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Wie kommen neue Forschungsprogramme zustande? Welchen Stellenwert haben dabei technologische Innovationen? Welche Rolle spielen diese Innovationen für Wirtschaft und Gesellschaft? Und welche Rolle könnten oder sollten ganz bestimmte Leittechnologien im kommenden Jahrhundert spielen? Diesen Fragen geht Freeman J. Dyson in seinem Buch nach. Nicht mit einer großen Theorie im Hintergrund, sondern in der zwanglosen Form von instruktiven Beispielen aus Physik, Biologie, Astronomie und Technik. Auf diese Weise erhält der Leser auf knappem Raum ein facettenreiches Bild naturwissenschaftlicher…mehr

Produktbeschreibung
Wie kommen neue Forschungsprogramme zustande? Welchen Stellenwert haben dabei technologische Innovationen? Welche Rolle spielen diese Innovationen für Wirtschaft und Gesellschaft? Und welche Rolle könnten oder sollten ganz bestimmte Leittechnologien im kommenden Jahrhundert spielen?
Diesen Fragen geht Freeman J. Dyson in seinem Buch nach. Nicht mit einer großen Theorie im Hintergrund, sondern in der zwanglosen Form von instruktiven Beispielen aus Physik, Biologie, Astronomie und Technik. Auf diese Weise erhält der Leser auf knappem Raum ein facettenreiches Bild naturwissenschaftlicher Forschungsprogramme. Klar wird, welche wichtige Antriebsfunktion technologische Innovationen dabei spielen, wie eng Technologien, Wissenschaften und gesellschaftliche Rahmenbedingungen miteinander verzahnt sind. Doch bei aller Eigendynamik bleiben sie immer noch Instrumente, über deren sinnvollen Einsatz wir zu entscheiden haben - jenseits von Verteufelungen oder naiven Erwartungen.
"Eine der Tugende n des Internets besteht darin, dass es eine inhärente Tendenz zur Globalisierung besitzt. Es durchdringt leicht Barrieren von Sprache, Brauch und Kultur. Gleiche Zugangsmöglichkeiten zum Internet zu schaffen ist technisch einfacher als die Schaffung gleichen Zugangs zu Wohnungen und medizinischer Betreuung. Allgemeiner Zugang zum Internet würde nicht alle sozialen Probleme lösen, aber es wäre ein großer Schritt in die richtige Richtung. Das Internet könnte dann ein wichtiges Werkzeug werden, um andere Arten von Ungleichheit zu mildern." (Freeman J. Dyson)
Autorenporträt
Freeman J. Dyson, geboren 1923, ist emeritierter Professor für Physik am Institute for Advanced Study, Princeton. Er leistete wesentliche Beiträge zum Aufbau der Quantenelektrodynamik und wurde einem größeren Publikum durch eine Reihe von populärwissenschaftlichen Büchern bekannt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.10.2000

Reich an Genen, arm an Sorgen
Im All ist alles erlaubt: Freeman J. Dyson hält Forschung für ein Himmelfahrtskommando

Freeman J. Dyson ist ein optimistischer und pragmatischer Mann. Der emeritierte Professor für Physik am Institute for Advanced Study in Princeton will seinen wissenschaftlichen Lehrer Lügen strafen, der sich einst in die Schönheit der reinen Mathematik flüchtete, da der Nutzen angewandter Naturwissenschaft nur in der Vergrößerung bestehender Ungleichheit bestehe. So edel zimmert Dyson in der Einleitung seines Buches "Die Sonne, das Genom und das Internet" den Rahmen: ein Buch der Visionen soll es werden, die als Antrieb auf der Suche nach einer besseren Welt dienen sollen. Doch Dyson zeigt schon in den wenigen Beispielen der Einleitung, wie schlicht er die Frage nach ethischen Maßstäben anzugehen weiß. Als dereinst "adaptive Optik" das Thema seiner Arbeit gewesen sei, habe er über Möglichkeiten der militärischen Nutzung nachgedacht, sei aber zu dem Ergebnis gelangt, das sei bloße Phantasie. Der Verlauf der Geschichte habe ihn bestätigt. Das "Dual-use-Dilemma" technologischer Forschung hält er für grundsätzlich lösbar.

Wissenschaft ist für Dyson dem Handwerk näher als der Philosophie, und so begibt er sich in Opposition zu jener Sicht des wissenschaftlichen Fortschritts, die jahrzehntelang die Wissenschaftsforschung geprägt hat: den Studien des Wissenschaftshistorikers Thomas S. Kuhn über "wissenschaftliche Revolutionen". Nicht die Rivalität von Ideen und der Prozeß des Paradigmenwechsels sei - wie Kuhn es behauptete - die Triebfeder wissenschaftlichen Fortschritts, sondern vielmehr die Neu- und Weiterentwicklung wissenschaftlicher Instrumente. In zahlreichen Anekdoten aus der Wissenschaftsgeschichte weist Dyson handwerkliche Begeisterung und Können als treibende Kräfte der Naturwissenschaft aus. "Sind die Instrumente gut, gibt die Natur auf eine klare Frage eine klare Antwort", lautet hier sein Credo.

Gegen jene Soziologen, die Wissenschaft für ein "soziales Konstrukt" halten, führt er amüsiert den Aufsatz Alan Sokals von 1996 an, der die "kulturelle Kontextgebundenheit" der Theorie der Quantengravitation in einer an der Postmoderne orientierten Sprache persiflierte und in einer soziologischen Fachzeitschrift erschien, ohne von den Herausgebern als Scherz enttarnt worden zu sein. Doch ähnlich wie Sokal, der vergessen zu haben schien, daß es jemals einen Positivismusstreit gegeben hat, gelingt es Dyson nicht, für die wertfreie, objektive Geltung von Wissenschaft einen Beweis zu führen. Vielmehr offenbaren einige Textstellen den mitunter subtilen Charakter ideologischer Einfärbungen von Wissenschaft. So bietet er später mit der Behauptung, die Reproduktionsgenetik vermöge Kinder zu produzieren, die Olympiasieger im Eiskunstlauf werden, eine wissenschaftlich nicht gerechtfertigte Sicht des Menschens als bloße Summe seiner Gene.

Aber wie kann Wissenschaft einen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit leisten? Sich von Max Weber absetzend, der den Fortgang und den Aufstieg der Technik als Folge religiöser Umwälzungen und ethischer Neubewertungen sah, behauptet Dyson: "Die Technologie treibt die Ethik voran." Wenn er aber im letzten seiner vier historischen Beispiele die Entwicklung der Haushaltsgeräte als treibende Kraft der Emanzipation und des sozialen Aufstiegs der Dienstboten ausmacht, braucht es nur eine Anmerkung am Ende des Buches, um zu zeigen, daß dies nur anekdotisch gilt: Nur zwei Zuhörer seiner Vorlesung entpuppten sich als Nachkommen einer Dienstbotenfamilie. Dyson übersieht, daß technologische Entwicklungen oftmals nur absichtslos Möglichkeiten zur Beseitigung von Ungleichheiten eröffnet, die dann aber in einem politisch-gesellschaftlichen Diskurs erst einmal erstritten werden muß.

Dieser Ausklammerung des politischen Raumes gesellt sich noch eine Leichtfertigkeit in ökologischen Fragestellungen hinzu. So entwirft er ein Zukunftsbild, das sich auf die drei Zukunftstechnologien Solarenergie, Gentechnologie und Internet stützt und die globale Armut bekämpfen kann: Die Sonne liefert in diesem Szenario die Energie mit dem Vorteil dezentraler und netzunabhängiger Erzeugung. Die Gentechnologie produziert Pflanzen, die Sonnenenergie sogleich in Treibstoff verwandeln und diesen durch die Wurzeln direkt in ein Pipelinenetz speisen können, und das Internet führt durch globale Vernetzung zu einer effizienteren Organisationsstruktur, zu einem Mehr an Bildung, Markt und Ausbildung.

Nur kurz deutet Dyson an, daß die Heilsversprechen des Internets nicht darüber hinwegtäuschen dürfen, daß es nicht allein Informationsdefizite sind, die Armut, Analphabetismus und globale Ungleichheit erzeugen. Als Visionär der positiven Macht der Gentechnik aber ignoriert er hier sowohl die Probleme des Eingriffs in ökologische Systeme als auch die Priorität des ökonomischen Gewinnstrebens, das die Gentechnologie stärker vorantreibt als hehre, altruistische Motive.

Das letzte Kapitel offenbart einen tieferen Blick in Dysons Verständnis von Natur und Mensch. Es beginnt faktenreich mit einer Kritik des amerikanischen Raumfahrtprogramms und stellt drei neue, kurzfristig entwickelbare Trägersysteme vor. Vor einem längeren Zeithorizont spinnt er anschließend seine Ideen einer Erforschung und Besiedlung des Weltalls und macht künstliche Geflechte von Kometen als zukünftige Lebensräume aus, die mit Hilfe von Gentechnologie gestaltet werden.

Nachdem Dyson der Klonierung des Menschen, falls sie methodensicher und ohne Schäden für die Nachkommen sei, soziale Unbedenklichkeit zugesprochen hat, skizziert er eine schlichte und bedenkliche Ethik. Um die Möglichkeiten genetischer Merkmalsplanung allen zukommen zu lassen, fordert er reproduktionsgenetische Technologien als soziale Dienstleistung der Zukunft, da "reprogenetische Kinder zu bekommen vielleicht eines Tages ein ebenso beliebtes Hobby sein werde wie heute das Desktop-Publishing".

Dennoch werde sich eine Aufspaltung der Gesellschaft in "Genreiche", die die Gentechnologie zur Verbesserung ihres Genpools nutzen werden, und "Natürliche" nicht verhindern lassen. Um den daraus erwachsenden negativen Folgen zu entgehen, schlägt er sodann den Weg der "Genreichen" ins All vor und versteht diesen Auszug dann sogar als evolutionstheoretisch begründete Isolation im natürlichen Prozeß der Artbildung, die in der Pflanzen- und Tierwelt durch die hohe Mutationsfähigkeit des Paarungs- und Immunsystems gelingt. Dieses Szenario nennt er "eine Variation des Menschen über ein Thema der Natur, das durch eine schöpferische Nutzung genetischer Isolation eine Beschleunigung der Evolution ermöglicht".

Hat der Philosoph Peter Sloterdijk in seiner umstrittenen Elmauer Rede "Regeln für den Menschenpark" eine Ethik der Anthropotechniken nur philosophisch angedacht, so entwirft Dyson das Bild dieses "evolutionären Horizonts" (Sloterdijk) wie selbstverständlich, ohne über die weitreichenden Implikationen nachzudenken. Nicht nur dieser Mangel läßt sein Buch als fragwürdigen Versuch erscheinen.

MATHIAS KRAUSE

Freeman J. Dyson: "Die Sonne, das Genom und das Internet". Wissenschaftliche Innovation und die Technologien der Zukunft. Aus dem Amerikanischen von Michael Bischoff. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2000, 221 S., geb., 32,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Diese Rezension Volker Weidermanns läuft in verschiedener Hinsicht auf einen Verriss hinaus. So habe der Autor mehrfach vom Film "Der amerikanische Patient" gesprochen, ein Fehler, den zumindest das Lektorat habe bemerken müssen (neben einigen anderen Fehlern). Doch auch was den Inhalt betrifft, so diagnostiziert der Rezensent bei Dysons Zukunftsfantasien in erster Linie einen "Unsinnshimmel". Da helfen auch die "präzisen" Beschreibungen wenig, mit denen Dyson den Leser in seine Fantasien hineinzieht. Nach Weidermann werden dabei sämtliche Sinne angesprochen, wenn etwa der Autor über die Laserstartrampe für Raumfahrzeuge fabuliert und dabei ein Feuerwerk von Geräuschen, Lichtern und ähnlichem abbrennt. Doch diese Sinnesräusche stimmen den Rezensenten nicht gnädig. Mit Dysons Vorstellungen, dass um 2085 die Menschen auf andere Planeten auswandern und `reprogenetisch behandelte Kinder` mit der gleichen Selbstverständlichkeit produzieren, wie sie heute `Desktop-Publishing` betreiben, kann sich der Rezensent nicht anfreunden.

© Perlentaucher Medien GmbH