Die in der Bibel überlieferten Evangelien scheinen auf älteren Traditionen zu beruhen. Diese sind allerdings nirgends greifbar. Es gibt aber Auffälligkeiten, die in ihrer Zusammenschau den Blick auf eine vormarkinische Schrift eröffnen. Im Markusevangelium ist das Gleichnis von den Winzern so überarbeitet, dass eine Trennlinie neu zwischen jüdischen Autoritäten und christlichen Märtyrern verläuft oder ein letztes Mahl scheint nachträglich zu einem neuen Paschamahl stilisiert worden zu sein. Dies ist offenbar eine Reaktion auf die Trennung der Kirche vom Judentum. Die Doppelung der Brotvermehrung u.a. weist auf eine Vereinigung von Traditionen der Hebräer und Hellenisten in diesem Zusammenhang hin. Auffallend ist auch die prominente Stellung, die Johannes der Täufer in den Evangelien einnimmt, obwohl er sich selber nicht als Vorläufer Jesu verstanden haben dürfte. Die Vorgeschichte des Lukas, in der Jesus an seinem Zeitgenossen gemessen wird, entstammt wohl einer älteren, von Markus gekürzten Tradition. Sie erweist sich mit ihrem streng parallelisierten Aufbau in Bezug auf Johannes und Jesus als Schlüssel zur stimmigen Teilrekonstruktion eines Urevangeliums.