Unter dem Titel Mythe du jour et de la nuit [»Mythos von Tag und Nach«] fasst Francis Ponge die Sonne, die als Zentralgestirn des Tages nicht nur den Mythos des Wechsels von Tag und Nacht unterhält, sondern für die Ausbildung der Menschensprache als Urteilssprache (im Sonnenlicht) zur Rechenschaft gezogen werden soll, ins Auge. Diese Auseinandersetzung mit der Sonne bricht 1931 über Notizen ab, die der Sonne den Prozess machen, also die Herrschaft der Urteilssprache im Zeichen der Sonne, die Ponge zur Disposition zu stellen sucht, bloß bestätigen. Jahre später nimmt Francis Ponge die Auseinandersetzung in einem umfangreichen, im Nachlass erhaltenen Dossier, unter geänderten Vorzeichen, wieder auf. Diesmal wird nicht mehr nur die Sonne, sondern auch das Wort soleil in Betracht gezogen. Aus diesem umfangreichen Konvolut verdichtet, resultiert ein mehrteiliger Text, den Ponge im Dezember 1954 unter dem Titel Le Soleil placé en abîme [»Die Sonne versetzt in den Abgrund«] publiziert. Das Dossier, dem dieser Text entspringt, entfaltet einen Facetten- und Ideenreichtum, den der publizierte Text abschattet. Es erscheint in der vorliegenden Ausgabe, mit Faksimiles der Handschriften und Typoskripten, Transkriptionen, Übersetzungen und Kommentar, zum ersten Mal.Auf 1000 Exemplare limitierte AuflageIn Die Sonne werden »die schwindelerregende Dichte und Absurdität der Sprache, allein in Betracht gezogen, so manipuliert, dass durch innere Vervielfältigung der Beziehungen, die Verflechtung der Wurzeln und die in Doppelschleifen geschnürten Bedeutungen, jene Beweglichkeit entsteht, die allein von der wesentlichen Tiefe, von der Vielfalt und rigorosen Harmonie der Welt Rechenschaft ablegen kann.« - Francis Ponge
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Rezensent Eberhard Geisler gibt zu Bedenken, dass der von Thomas Schestag herausgegebene Band mit Francis Ponges Einlassungen zur Sonne nicht das richtge Buch für Leser sein könnte, die an Ponges Dichtung interessiert seien. Wer aber Ponges schriftstellerischen Weg nachvollziehen möchte, der wird womöglich fündig, meint er, wird doch zum einen Ponges unkonventionelles Werkverständnis sichtbar, zum anderen sein Versuch, "heliozentrische" Positionen zu dekonstruieren. Dass Ponge in letzterer Hinsicht an die deutschen Romantiker anknüpft, wäre einen Kommentar wert gewesen, findet Geisler.
© Perlentaucher Medien GmbH
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