"Verehrte Anwesende! Ich habe gesagt, daß ich den Juden, an sich und objektiv betrachtet, für ein wertvolles Individuum halte und ich bleibe dabei. Aber ist nicht auch der Rosenkäfer mit seinen schimmernden Flügeln ein an sich schönes, wertvolles Geschöpf und wird er von dem sorgsamen Gärtner nicht trotzdem vertilgt, weil ihm die Rose näher steht als der Käfer? (...) Von diesem und nur von diesem Standpunkt kann bei uns die Judenfrage betrachtet werden. Entweder wir oder die Juden!" Als der österreichischen Schriftsteller Hugo Bettauer (1872-1925) seinen Roman "Stadt ohne Juden" 1922 veröffentlichte, ahnte er nicht, dass aus der Satire bald bitterer Ernst werden würde. Bettauer wandte sich mit diesem Roman sowie seinen journalistischen Texten immer wieder gegen den aufkommenden Rassismus und die sexuelle Doppelmoral seiner Zeitgenossen und zählte zu den umstrittensten, zugleich aber auch meistgelesenen Schrifstellern seiner Zeit. Nach einer wochenlangen Medienkampage wurde Bettauer am 25. März 1925 in seiner Redaktion ermordet. Der Täter, ein ehemaliges NSDAP-Mitglied, wurde bereits nach einem 18monatigen Psychatrieaufenthalt wieder entlassen. Die Themen Bettauers sind stets aktuell geblieben. "Die Stadt ohne Juden" ist sein bis heute meistgelesener Roman. Hugo Bettauer. Die Stadt ohne Juden. Ein Roman von Übermorgen. Erstdruck: Gloriette-Verlag, Wien 1922. Vollständige Neuausgabe, Göttingen 2019. LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag
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