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Der junge, ehrgeizige Investmentbanker Mace McLain arbeitet für eine der prestigeträchtigsten Investmentbanken an der Wall Street. Seine Karriere nimmt eine atemberaubende Wendung, als er einem Milliardenfonds, dem Vulture Fund, zugeteilt wird. Ihm zur Seite steht die attraktive und verführerische Kathleen Hunt, mit der er für die Etablierung des Fonds und zur Kreditbeschaffung zuständig ist. McLain ahnt jedoch nicht, daß ein Außenstehender durch Korruption und Erpressung Einfluß auf die Bank, den Fonds und sogar auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen zu nehmen versucht. Auch Kathleen…mehr

Produktbeschreibung
Der junge, ehrgeizige Investmentbanker Mace McLain arbeitet für eine der prestigeträchtigsten Investmentbanken an der Wall Street. Seine Karriere nimmt eine atemberaubende Wendung, als er einem Milliardenfonds, dem Vulture Fund, zugeteilt wird. Ihm zur Seite steht die attraktive und verführerische Kathleen Hunt, mit der er für die Etablierung des Fonds und zur Kreditbeschaffung zuständig ist. McLain ahnt jedoch nicht, daß ein Außenstehender durch Korruption und Erpressung Einfluß auf die Bank, den Fonds und sogar auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen zu nehmen versucht. Auch Kathleen ist an dieser Verschwörung beteiligt: Sie soll Mace im Auge behalten, ist aber zugleich persönlich an dem gutaussehenden Finanzgenie interessiert. Mace ist jedoch von der jungen Studentin Rachel fasziniert, die sein Augenmerk auf einige Unstimmigkeiten des Fonds lenkt. Gemeinsam versuchen sie, Licht in die dunklen Geschäfte zu bringen, doch schon bald befinden sie sich in Gefahr...
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.03.2000

Der Spekulant reitet auf der Welle, die er selber macht
Aus dem Evangelium der legitimen Habgier: Honoré de Balzac, Paul Valéry, Tom Wolfe und die Urgeschichten vom großen Geld

Man muss weder einen Schritt aus dem Haus tun noch Aktien kaufen noch risikofreudig sein, um vom derzeitigen Börsenboom zu profitieren. Es reicht, dass man an einem der Börsenspiele teilnimmt, die derzeit von Zeitschriften oder Medienunternehmen angeboten werden. Dabei erhält man schon für zwanzig Mark ein Spielkapital von einhunderttausend Euro, die man in fünfzig ausgewählten Aktien anlegen kann. Sie werden im Spiel zu den Echtzeitkursen der internationalen Börsen gehandelt. Alle diese Aktien sind Internet-Aktien. Alle Mitspieler spielen online. Am Ende gewinnen die besten virtuellen Spekulanten reale Wertpapierdepots. Darin sind, zum Beispiel, die neuen Aktien von "T-online" enthalten, die im April ihr Debüt an der Börse haben werden.

In der Illustration der Gewinnaussicht ist die Aktie ein Surfbrett, der Anleger ein Surfer. Er baut die Welle mit auf, über die er hinweggleitet. In den Kommentaren der Experten zur wechselseitigen Stimulierung von Börse und Netz wie in der populären Mythologie sind das Surfen im Netz und das Spekulieren an der Börse zu einem Bild verschmolzen.

Man sollte meinen, in dem Meer von Zahlen und Daten, aus dem sich die Wellen aufbauen, seien ökonomischer Sachverstand und die betriebswirtschaftliche Analyse der Unternehmen, deren Aktien man erwirbt, die verlässlichsten Instrumente der Navigation. Aber das ist nicht der Fall. Kaum steht der Surfer, noch unsicher schwankend, auf seinem Brett, gibt ihm der Experte den Rat mit auf die Reise, das Betriebswirtschaftlich-Ökonomische in seiner Bedeutung für die Bestimmung eines Aktienwertes nur ja nicht zu überschätzen. Internet-Unternehmen könne man mit den klassischen Instrumentarien der Analyse schon gar nicht erfassen. Auf etwa vorhandene Gewinne als Indiz künftiger Stärke dürfe man sich auch nicht fixieren.

Entscheidend sei vielmehr jenes schwer greifbare atmosphärische Element, das man sich angewöhnt habe, die "Kursphantasie" zu nennen. Als nur scheinbar imaginäres Fluidum könne sie eine Aktie auch dort noch beflügeln, wo die Verluste vorherrschen, wenn nur der Glanz des künftig Erwartbaren die Bilanz von gestern überzeugend überstrahle. So gleitet der Surfer auf das Meer der nicht analysierbaren Möglichkeiten und Risiken. Bei der Geistesgegenwart, die er braucht, wird ihm sein Bordcomputer auch bei noch so beschleunigter Rechengeschwindigkeit nur bedingt helfen können. Die verlockendsten Buchten liegen jenseits der Datenanalyse. Hier, wo die Kurse von der Phantasie getrieben werden, muss auch der Surfer, lässt er sich von den Wellen den Bewegungsrhythmus vorgeben, zum Phantasiewesen werden.

Monsieur Teste, so hat ihn sein Erfinder Paul Valéry beschrieben, ist ein Phantasiewesen, das aus der Vereinigung von Präzision und Träumerei hervorging. Er entstammt dem späten neunzehnten Jahrhundert und ist im frühen zwanzigsten groß geworden. Wie hätte es ihm gefallen, die Bewegungen der Surfer des frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts zu beschreiben, wie hätte es ihn herausgefordert, komplizierte Berechnungsformeln für die Kurven und Kurse der phantasiegetriebenen Wertpapiere zu ersinnen! Denn Monsieur Teste, ein Heros der Leidenschaft für die Zahlen und die Genauigkeit, hatte ein gebrochenes Verhältnis zum philosophischen Begriff der Spekulation und ihrer traditionellen Gegenstände. Wenn man ihn aber besuchte in seinem durchaus beliebig möblierten Appartement ohne Bücher, dann konnte es geschehen, dass er abends spät, mit schon durch die Müdigkeit verlangsamter Stimme, nach der nächtlichen Entspannung durch bittere Zigarren, unversehens vom Geld zu sprechen begann.

Einem, der ihn besucht hat, verdanken wir eine Schilderung seiner seltsamen Kunst, sehr große, eher mit Mattigkeit als mit Emphase vorgetragene Zahlen in poetische Gegenstände zu verwandeln: "Achthundertzehnmillionenfünfundsiebzigtausendfünfhundertfünfzig . . . Ich lauschte dieser unerhörten Musik, ohne der Rechnung zu folgen. Er teilte mir die Schwankungen der Börse mit, und die langen Folgen von Zahlennamen ergriffen mich wie ein Gedicht. Er verknüpfte Ereignisse, die Erscheinungen in der Industrie, den öffentlichen Geschmack und die Leidenschaften, wieder die Zahlen, die einen mit den anderen." Nur so, in der Abbreviatur, kennen wir das Prosagedicht über die Börse des Monsieur Teste, von dem man sich durchaus vorstellen kann, dass er selber Aktien besaß.

Wir kennen aber den Zustand, aus dem es hervorging, den Aufmerksamkeitstyp, der seinen Beobachtungen und Reflexionen den Rhythmus vorgab. Er ist das Gegenteil zur Überwachheit des Surfers, zur Anspannung aller Energien, um auf jede Kursbewegung mit einer Kursänderung reagieren zu können. Es ist die Meerfahrt bei Nacht, das dämmernde Dahintreiben auf dem Rücken, im Bett, ein unmerkliches Schlingern: "Oft kann ich meine Gedanken vom Schlaf nicht mehr unterscheiden."

Monsieur Teste ist in der modernen Literatur ein allzu seltener Paradiesvogel des exakten Träumens. In der Regel werden die Börse und das Geld jenem Genre überantwortet, zu dem er wohl auch deshalb Distanz hielt, weil es die Stammheimat des literarischen Realismus war: dem Gesellschaftsroman. Er ist berühmt für die Vielzahl von Beobachtungen und Tatsachen, die er sich gefräßig einverleibt. Hier setzen seit Balzac alle Zahlen Fleisch und Blut an, und aus den befristeten Wechseln steigen die Intrigen auf. Hier sind die Schauplätze genau beschrieben und die Ereignisse nach den Gesetzen dessen, was man fiktiven Journalismus nennen könnte, sorgfältig recherchiert. Hier kann, wer will, hinter einem Baron de Nucingen den Baron von Rothschild, und hinter einem Aristide Saccard einen aktenkundigen Bodenspekulanten im Paris des Baron Haussmann erkennen.

Der amerikanische Autor Tom Wolfe hat sich das Realismusversprechen des Gesellschaftsromans zunutze gemacht, als er Ende der achtziger Jahre sein "Fegefeuer der Eitelkeiten" veröffentlichte. Die Geschichte vom Untergang des arrivierten Wall-Street-Brokers Sherman McCoy wurde auch deshalb zum Beststeller, weil 1987, als es erschien, gerade die Börse zusammenkrachte. Denn das verstärkte den Eindruck, hier habe jemand beim Schreiben das Ohr ganz nahe an der Wirklichkeit gehabt und ihr ihre Zukunft noch vor dem Eintreffen abgelauscht. Es war das Buch zum Film der Saison, Oliver Stones "Wall Street", in dem Michael Douglas als skurpelloser Tycoon Gordon Gecko der Spekulation das Evangelium der legitimen Habgier verkündete.

Die Figuren des Brokers und des Spekulanten haben hier die erkennbare Signatur der achtziger Jahre. Gordon Gecko mehrt sein Kapital, indem er wahllos marode Unternehmen ankauft und auspresst, Sherman McCoy repräsentiert die noch junge Lust am weltweiten Spekulieren mit riesigen Wertpapiermengen, deren Transaktion aufgrund der schieren Zahl bei kleinen Kursschwankungen große Gewinne abwirft. Hinter den imaginären Spekulanten zeichnet sich die Figur des Ivan Boesky ab, dem damals gerade wegen unzulässiger Insidergeschäfte spektakulär der Prozess gemacht wurde.

Tom Wolfe war in den sechziger Jahren als Repräsentant des "new journalism" bekannt geworden, gern wies er selbst auf Balzac und Zola als seine großen Vorbilder hin. So friedlich aber, wie es die Legende von der Zusammenführung von Roman und Recherche will, haben die beiden Partner im literarischen Journalismus nie fusioniert. Das "Fegefeuer der Eitelkeiten" spekulierte zwar auf das Insiderwissen des findigen Reporters und die Realismusvermutung des Publikums. Aber in seinem Zentrum stand nicht das dokumentarische, sondern das fantastische Erbe der Romane des neunzehnten Jahrhunderts, die Mythologie der Metropole. So treu folgt die Darstellung New Yorks den Gesetzen, die dieser Mythologie in Paris gegeben wurden, dass die Figuren und Intrigen wie motorisierte, mit Telefonen und neuester Technik ausgestattete Wiedergänger wirken aus der Zeit, als Monsieur Teste noch nicht geboren war.

Gewiss, bei Tom Wolfe ist der Broker Sherman McCoy ein durchaus mittelmäßiger Held. Aber er identifiziert sich mit den kleinen Plastikfiguren seiner Tochter, die "Masters of the Universe" heißen. Der Roman inszeniert das als kleine ironische Geste des Autors, aber er beglaubigt zugleich die Verknüpfung von einer Mythologie der Metropole und der universellen Spekulation. Am liebsten nur Sekunden vor Handelsschluss lässt er den Helden riskante Termingeschäfte tätigen und ihn dabei als weltweit agierenden Strategen des Kapitals erscheinen, der per Telefon einen "Sturmangriff auf dem Gebiet des Rentenhandels" kommandiert. In der aus Mythologie gewebten Wirklichkeit des Romans ist New York bei aller Unberechenbarkeit seiner Politik, seiner Polizei und seiner Presse ein solides, verlässliches Zentrum des Erzählens.

Aus der Perspektive der Fusion von Börse und Internet rückt das "Fegefeuer der Eitelkeiten" kaum mehr als zehn Jahre nach Erscheinen schon in weite Ferne, zurück in seine Herkunftswelt. Kaum mehr als Metapher und gewiss nicht als Modell der Orienierung taugt in der systematisch amorphen Struktur des Internet die klassische Großstadt.

Grotesk wirkt es, wenn Vizepräsidenten führender Investmentbanken an der Wall Street wie Stephen Frey Romane schreiben, die den Titel "Die Spekulanten" tragen und sich darin an den robusten Pfeilern von Thriller und Kolportage festhalten, statt technisch-praktisch von den Metamorphosen der Börsengeschäfte in den neunziger Jahren zu erzählen. In der von Zola und Balzac gestifteten Tradition agierten die Spekulanten nicht nur im Stadtraum, sie gewannen nicht selten dessen materieller Existenz - den Häusern wie den neu entstehenden Straßen - ihre Gewinne ab. Mit der Bindung der Börse an den Standort Stadt beginnen sich im Zeitalter des Internet solche "Erdungen" und materiellen Rückbindungen der Aktien aufzulösen. Die Güter in Russland, Eisenbahnschienen, lukrative Minen und dergleichen Requisiten aus dem neunzehnten Jahrhundert haben gewiss ihre modernen Nachfolger. Die aktuellen Kursfantasien aber leben von Effekten der Entsubstantialisierung. Die Internet-Unternehmen, deren Kurse so steil ansteigen, haben etwas von Luftgeistern. Sie sind von einer so dichten Aura der Virtualität umgeben, dass man denkt, es könne ihnen, wenn sie sich, wie AOL, mit stärker geerdeten Wesen verbinden, umgekehrt ergehen wie dem Riesen Antäus, den der antiken Mythologie zufolge seine Kräfte verließen, sobald er die Erde nicht mehr berührte.

Schon Mitte der siebziger Jahre ist William Gaddis' voluminöser Roman "JR" erschienen. Die technologischen Standards seiner Zeit überschreitet er nicht. Aber er ist ein Vorbote einer Literatur der Börse und Spekulation jenseits der Metropolen-Mythologie. Er ist ein amorphes Gebilde, ein Gewirr von Stimmen, aus dem man nach und nach die eines hellwachen Elfjährigen heraushört. Er wird diese Stimme verstellen und sich einen erwachsenen Strohmann suchen müssen, um, ironischerweise vom Sozialkundeunterricht ermuntert, die Rolle des genialen Brokers aus dem Abseits erfolgreich spielen zu können. Zu seinem Kapital gehört, dass in ihm die Ressourcen an Erfahrung und Wissen noch begrenzt, die der Intuition dafür umso unbegrenzter und unberechenbarer sind. So muss er den Profis an den zentralen Schaltstellen als ein womöglich besonders erfahrener Mitspieler erscheinen. Dabei baut er sein fragiles Imperium mit eben dem kindlichen Gleichmut aus, mit dem Oskar Matzerath Gläser zersingt.

Es ist, wenn auch in ironischer Verkleinerung, vielleicht noch ein wenig zu viel Dämonie und Imperiumsaufbau in Gaddis' Roman. So wie in der öffentlichen Wahrnehmung des Bankrotteurs Nick Leeson der süchtige Spieler sich allzu sehr vor den mittleren Angestellten drängte. Aus den prosaischen Zügen des Spekulanten aber könnte sein Porträt im einundzwanzigsten Jahrhundert entstehen.

Er sähe dann nicht aus wie Michael Douglas in "Wall Street" , sondern wie Tom Hanks in "Forrest Gump". Denn wenn wir gegenwärtig mit grellen Krankengeschichten zum Börsenfieber überschüttet werden, in denen biedere Bäcker von bedächtigen Sparern zu halsbrecherischen Investoren mutieren, verstellt das ein bisschen den Blick auf den durchschnittlichen Spekulanten. Ihm ist in der neuesten, vom Internet beflügelten Börsenmythologie nicht zufällig ein Requisit aus dem Freizeitbereich, das Surfbrett, untergeschnallt. Er ist ein undramatischer Held, oft Abenteurer und Beamter, Sparer und Spekulant in Personalunion. Er strebt nicht die Weltbeherrschung an, sondern die Aufbesserung seines ohnehin nicht schlecht gefüllten Kontos. Vielleicht hat er auch geerbt oder genug beisammen, um mit ein bisschen mehr bereits mit fünfzig in Rente oder Pension gehen zu können. Er war schon zu oft auf den Malediven und den Seychellen, als dass er sein Geld noch für Weltreisen zurücklegen müsste. Da surft er lieber.

Man muss diesen undramatischen Helden, der anders als die klassischen Spekulanten längst aus beiden Geschlechtern stammt, nicht in große Intrigen verwickeln. Man muss ihm nur zuschauen, wie er mit der Unbequemlichkeit zurande kommt, dass mit der Verbesserung der Kommunikationstechnologie durchaus nicht die Verlässlichkeit der Börsennachrichten zunimmt, sondern die Bedeutung und Schnelligkeit von Gerüchten. Das wäre ein Stoff für Monsieur Teste.

Aber beide Leerstellen sind für die Literatur des kommenden Jahhrunderts noch frei, beide Figuren haben noch nicht Gestalt gewonnen: Monsieur Teste, der halb wach von den Surfern träumt, und Forrest Gump, der stoisch überall da ist, wo ihm etwas in den Schoß fallen kann.

LOTHAR MÜLLER

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