribut an die einzige überlebende Weltmacht, die nicht ganz ohne Weltwunder dastehen soll.
str.
"Die siebzig Weltwunder" herausgegeben von Chris Scarre. Villa Arceno im Frederking & Thaler Verlag, München 2004. 304 Seiten, zahlreiche Fotografien, Karten und Zeichnungen. Gebunden, 19,90 Euro. ISBN 3-89405-524-3.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
""Ein herrliches Buch über die Großartigkeit des menschlichen Erfindungsgeistes", staunt Rezensent "str." - "klug, seriös und wissenschaftlich genau beschrieben von führenden Archäologen und Anthropologen und für Laien trotzdem ungeheuer lehrreich". Dabei war der erste Eindruck eher ernüchternd, weil das schmucklose Layout auf billigem Papier, in Kombination mit einer schlampigen Bindung und belanglosen Fotos zunächst wenig vertrauenserweckend auf ihn wirkte. Doch dann hat die "Hitparade beeindruckender Bauwerke" aus den frühen Blütezeiten präkolumbianischer, asiatischer oder schwarzafrikanischer Kulturen "str." besonders deshalb begeistert, weil nicht die Superlative als solche im Vordergrund stehen, sondern die Frage, wie es Menschen geschafft haben, diese unglaublichen Bauwerke mit einfachsten Hilfsmitteln zu errichten.
© Perlentaucher Medien GmbH"
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