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In einem schmuddligen Provinztheater verliebt sich die Regieassistentin Tanja Merz in den zwanzig Jahre älteren Dirigenten Edgar, einen charismatischen Holländer. Über Nacht verläßt sie das Theater und zieht in das Reihenhaus des Dirigenten ein. Tanja wird schwanger. Schockiert von der Frühgeburt ihrer Tochter nimmt sie den ärztlichen Rat, penibel auf Sauberkeit zu achten, todernst. Während Edgar von Orchester zu Orchester durch die Welt jettet und das Baby im Brutkasten um sein Leben ringt, fängt Tanja an, gegen den Schmutz zu kämpfen. Endlich darf die junge Mutter das Kind ins keimfreie Haus…mehr

Produktbeschreibung
In einem schmuddligen Provinztheater verliebt sich die Regieassistentin Tanja Merz in den zwanzig Jahre älteren Dirigenten Edgar, einen charismatischen Holländer. Über Nacht verläßt sie das Theater und zieht in das Reihenhaus des Dirigenten ein. Tanja wird schwanger. Schockiert von der Frühgeburt ihrer Tochter nimmt sie den ärztlichen Rat, penibel auf Sauberkeit zu achten, todernst. Während Edgar von Orchester zu Orchester durch die Welt jettet und das Baby im Brutkasten um sein Leben ringt, fängt Tanja an, gegen den Schmutz zu kämpfen. Endlich darf die junge Mutter das Kind ins keimfreie Haus holen. Auch Edgar kehrt heim. Die Familie ist komplett. Das Desaster nimmt seinen Lauf. Aller Erwartung zum Trotz hat Katja Oskamps temporeicher und witzig erzählter Eheroman ein ziemlich scharfes Happy End.
Autorenporträt
Katja Oskamp, geboren 1970 in Leipzig, aufgewachsen in Berlin, studierte Theaterwissenschaften und Germanistik, war Dramaturgin am Volkstheater in Rostock. Sie lebt heute mit ihrer Tochter in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2007

Unser Reihenendhaus soll schöner werden
Absurdes Ehetheater: In ihrem Roman räumt Katja Oskamp auf

Von Friedmar Apel

In Katja Oskamps Erzählungen "Halbschwimmer" (2003) hatte der Leser Tanja Merz kennen- und lieben gelernt, die Tochter eines Offiziers der Volksarmee mit Neigung zu älteren Männern und zum Abenteuer. In ihrem Blick für das Detail verwandelte sich der Alltag in der Spätphase der DDR in eine nicht ohne Nostalgie dargestellte Groteske.

Wie es Tanja seither ergangen ist, beschreibt der erste Roman der 1970 in Leipzig geborenen Autorin. Als Regieassistentin an einem Provinztheater im Osten lernt sie Edgar, einen holländischen Dirigenten kennen, zwanzig Jahre älter, sehr kultiviert, vor allem ein guter Koch. Hals über Kopf verlässt sie das schäbige Theater und ihre versoffene Regisseursfreundin Anita und zieht in Edgars Reihenendhaus auf dem Lande. In der Zeit der ersten Verliebtheit wird viel und gut gegessen und getrunken, und es werden im Schein von dreißig Kerzen Geschichten erzählt, die nicht zueinander passen wollen. Dann wird Tanja schwanger, und die Katastrophe nimmt ihren Lauf.

Der Roman beginnt aber mit einem dramaturgisch geschickten Rückblick auf ein etwas ekliges Requisit, einen wahrhaft anrüchigen Liebeszettel, eine Keimzelle im doppelten Wortsinn. Hier zeigt sich bereits Katja Oskamps Fähigkeit der mehrfachen Motivierung des Details in einem Stil, der Humor und Beklemmung wie mühelos vereint. Paula ist ein Frühchen, 31. Woche, und Tanja fürchtet nun etwas, was in der DDR bekanntlich nicht selten vorkam: "Ausschuss ist das, haben die sich gedacht, und ab damit in die Tonne." Ihren Verdacht aber will sie listig mit der Frage erhärten, ob ihre Tochter ein Segelohr hat.

Hat sie nicht, und sie lebt, im Brutkasten zunächst. Als sie nach Hause ins Reihenendhaus darf, wird Tanja wie üblich geraten, auf Sauberkeit zu achten. Das tut die junge Mutter zunehmend eifrig, rasant verwandelt sich ihre Sorgfalt in eine Putzneurose. Unterdessen integriert sie sich in Auflehnung gegen den weltläufigen Kindsvater als Protokollführerin des Heimatvereins ins Dorfleben. "Hier, wo sie billigen Rotwein saufen und Kadett fahren, wo sie André Rieu nicht von Giuseppe Verdi unterscheiden können, wo der Bauer nicht frisst, was er nicht kennt, hier wird jeder Überflieger kleingehackt, jede wahre Leistung ins Mittelmaß hinabgerissen, jedes Fünfsternemenü mit literweise Ketchup übergossen."

So verwandelt sich der vormals bewunderte Ehemann in einen widerwärtigen Fleischklops, der nichts als Dreck macht. Tanja baut ihm ein Gewächshaus, als Riesenbaby im eigenen Brutkasten züchtet er Kamelien und kommt nur zum Essen und Schlafen ins Haus. Tanja aber putzt. Immer mikroskopischer wird ihr Blick für bakterielle Verseuchung. Das wird gelegentlich karikaturistisch überzeichnet, dennoch gelingt Katja Oskamp eine subtile doppelte Perspektivierung des Ehedramas, das auch die Verständnisschwierigkeiten zwischen Ost und West thematisiert: "Weißt du eigentlich, mein Lieber, dass ich der Anführer aller Ossis bin?" Der angeekelte Blick auf den fettbäuchigen Holländer spiegelt sich in der Selbstwahrnehmung der Zwangsneurotikerin. "Dein aktueller Feind heißt Tanja Merz, wird bald dreißig, wiegt achtzig Kilo und benimmt sich wie ein Vollinvalide."

Katja Oskamps erster Roman liest sich gelegentlich wie ein Reflex auf Sartres "Der Ekel", nur viel kurzweiliger. Nicht zuletzt deshalb, weil noch in den Absurditäten der Szenen einer ostwestlichen Liebesbeziehung eine Spannung von Erfahrung, Leidenschaft, ja Hass und deren Bewältigung im Humor zu spüren ist. Wie sich Tanja mit tätiger Hilfe eines Fensterputzers mit DDR-Odium aus ihrer Schmutzneurose befreit, wird mehr als drastisch, gewissermaßen eindringlich dargestellt und doch zugleich kunstvoll mit der Vorgeschichte verwoben. Die Kunstfertigkeit im nur scheinbar unbekümmerten erinnernden Schreiben, die Katja Oskamp schon in den Erzählungen gezeigt hatte, kommt in der dramaturgisch geschickten Komposition des Romans noch besser zur Geltung. Ihr gelegentlich etwas überdrehter Witz, dem nichts fies ist, vergnügt den Leser bis hin zum hübschen Schlusseffekt und lässt ihn dennoch nicht die Schmerzen vergessen, die Tanja Merz und ihre Autorin zweifellos nur zu gut kennen.

- Katja Oskamp: "Die Staubfängerin". Roman. Ammann Verlag, Zürich 2007. 224 S., geb., 17,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Tanja Merz, die Heldin von Katja Oskamps erstem Roman, kennt man schon aus dem Erzählungsband "Halbschwimmer". Nun erfährt man, so der Rezensent Friedmar Apel, was ihr danach geschah. Gut ist es nicht, auch wenn es erst einmal so aussieht. Sie verliebt sich, sie heiratet den holländischen Dirigenten Edgar. Tanja wird schwanger, die Ehe zur Hölle. Edgar isst gern, gut, vor allem viel und wird darüber, so Apel, zum "Fleischklops". Tanja Merz dagegen entwickelt einen heftigen Sauberkeitsfimmel und jagt unermüdlich Krankheitserreger im heimischen Haus. Der Rezensent fühlt sich von dem Roman an Sartres "Der Ekel" erinnert, findet ihn aber entschieden "kurzweiliger". Um das Verhältnis der Ossi zum Westler geht es, an deftiger Komik wird nicht gespart. Und überm Spaß, den man hat, wird man, meint Apel, den "Schmerz", der allem zugrundeliegt, doch nicht vergessen.

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