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"Wenn Du Blätter siehst, die laufen / sagte der Sohn des Metzgers / sind es schnelle Ameisen". In seinem neuen Gedichtband verlässt Björn Kuhligk die Großstadt und wendet sich der Natur zu. Selbstverständlich schreibt dieser für seine bewussten Stilbrüche und funkensprühenden Kurzschlüsse bekannte Dichter keine ungebrochene Naturlyrik, doch gestattet er sich hier einen ganz gelassenen und berührenden Ton: "Ich stand im Sand, sah / auf die Linie und telefonierte zwei, drei Möwen nach / ich war komplett". Während Björn Kuhligk die Position des Menschen auf diesem Planeten auslotet, bleibt er wunderbar plastisch und erzählt auf engstem Raum Geschichten.…mehr

Produktbeschreibung
"Wenn Du Blätter siehst, die laufen / sagte der Sohn des Metzgers / sind es schnelle Ameisen". In seinem neuen Gedichtband verlässt Björn Kuhligk die Großstadt und wendet sich der Natur zu. Selbstverständlich schreibt dieser für seine bewussten Stilbrüche und funkensprühenden Kurzschlüsse bekannte Dichter keine ungebrochene Naturlyrik, doch gestattet er sich hier einen ganz gelassenen und berührenden Ton: "Ich stand im Sand, sah / auf die Linie und telefonierte zwei, drei Möwen nach / ich war komplett". Während Björn Kuhligk die Position des Menschen auf diesem Planeten auslotet, bleibt er wunderbar plastisch und erzählt auf engstem Raum Geschichten.
Autorenporträt
Björn Kuhligk wurde 1975 in Berlin geboren, wo er als Buchhändler arbeitete. Nach 'Es gibt hier keine Küstenstraßen' (2001), 'Am Ende kommen Touristen' (2002), 'Großes Kino' (2005) und 'Von der Oberfläche der Erde' (2009) erschienen bei Hanser Berlin 2013 der Gedichtband Die Stille zwischen null und eins, 2016 Die Sprache von Gibraltar und zuletzt 2023 An einem Morgen im März. Derzeit studiert er an der Ostkreuzschule für Fotografie.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Fasziniert folgt Rezensentin Peggy Neidel dem gefeierten Lyriker Björn Kuhlig weg aus seinem angestammten Gebiet der Berliner Cafés hinaus in die Natur, wo der Lyriker allerdings nicht auf die Dinge in ihrer Ursprünglichkeit stößt, sondern allein auf den menschlich verstellten Blick darauf, wie die Rezensentin mit großem Interessse und einiger Beklemmung beobachtet. Sehr heutig sei dieser lyrische Modus, der auf große Gesten zugunsten eines kühlen, gebrochenen Ton verzichte und nach den verbliebenen Möglichkeiten von Lyrik frage. Dabei entsteht, so Neidel, eine Naturlyrik ohne Romantik und Gemütlichkeit - vielmehr scheint es Kuhligh in der Lesart der Rezensentin geradezu ein Bedürfnis zu sein, sich Raum jenseits des wohligen Kaminfeuers zu verschaffen: Seine Gedichte sind bei aller Ironie "unverstellt, zuweilen schroff und verzweifelt", konstatiert sie.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.02.2013

Weltzwischenräume
Björn Kuhligks Gedichte stehen im binären System

Es lohnt sich, die vielschichtigen Bedeutungen aufzufächern, die im Titel des nunmehr fünften Bandes von Björn Kuhligk, 1975 geboren und heute in Berlin lebend, mitschwingen. Auf diese Weise lassen sich die Prämissen der darin versammelten Gedichte genauer fassen. "Die Stille zwischen null und eins" verweist auf das binäre System, auf dem die Computertechnologie basiert, auf die Präsenz des Digitalen in unserem Leben. Folgerichtig wirkt es da, wenn eines der Gedichte im Band unter der Überschrift "Im abgesicherten Modus" steht. Der Siegeszug der Computertechnik hat sich längst in der Sprache niedergeschlagen, auch Einzug in die Lyrik gehalten.

Doch Kuhligks Titel zielt ja auf die Stille zwischen null und eins und damit auf all das, was nicht digitalisierbar, nicht im Modus des Technischen zu erfassen ist: die Unverfügbarkeit des individuellen sprachlichen Ausdrucks, der nicht in Formeln aufgeht, nicht in Zahlen codierbar ist. Zudem definiert der bildkräftige Titel des insgesamt 56 Gedichte umfassenden Bandes ein Schreibverständnis, das vermittels eines aufs Nötigste beschränkten Materials eine ganze Welt zu erschaffen vermag, in der das sprechende Ich, um es mit einem Buchtitel Peter Handkes zu sagen, "von den Zwischenräumen lebt". In Kuhligks "Ideologien, meine Herren", das in der dritten von vier Abteilungen zu finden ist, wird man schließlich dem Bandtitel in Form zweier Verszeilen in anderem Kontext wiederbegegnen: "jetzt wird die Stille zwischen / null und eins geschlossen" heißt es in diesem surreal anmutenden Gedicht, in dem "Baumaschinen zwitschern", in dem man im Aquarium "den Koi streichelt".

In der Tiefe dieses sprachlichen Raums haben viele urbane, neuerdings aber auch ländliche Orte ihren Platz: Außer nach Istanbul, Bukarest, Paris reist das lyrische Ich nun auch nach Spiekeroog oder ins Heimatdorf. Manche der Gedichte setzen sich aus wenigen, semantisch aufgeladenen Versen zusammen, manche erzählen auf engstem Raum eine lange Geschichte, so etwa in dem dreiteiligen Fischfanggedicht "Der Himmel, die Angst, das Meer", in dem von fern auch die ganze Wucht von Melvilles "Moby Dick" mit aufscheint.

Obwohl sie sich bisweilen weit ins Private und in die Zurückgezogenheit hineinbegeben, etwa wenn das lyrische Ich als den Kinderwagen schiebender oder am Krankenbett sitzender Familienvater oder in der Natur unterwegs zu sehen ist, wettern die Gedichte gegen konventionelle Bilder, gegen falsches dichterisches Pathos: "er schreibt eine Strophe, die nach Rosen stinkt". Die 56 Gedichte dieses Bandes haben nichts Parfümiertes, sich dagegen das Rebellische bewahrt, das einem bereits aus den vorangegangenen Bänden des Autors wohlvertraut ist. Man vernimmt und spürt Rebellion auch, wenn "Auf den Hügeln der Hochmut" stolz "eine gegen den Wind gerichtete Fahne" gehisst wird. Freiheits- und klarheitsliebend und sehr gegenwärtig geht es in den auf ihr Handwerkliches hin transparenten, vielschichtigen Gedichten zu. "Alles ist verständlich" lautet der letzte Vers dieses Bandes: absichtsvolle Worte, eine Einladung zum Lesen.

BEATE TRÖGER

Björn Kuhligk: "Die Stille zwischen null und eins". Gedichte.

Hanser Berlin Verlag, Berlin 2013. 80 S., geb., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Angriffslustig überrascht Kuhligk in seinem fünften Lyrikband mit Polyphonien, in denen eine bedrohliche Stille dröhnt." Dorothea von Törne, Der Tagesspiegel, 28.2.13

"Björn Kuhligks Gedichte sind nah dran am Geschehen, bescheiden und immer 'eine verdammte, präzise Flosse'. Das ist Lyrik ohne Kaminfeuer: unverstellt, zuweilen schroff und verzweifelt." Peggy Neidel, Die Tageszeitung, 09.03.13