„Die Stadt der Tränen“ von Kate Mosse ist der zweite Band einer Serie rund um die französischen Hugenottenkriege und somit die Fortsetzung zu „Die brennenden Kammern“. Minou und Piet sind, nach anstrengendem Kampf in Band 1, mittlerweile mit ihrer Familie, die mit Marta und Jean-Jaques Zuwachs
bekommen hat, in Puivert als Adel und Burgherren seit zehn Jahren fest etabliert. Als solche werden sie…mehr„Die Stadt der Tränen“ von Kate Mosse ist der zweite Band einer Serie rund um die französischen Hugenottenkriege und somit die Fortsetzung zu „Die brennenden Kammern“. Minou und Piet sind, nach anstrengendem Kampf in Band 1, mittlerweile mit ihrer Familie, die mit Marta und Jean-Jaques Zuwachs bekommen hat, in Puivert als Adel und Burgherren seit zehn Jahren fest etabliert. Als solche werden sie zusammen mit Minous inzwischen erwachsenen Geschwistern Alis und Aimeric zur Hochzeit des protestantischen Königs Heinrich III. von Navarra mit der katholischen Margarete von Valois nach Paris eingeladen. Bereits im Vorfeld vor der Vermählung wird Vidal, der sich inzwischen einerseits zum intriganten Kardinal und andererseits zum absoluten Todfeind von Minou und Piet entwickelt hat, dafür sorgen, dass nicht alle Familienmitglieder nach Paris reisen können.
In Paris angekommen wohnt der Leser zusammen mit Minou und ihrer Familie dieser historischen Hochzeit bei, ehe die Familie dann in der darauf folgenden Bartholomäusnacht auseinander gesprengt wird und die einzelnen Familienmitglieder recht unterschiedliche Schicksale im Verlauf des Romans erleiden.
Wie etabliert im Genre des historischen Romans, werden geschichtliche Ereignisse mit einer fiktiven Rahmenhandlung, die vor der geschichtlichen Kulisse spielt verwoben. In „Die Stadt der Tränen“ stellt Kate Mosse allerdings, wie bereits im Vorgängerband, das Schicksal der Familie Joubert-Reydon eindeutig vor die tatsächliche historische Komponente. Die sogenannte Bluthochzeit wird auf nur wenigen Seiten abgehandelt und auch die Geschehnisse um die Bartholomäusnacht geraten deutlich zu knapp, der Königshof und wichtige historische Personen bleiben weitestgehend außen vor, die einzelnen Hugenottenkriege werden manchmal in nur einem Satz erwähnt. Ähnlich verhält es sich mit den Auseinandersetzungen der Niederländer um Willem I. van Oranje mit den Habsburgern. Obwohl die Familie Joubert-Reydon aus religiösen Gründen nach Amsterdam umsiedeln muss und große Teile des Buchs in den Niederlanden spielen, bleiben diese Punkte größtenteils unerwähnt – folgerichtig wird auch die Ermordung von Willem I. in einem Nebensatz abgehakt.
Für Anhänger des historischen Romans, die vorzugsweise Geschichte aufarbeiten wollen und betont die historische Komponente im Vordergrund sehen möchten, kann ich diesen Roman nur bedingt empfehlen. Leider geraten in diesem Zusammenhang auch die von Kate Moss entwickelten Charaktere ein wenig zu modern für die damalige Zeit, wodurch der Leser auch nicht allzu viel über das Leben der Menschen in dieser Epoche erfährt.
Haben wir nun also einen schlechten Roman vor uns? - Keineswegs. All jenen, die einen spannenden, unterhaltsamen, emotionsgeladenen, abwechslungs- und temporeichen Roman mit hier und da eingestreuten geschichtlichen Ereignissen bevorzugen, kann ich diesen Roman nur ans Herz legen. Da liegt meines Erachtens auch die große Stärke des Schreibstils von Kate Moss. Sehr flüssig und sehr bildhaft ruft sie in der ihr unverkennbaren Art die einzelnen, wirklich starken Charaktere ins und aus dem Leben und schildert in einer für jedermann begreifbaren Sprache eine emotional ergreifende Familiengeschichte, deren Mitgliedern teils auch harte Schicksalsschläge widerfahren. Sehr geschickt nimmt sie den Leser an die Hand und führt ihn an eine zunächst nahezu immer deutlicher vorhersehbare Handlung heran bis dann urplötzlich eine völlig unerwartete und nicht vorhersagbare Wendung eintritt, wodurch sich die gleichen starken Emotionen der Protagonisten des Romans beim Leser widerspiegeln. Zur Verstärkung der emotionalen Hilflosigkeit der Protagonisten greift sie eindrucksvoll darüber hinaus auf das Stilmittel von Zeitsprüngen (um einige Jahre) zurück, wodurch der Leser staunend, teils sogar schockiert, die Hilflosigkeit der Protagonisten reflektiert und gewissermaßen am eigenen Leib zu verspüren vermag.