Seit sich die Theorie der Bildgeschichten angenommen hat, schlägt sie sich mit müßigen Fragen herum: Sind Comics Kunst? Sind sie vielleicht doch eher Literatur? Oder ganz einfach Trash? Doch ein zwielichtiges Phänomen wie der Comic entzieht sich nicht nur jedem Ab- und Aufwertungsversuch, sondern auch dem Bemühen, es 'auf den Punkt' zu bringen, in ein System zu pressen, sei dies nun hoch- oder popkulturell. Comics, argumentiert Ole Frahm, lassen sich nur verstehen, wenn man die ihnen eigene parodistische Ästhetik in den Blick nimmt - eine Ästhetik, die die rassistischen, sexistischen und klassenbedingten Stereotypien des 20. Jahrhunderts zugleich reproduziert und reflektiert (so etwa den Antisemitismus in Hergés Tim und Struppi). Eine Ästhetik aber auch, die sich auf jeden Fall in Anschlag bringen ließe gegen die nicht nur in Deutschland bis heute favorisierten Vorstellungen eines Gesamtkunstwerkes, gegen die immer wieder geäußerte Angst vor der Bilderflut und nicht zuletzt gegenein verkürztes Massenkulturverständnis. Indem er die Provokationen des Phänomens Comic ebenso ernst nimmt wie ihre politischen Implikationen, gelingt Frahm schließlich das scheinbar Unmögliche: Er liefert eine Ästhetik des Comics.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Mit Adorno den Comic verstehen, das gefällt Christoph Haas. Zumal, wenn der Autor seine hoch gesteckten Ziele auch erreicht. Bei Ole Frahm lernt der Kritiker das Spezifische am Comic, sein ästhetisches Strukturmerkmal kennen: die Parodie. Frahm exemplifiziert es ihm an "Krazy Kat" oder besonders trefflich, wie Haas findet, am Antisemitismus im Werk Herges. Dies alles möglichst dicht und pointiert-essayistisch (Adorno!) und ohne Wiederholungen präsentiert zu bekommen, theoretisch fundiert und präzis in der Argumentation, gern auch mal etwas kryptisch, das lobt sich der Rezensent. Nur für die Abbildungen benötigt er eine Lupe, das ist doch schade.
© Perlentaucher Medien GmbH
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