Die(ses Buch) spürst du ... Garantiert!
Was das Cover und der Titel nicht geschafft haben, hat der Inhalt zwischen den Buchdeckeln dafür umso mehr - diese Geschichte hat mich schon auf der ersten Seite erfasst, in den Bann gezogen und nicht mehr losgelassen ...
Da ist zum einen natürlich die
Story selbst, die tief berührt:
Es fängt ganz unverfänglich mit dem Beginn des Toskana-Urlaubs…mehrDie(ses Buch) spürst du ... Garantiert!
Was das Cover und der Titel nicht geschafft haben, hat der Inhalt zwischen den Buchdeckeln dafür umso mehr - diese Geschichte hat mich schon auf der ersten Seite erfasst, in den Bann gezogen und nicht mehr losgelassen ...
Da ist zum einen natürlich die Story selbst, die tief berührt:
Es fängt ganz unverfänglich mit dem Beginn des Toskana-Urlaubs zweier gut situierter österreichischer Familien an, die sich auf ein paar entspannte Tage unter südlicher Sonne freuen. Zum einen Familie Strobl-Marinek: Mutter Elisa, eine wohl bekannte Politikerin und ihrem besserwisserischen Mann Oskar sowie der 14-jährigen Sophie-Luise und der 9-jährigen Lotte. Sophie-Luise hat durchgesetzt, ihre Schulkameradin Aayana, ein somalisches Mädchen, mitzunehmen, was ihre Mutter nach diversen Widerständen schließlich möglich macht. Das befreundete Ehepaar Melanie und Engelhart Binder und ihrem 9-jährigen Sohn Benjamin, erfolgreiche Winzer, sind ebenfalls mit von der Partie. Kurzum: aus dem entspannten Urlaub wird nichts, denn schon am ersten Abend kommt es zur Katastrophe.
Das Unglück selbst nimmt nur einen kleinen Teil der Geschichte ein, stattdessen geht es darum, was es bei den einzelnen Familienmitgliedern auslöst und wie sie damit umgehen und zurechtkommen. Dabei liegt der Fokus auf Elisa und ihrer Tochter Sophie-Luise. Während Elisa anfangs sehr darum bemüht ist, ihre außereheliche Liebesgeschichte zu verkraften und ansonsten das Unglück aus ihrer politischen Karriere herauszuhalten - was dank der sensationslüsternen Medien und deren oft nicht minder sensationslüsternen Leserschaft natürlich NICHT gelingt - merkt sie zu spät, dass ihre ansonsten als so patent und pflichtbewusst bekannte große Tochter Sophie-Luise in die Drogensucht abrutscht, weil sie sich komplett allein gelassen fühlt und seit dem Unglück von ihren Mitschülern ausgegrenzt und übel gemobbt wird. Sie findet Gehör im Internet, wo sie einen Jungen namens Pierre kennenlernt - doch Pierre ist nicht der, für den sie ihn hält und so ist das nächste Drama vorprogrammiert.
Dann ist da doch das Gewissen von Melanie Binder, die es nicht fassen kann, dass ihre Freundin Elisa aus Angst vor dem politischen Untergang nicht die ganze Wahrheit über das Unglück sagt und stattdessen vor Gericht deren "Schuld" auf sich selbst nimmt, um mit ihrem Gewissen weiterleben zu können.
Unweigerlich kommt im Verlauf des Buches die Frage auf, was eigentlich mit der Familie von Aayana ist und wie diese mit dem Verlust zurechtkommen. Nun, der Autor hat sich das bewusst bis zum Schluss aufgehoben und das nicht ohne Grund, denn deren Schicksal geht wirklich unter die Haut und berührt zutiefst. Ja, es ist die Geschichte einer fiktiven Familie, aber in der Realität passieren unsagbare Dinge wie diese täglich unzähligen Flüchtlingsfamilien und es wird kaum noch wahrgenommen. Deren Anwalt bringt es im Buch auf den Punkt, denn eigentlich ging es nicht nur um die große Frage "Was ist ein Menschenleben wert bzw. was kostet ein Leben?" sondern er gibt den Flüchtlingsfamilien eine Stimme, gehört zu werden: "Anders ist es bei denen da. Die sind zwar auch unter uns, aber nun scheinbar mitten unter uns. Sie sind unter uns in einem anderen Sinne: Sie sind darunter. Unter unserer Wahrnehmung. Unter unserem Interesse. Ihre Geschichte will hier keiner hören..."
Mich hat nicht nur die Geschichte selbst mitgerissen, sondern wieder einmal ist es der einmalige Schreibstil von Glattauer. Seine Gabe, mit Worten umzugehen und dabei zielsicher ins Schwarze zu treffen, fasziniert und begeistert mich total!
Sein Stilmix aus verschiedenen Elementen gibt dem Buch die besondere Würze: mal liest es sich wie ein Drehbuch mit wechselnden Dialogen und Blickrichtungen, dazwischen Pressetexte und Bekanntgaben incl. diverser Postings von Lesern, die von verständnisvoll über hämisch bis absolut menschenverachtend reichen - ein guter Querschnitt dessen, was täglich im Netz zu lesen ist. Zudem Plädoyers vor Gericht und diverse Interviews. Der Umfang von knapp 300 Seiten ist eigentlich zu wenig, um allen Facetten wirklich gerecht zu werden. Hier hätte es noch mindestens 100 Seiten benötigt, um noch mehr Tiefe zu erreichen. Dennoch:
Alles in allem ist es eine stimmige Geschichte, die einen als Leser nicht kalt lassen kann. Ich fand die Protagonisten so authentisch, dass ich das Buch mit Wehmut zu Ende gelesen habe, weil ich so gerne wissen würde, wie es mit So-Lu und ihrer Familie und natürlich Aayanas Familie und den Binders weitergeht.
Fazit:
Diese Geschichte geht unter die Haut und bleibt dort auch noch lange. Es ist nicht nur die Story selbst, auch die Schreibkunst von Daniel Glattauer ist ein wahrer Genuss.
Absolute Leseempfehlung!!!