Der Außenseiter Boris gerät unter Verdacht, einen Angriff auf dieamerikanische Botschaft in Zagreb vorbereitet zu haben. MladenFolo, unfreiwilliger Chef der dubiosen Abteilung für Kulturterrorismus,der Sensationsjournalist Miro Dragoner und der PolizeispitzelMärzhase verstricken ihn in ein Netz aus Politik, Polizeiund Medien. Schließlich landet Boris als angebliches Al-Qaida-Mitglied auf den Titelseiten der Boulevardpresse. Später wird derMärzhase tot in einer Kneipentoilette aufgefunden, doch die Polizeizeigt kein Interesse an dem Fall. Folo lernt jedoch die ukrainischeTänzerin Zana aus der Blue Bar kennen, ein Opfer desflorierenden Menschenhandels, die einen Brief an Folo hat, denihr der Märzhase hinterlassen hat. Das weckt Folos Neugier, undseine Recherchen führen ihn in das kriminelle Zagreber Milieu.Zana flieht aus der Blue Bar und ein stadtbekannter Schläger beginntim Auftrag des Barbesitzers nach ihr zu suchen ..."Die Spieler" liefert eine präzise Diagnose einer korrupten Gesellschaftund wird geprägt durch Popovic´s spannende und humorvolleErzählweise. Im Laufe des Romans wird der Anti-HeldFolo nicht nur zum Mörder aus Liebe und Gerechtigkeitssinn, erverwandelt sich auch von einem treuen Staatsdiener und zynischenBeobachter der Gesellschaft in eine Art postsozialistischenRobin Hood, womit der Autor auf symbolische Weisesein tiefes Misstrauen gegenüber den staatlichen Strukturen zumAusdruck bringt. Einsam, als wäre er einem Text von RaymondChandler entsprungen, trifft Folo am Ende einen ebenso zynischenSchriftsteller, dem er seine Story erzählt - eine Unterschriftdes Autors in der Manier von Hitchcock.Nach seinem Generationenporträt "Ausfahrt Zagreb-Süd" und der persönlichen Lebensbilanz"Kalda" folgt nun mit dem mutierten Krimi "Die Spieler" eine AbrechnungPopovics mit einer Gesellschaft, in der Gewalt und Betrug an der Tagesordnungsind. Doch die Realität hat den Roman längst eingeholt: Die jüngstenMafia-Morde in Kroatien im Verlauf des Jahres 2008 spielten sich nach dem prophetischenSzenario der "Spieler" ab.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.10.2009Nur keine Gnade
Zagreb-Satire: "Die Spieler" von Edo Popovic
So kann man auch zu Ruhm kommen - in Kroatien und darüber hinaus. Ausgerechnet der jüdische Schriftsteller Boris Elazar wird von der Polizei als Islamist angeschwärzt, weil die kroatische Regierung ihr Ansehen im internationalen Kampf gegen den Terror stärken will. Elazars Konterfei erscheint auf den Titelseiten der Zeitungen, neben den Lettern "Al Qaida". Doch die Sache nimmt eine überraschende Wendung. Für seinen Roman "Ramada Hotel" erhält der plötzlich in der ganzen Welt bekannte Mann einen Zweihunderttausend-Dollar-Vertrag - "aus Amerika".
Es ist nicht alles todernst zu nehmen in "Die Spieler", dem Roman des kroatischen Publikumslieblings Edo Popovic, der 1957 in Livno zur Welt kam und hier offen mit dem Krimigenre liebäugelt. Der manische Trinker und Raucher Elazar ("Boris gibt gern damit an, dass er es als persönliche Niederlage empfinden würde, nicht an Lungenkrebs zu sterben") ist nur eine von mehreren abgestürzten Gestalten in der Satire auf die Zagreber Gesellschaft, in der sich Mafiosi und Kleinkriminelle, korrupte Staatsdiener und ebensolche Journalisten, Nationalisten und Defätisten die Klinke in die Hand geben.
Dabei ist genau zu unterscheiden zwischen denjenigen, die im Krieg "sehr gut zurechtgekommen sind" und jetzt Villen und große Autos besitzen und halbseidene Geschäfte betreiben, und den anderen, die "nicht so gut" zurechtgekommen sind und deshalb nun an Straßenecken Kreuzworträtsel verkaufen. Mit Ersteren kennt der Autor Edo Popovic keine Gnade; den Gestrauchelten jedoch räumt er eine zweite Chance ein.
Da ist zum Beispiel Mladen Folo, der Leiter und einzige Mitarbeiter der dubiosen Abteilung "Kulturterrorismus" bei der Polizei. Zwar hat der studierte Literaturwissenschaftler den Anschlag auf den ohnehin nicht guten Ruf Boris Elazars zu verantworten, andererseits wird sich Folo im Laufe der Handlung als Robin Hood im Kampf gegen die bösen Bosse bewähren. Ein anderer Fall ist der Dinamo-Zagreb-Fan Niko. Für hundert Euro Handgeld sollte er einen Homosexuellen verprügeln, schlug ihn aber "aus Versehen" tot und empfindet nun tiefe Reue. Schlecht geht sein Wunsch nach Besserung für den Polizeispitzel Funtak, genannt "Märzhase", aus. Er läutert sich zum Retter ukrainischer Zwangsprostituierter, wofür die Mafia ihn umbringt.
In seinem unverwechselbar lässigen Erzählton teilt Edo Popovic mit Witz und Tücke kräftig nach allen Seiten aus. Besonders auf sogenannte Patrioten und frei herumlaufende Kriegsverbrecher hat er es abgesehen, wie die Bemerkung über den "kroatischen Krimi" zeigt, der eine besondere Gattung sei: "... hundertprozentig sauber und hundertprozentig kroatisch, ohne diese idiotischen Komplikationen und Unklarheiten ..., als hätte das kroatische Gehirn nichts Klügeres zu tun, als sich mit der Frage zu beschäftigen, wer wen abgemurkst hat und warum".
JUDITH LEISTER
Edo Popovic: "Die Spieler". Roman. Aus dem Kroatischen von Alida Bremer. Verlag Voland & Quist, Dresden und Leipzig 2009. 288 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zagreb-Satire: "Die Spieler" von Edo Popovic
So kann man auch zu Ruhm kommen - in Kroatien und darüber hinaus. Ausgerechnet der jüdische Schriftsteller Boris Elazar wird von der Polizei als Islamist angeschwärzt, weil die kroatische Regierung ihr Ansehen im internationalen Kampf gegen den Terror stärken will. Elazars Konterfei erscheint auf den Titelseiten der Zeitungen, neben den Lettern "Al Qaida". Doch die Sache nimmt eine überraschende Wendung. Für seinen Roman "Ramada Hotel" erhält der plötzlich in der ganzen Welt bekannte Mann einen Zweihunderttausend-Dollar-Vertrag - "aus Amerika".
Es ist nicht alles todernst zu nehmen in "Die Spieler", dem Roman des kroatischen Publikumslieblings Edo Popovic, der 1957 in Livno zur Welt kam und hier offen mit dem Krimigenre liebäugelt. Der manische Trinker und Raucher Elazar ("Boris gibt gern damit an, dass er es als persönliche Niederlage empfinden würde, nicht an Lungenkrebs zu sterben") ist nur eine von mehreren abgestürzten Gestalten in der Satire auf die Zagreber Gesellschaft, in der sich Mafiosi und Kleinkriminelle, korrupte Staatsdiener und ebensolche Journalisten, Nationalisten und Defätisten die Klinke in die Hand geben.
Dabei ist genau zu unterscheiden zwischen denjenigen, die im Krieg "sehr gut zurechtgekommen sind" und jetzt Villen und große Autos besitzen und halbseidene Geschäfte betreiben, und den anderen, die "nicht so gut" zurechtgekommen sind und deshalb nun an Straßenecken Kreuzworträtsel verkaufen. Mit Ersteren kennt der Autor Edo Popovic keine Gnade; den Gestrauchelten jedoch räumt er eine zweite Chance ein.
Da ist zum Beispiel Mladen Folo, der Leiter und einzige Mitarbeiter der dubiosen Abteilung "Kulturterrorismus" bei der Polizei. Zwar hat der studierte Literaturwissenschaftler den Anschlag auf den ohnehin nicht guten Ruf Boris Elazars zu verantworten, andererseits wird sich Folo im Laufe der Handlung als Robin Hood im Kampf gegen die bösen Bosse bewähren. Ein anderer Fall ist der Dinamo-Zagreb-Fan Niko. Für hundert Euro Handgeld sollte er einen Homosexuellen verprügeln, schlug ihn aber "aus Versehen" tot und empfindet nun tiefe Reue. Schlecht geht sein Wunsch nach Besserung für den Polizeispitzel Funtak, genannt "Märzhase", aus. Er läutert sich zum Retter ukrainischer Zwangsprostituierter, wofür die Mafia ihn umbringt.
In seinem unverwechselbar lässigen Erzählton teilt Edo Popovic mit Witz und Tücke kräftig nach allen Seiten aus. Besonders auf sogenannte Patrioten und frei herumlaufende Kriegsverbrecher hat er es abgesehen, wie die Bemerkung über den "kroatischen Krimi" zeigt, der eine besondere Gattung sei: "... hundertprozentig sauber und hundertprozentig kroatisch, ohne diese idiotischen Komplikationen und Unklarheiten ..., als hätte das kroatische Gehirn nichts Klügeres zu tun, als sich mit der Frage zu beschäftigen, wer wen abgemurkst hat und warum".
JUDITH LEISTER
Edo Popovic: "Die Spieler". Roman. Aus dem Kroatischen von Alida Bremer. Verlag Voland & Quist, Dresden und Leipzig 2009. 288 S., geb., 19,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Nicht alles todernst nehmen in diesem Roman, rät Judith Leister uns. Dabei spielt der Tod durchaus eine Rolle, wenn der kroatische Erfolgsautor Edo Popovic für seine Satire auf die Zagreber Gesellschaft mit dem Krimigenre "liebäugelt" und seinen Text mit Mafiosi, Kleinkriminellen, korrupten Politikern und Journalisten bevölkert. Dass es der Autor an Witz und einer gewissen Lässigkeit im Ton nicht mangeln lässt, daran lässt Leister allerdings auch keinen Zweifel. Und wo die Sympathien des Autors liegen, weiß Leister nach der Lektüre auch ganz genau: Nicht bei den Absahnern des Krieges. Bei den Gefallenen, die bei Popovic eine zweite Chance bekommen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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