Psychologische Diagnostik verdient aus drei GrUnden besondere Aufmerksamkeit: a) wegen ihrer herausragenden Rolle fUr die Berufspraxis des Diplompsychologen; b) wegen ihrer ,schicksalshaften' Bedeutung fUr die ,Betroffenen'; und c) wegen der anhaltenden Kontroversen urn ihre angemessene Konzeptualisierung. l In der vorliegenden Arbeit werden Konzeptionen der Psychodiagnostik unter einer integrativen Perspektive betrachtet, die wissenschaftstheoretische, -historiographische 2 und -soziologische Aspekte zu verbinden versucht . Dabei werden, bei BerUcksichti gung dreier, deutlich von einander…mehr
Psychologische Diagnostik verdient aus drei GrUnden besondere Aufmerksamkeit: a) wegen ihrer herausragenden Rolle fUr die Berufspraxis des Diplompsychologen; b) wegen ihrer ,schicksalshaften' Bedeutung fUr die ,Betroffenen'; und c) wegen der anhaltenden Kontroversen urn ihre angemessene Konzeptualisierung. l In der vorliegenden Arbeit werden Konzeptionen der Psychodiagnostik unter einer integrativen Perspektive betrachtet, die wissenschaftstheoretische, -historiographische 2 und -soziologische Aspekte zu verbinden versucht . Dabei werden, bei BerUcksichti gung dreier, deutlich von einander abgrenzbarer - aber eng aufeinander bezogener - Ebenen: a) einer Ebene der Beziehung von wissenschaftlichem Untersucher und Untersuchtem; b) einer Ebene der Strukturen und Prozesse in Wissenschaftlergemeinschaften; c) einer Ebene der ein- und wechselseitigen Beeinflussung von wissenschaftsexternen und -internen Faktoren; synchrone und diachrone Analyseschritte als notwendig zusammengehorend betrachtet. Konzeptionen psychologischer Diagnostik zu analysieren, heiilt in diesem Zusam menhang, Psychodiagnostik nicht losgelost von Entstehungs- und Verbreitungsbedin gungen zu betrachten, also nicht unter einem Produktaspekt, sondern bedeutet ge rade, den inner- und au1lerwissenschaftlichen Entstehungs- und Verbreitungskontext systematisch mit einzubeziehen, also den Produktionsaspekt herauszustellen. Bezogen auf die drei Analyseebenen heiBt dies: a) die in erster Linie impliziten Annahmen und Voraussetzungen zu Subjekt, Objekt und DiagnoseprozeB - also die ,verborgenen' sozialen/anthropologischen An nahmen von Psychodiagnostik - herauszuarbeiten, b) die community-Gebundenheit von Diagnostikkonzeptionen - also den ,sozial psycho'-logischen Charakter von Diagnostikforschung - zu demonstrieren, c) die Abhangigkeit und Einbettung von Diagnostikforschung in gesellschaftliche Zusammenhange - also die sozialen, wissenschaftsexternen Regulative von Dia gnostikforschung - herauszustellen.
1. Einleitung: Zur Analyse wissenschaftlicher Strukturen und Prozesse.- 2. Die Rolle der strukturalistischen Experimentalpsychologie für die Entstehung der differentiellen Psychologie.- 2.1 Die Konzeption experimentalpsychologischen Handelns in der 'allgemeinen'Psychologie in Deutschland im 19. Jahrhundert.- 2.2 Exkurs: Reaktionszeitforschung in Astronomie und Psychologie.- 2.3 Exkurs: Entsubjektivierung I: Der psychologische Untersucher in der Reaktionszeitforschung.- 2.4 Die Bald win-Titchener-Kontro verse oder die Unvereinbarkeit von 'Beobachter'und 'Versuchsperson'.- 2.5 Exkurs: Entsubjektivierung II: Der psychologische Untersucher in der Reaktionszeitforschung.- 3. Zur Entstehung und Konzeption der Psychologie individueller mentaler Differenzen in Frankreich.- 3.1 Das französische Universitätssystem und die Lage der Psychologie in Frankreich gegen Ende des 19. Jahrhunderts.- 3.2 Die Bewegung für die Einrichtung von Sonderschulklassen für geistig behinderte und zurückgebliebene Kinder.- 3.3 Alfred Binet: Wissenschaftliche Sozialisation und psychologische Orientierung.- 3.4 Zur Entstehung und Konzeption des Binet-Testverfahrens von 1905 (und 1908).- 3.5 Hindernisse für die Institutionalisierung der Binet-Simon-Testkonzeption in Frankreich.- 4. Zu Entstehung und Konzeption der Psychologie individueller mentaler Differenzen in England.- 4.1'struggle for existence' und Eugenik: Zu den sozioökonomischen Rahmenbedingungen der Thematisierung individueller Differenzen durch Galton.- 4.2 Das Fehlen einer institutionalisierten Psychologie.- 4.3 Galtons Konzeption der Anthropométrie im Rahmen eugenischen Interesses. Implizite Basisannahmen für Datenselektion und Bewertung.- 4.4 Zur Weiterentwicklung der differentiellen Psychologie in England.- 5. ZuEntstehung und Konzeption der Psychologie individueller mentaler Differenzen in Deutschland.- 5.1 Erste Ansätze zu Testverfahren der Intelligenz in der deutschen Psychologie und Pädagogik. Entwicklung und Entwicklungsbedingungen.- 5.2 Exkurs: Zur Entwicklung der differentiellen Psychologie in Deutschland bis zum 2. Weltkrieg.- 5.3 Konzeption und Community: Différentielle Psychologie und Differentialpsychologen in Deutschland.- 6. Zu Entstehung und Konzeption der Psychologie individueller mentaler Differenzen in den USA.- 6.1 Entstehung von Universitäten und Lage der,neuen' Psychologie in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in den USA.- 6.2 Bedingungen für die Funktionalisierbarkeit der Experimentalpsychologie in den USA.- 6.3 Wissenschaftsexterne Bedingungen für das Entstehen der differentiellen Psychologie in den USA.- 6.4 Exkurs: Zur Veränderung und veränderten Anwendung des Vererbungsbegriffs im 19. Jahrhundert in den USA.- 6.5 Différentielle Psychologie als community-spezifische Forschung.- 7. Die Rasse-Intelligenz-Kontroverse.- 7.1 Zur Ausgangssituation.- 7.2 Rekonstruktion gegensätzlicher Konzeptionen von Diagnostik aus der Rasse-Intelligenz-Kontroverse.- 7.3 Versuche der Rekonstruktion der sozialen Dimension der Rasse-Intelligenz-Kontroverse.- 8. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen.- Anmerkungen.
1. Einleitung: Zur Analyse wissenschaftlicher Strukturen und Prozesse.- 2. Die Rolle der strukturalistischen Experimentalpsychologie für die Entstehung der differentiellen Psychologie.- 2.1 Die Konzeption experimentalpsychologischen Handelns in der 'allgemeinen'Psychologie in Deutschland im 19. Jahrhundert.- 2.2 Exkurs: Reaktionszeitforschung in Astronomie und Psychologie.- 2.3 Exkurs: Entsubjektivierung I: Der psychologische Untersucher in der Reaktionszeitforschung.- 2.4 Die Bald win-Titchener-Kontro verse oder die Unvereinbarkeit von 'Beobachter'und 'Versuchsperson'.- 2.5 Exkurs: Entsubjektivierung II: Der psychologische Untersucher in der Reaktionszeitforschung.- 3. Zur Entstehung und Konzeption der Psychologie individueller mentaler Differenzen in Frankreich.- 3.1 Das französische Universitätssystem und die Lage der Psychologie in Frankreich gegen Ende des 19. Jahrhunderts.- 3.2 Die Bewegung für die Einrichtung von Sonderschulklassen für geistig behinderte und zurückgebliebene Kinder.- 3.3 Alfred Binet: Wissenschaftliche Sozialisation und psychologische Orientierung.- 3.4 Zur Entstehung und Konzeption des Binet-Testverfahrens von 1905 (und 1908).- 3.5 Hindernisse für die Institutionalisierung der Binet-Simon-Testkonzeption in Frankreich.- 4. Zu Entstehung und Konzeption der Psychologie individueller mentaler Differenzen in England.- 4.1'struggle for existence' und Eugenik: Zu den sozioökonomischen Rahmenbedingungen der Thematisierung individueller Differenzen durch Galton.- 4.2 Das Fehlen einer institutionalisierten Psychologie.- 4.3 Galtons Konzeption der Anthropométrie im Rahmen eugenischen Interesses. Implizite Basisannahmen für Datenselektion und Bewertung.- 4.4 Zur Weiterentwicklung der differentiellen Psychologie in England.- 5. ZuEntstehung und Konzeption der Psychologie individueller mentaler Differenzen in Deutschland.- 5.1 Erste Ansätze zu Testverfahren der Intelligenz in der deutschen Psychologie und Pädagogik. Entwicklung und Entwicklungsbedingungen.- 5.2 Exkurs: Zur Entwicklung der differentiellen Psychologie in Deutschland bis zum 2. Weltkrieg.- 5.3 Konzeption und Community: Différentielle Psychologie und Differentialpsychologen in Deutschland.- 6. Zu Entstehung und Konzeption der Psychologie individueller mentaler Differenzen in den USA.- 6.1 Entstehung von Universitäten und Lage der,neuen' Psychologie in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in den USA.- 6.2 Bedingungen für die Funktionalisierbarkeit der Experimentalpsychologie in den USA.- 6.3 Wissenschaftsexterne Bedingungen für das Entstehen der differentiellen Psychologie in den USA.- 6.4 Exkurs: Zur Veränderung und veränderten Anwendung des Vererbungsbegriffs im 19. Jahrhundert in den USA.- 6.5 Différentielle Psychologie als community-spezifische Forschung.- 7. Die Rasse-Intelligenz-Kontroverse.- 7.1 Zur Ausgangssituation.- 7.2 Rekonstruktion gegensätzlicher Konzeptionen von Diagnostik aus der Rasse-Intelligenz-Kontroverse.- 7.3 Versuche der Rekonstruktion der sozialen Dimension der Rasse-Intelligenz-Kontroverse.- 8. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen.- Anmerkungen.
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