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Mit "Love and Theft", Liebe und Klauen, dem Album von 2001, begann Bob Dylans Spätwerk. Die darauf und den dann folgenden Alben versammelten Songs deuten die Gegenwart nicht nur als apokalyptischen Totentanz, sondern brachten Dylan auch den Vorwurf des Plagiats ein: Waren die Texte nicht allesamt zusammengeklaut, montiert aus Versatzstücken, die er der amerikanischen Musiktradition und der Weltliteratur von Homer und Ovid über Shakespeare bis F. Scott Fitzgerald entnommen hatte, ohne auch nur ein einziges davon nachzuweisen? Was als Inspirationsmangel eines alternden Künstlers erscheinen…mehr

Produktbeschreibung
Mit "Love and Theft", Liebe und Klauen, dem Album von 2001, begann Bob Dylans Spätwerk. Die darauf und den dann folgenden Alben versammelten Songs deuten die Gegenwart nicht nur als apokalyptischen Totentanz, sondern brachten Dylan auch den Vorwurf des Plagiats ein: Waren die Texte nicht allesamt zusammengeklaut, montiert aus Versatzstücken, die er der amerikanischen Musiktradition und der Weltliteratur von Homer und Ovid über Shakespeare bis F. Scott Fitzgerald entnommen hatte, ohne auch nur ein einziges davon nachzuweisen? Was als Inspirationsmangel eines alternden Künstlers erscheinen könnte, bildet, wie der Literaturwissenschaftler und Dylan-Experte Heinrich Detering zeigt, das Kernstück einer zeitgenössischen, ungeheuer produktiven Poetik. Bei Dylan hat Ovid den Blues. Und der Blues hallt durch die Gewölbe der Antike, vernehmbar bis in die Gegenwart. Mit literarischem Einfühlungsvermögen und detektivischer Beobachtungsenergie führt Detering ins Zentrum von Bob Dylans einzigartiger Kunst, der wiederholt als Kandidat für den Literaturnobelpreis gehandelt wurde. Und er öffnet den Blick für die erstaunlichen schöpferischen Möglichkeiten einer Songpoesie, ja von Poesie generell im 21. Jahrhundert.
Autorenporträt
Heinrich Detering, geb. 1959, ist Professor für Neuere deutsche und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Göttingen und seit 2011 Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Der Literaturwissenschaftler, Übersetzer und Lyriker (zuletzt: Wundertiere, Göttingen 2015) ist vielfach ausgezeichnet worden, u. a. mit dem Leibniz-Preis der DFG. Zuletzt war er Fellow der Carl Friedrich von Siemens Stiftung in München. Seine langjährige Beschäftigung mit Bob Dylan fand ihren Niederschlag in der Monographie Bob Dylan (Stuttgart 2009).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Für Jens-Christian Rabe ist es so etwas wie "kulturelles Grauen", wenn sich ein renommierter Germanist wie Heinrich Detering plötzlich mit Bob Dylan befasst, und leider trügt ihn der erste Eindruck nur wenig, muss der Kritiker feststellen. Denn Deterings Buch, dass sich in fünf Kapiteln kleinstteilig vier Songs und einem Film widmet, liest sich mitunter wie "Fleißarbeit", die man sich allerdings mit Blick auf Online-Foren, die bereits jede literarische Anspielung in Dylans Werk hinlänglich offengelegt haben, hätte sparen können, ätzt der Kritiker. Dass der Autor etwa im "Tempest"-Album zahlreiche Shakespeare-Bezüge nachweist, nimmt der Rezensent achselzuckend zur Kenntnis. Dass Detering sich nie die Mühe macht, die betreffenden Passagen in seinen ewig langen unübersetzten Zitaten noch einmal für die Analyse hervorzuheben, ärgert den Kritiker dann doch.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.04.2016

Fleißige Fanwissenschaft
Heinrich Detering, Germanistik-Professor und Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, liest im Spätwerk
Bob Dylans – und fischt jede literarische Anspielung, die der Meister einst vergnügt darin versenkte, wieder heraus
VON JENS-CHRISTIAN RABE
Ein prominenter deutscher Germanistik-Professor aus Göttigen, der Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung gar hat ein Buch geschrieben über das Spätwerk Bob Dylans, über His Bobness also, den größten Folksänger der Popgeschichte, den ewigen Säulenheiligen der Gegenkultur der Sechziger. Für nicht wenige dürfte in diesem Satz das kulturelle Grauen schlechthin stecken. Was will denn bitte der über Dylan wissen?
  Heinrich Detering hat diese Reaktion geahnt, denn vorauseilende Absicherungen, Hinweise, Anbiederungen und Rechtfertigungen gibt es in seinem neuen Buch „Die Stimmen aus der Unterwelt – Bob Dylans Mysterienspiele“ allerhand: Es solle nun zwar vor allem um die literarische Seite von Dylans Songtexten gehen, so Detering, dessen Poesie sei aber natürlich nicht das, was man auf Papier lesen könne, sondern nur das, was man auf seinen Konzerten und seinen Alben zu hören bekomme: „Wer von Dylans Texten spricht, kann von seiner Musik nicht schweigen.“ Was das Akademische angehe, schreibt Detering weiter, sei es inzwischen allerdings nicht mehr so, dass man sich rechtfertigen müsse, wenn man sich mit einem Popkünstler wie Dylan befasse. Im Gegenteil: Fast müsse Dylan inzwischen gegen die Vereinnahmung der Intellektuellen verteidigt werden. Obwohl der Meister selbst sich wiederum eigentlich doch immer sehr für die Ergebnisse akademischer Forschung interessiert habe, so sie sich für seine Kunst ausschlachten ließen. Und überhaupt: „Bedürften amerikanische oder britische Forschungsinstitute für Klassische Philologie eines werbefähigen Beweises für die Aktualität ihrer Gegenstände, Dylans späte Songs lieferten nicht die schlechtesten Belege.“
  Aha, darum geht es also dann doch: Um den „werbefähigen“ Beweis für die Aktualität der Gegenstände der amerikanischen oder britischen Forschungsinstitute für Klassische Philologie, des literarischen Kanons. Und leider fangen damit die Probleme dieses Bandes schon an, dessen Ansatz für Pop-Exegesen eigentlich so ungewöhnlich wie vernünftig streng ist: Neben Einleitung und Vorwort gibt es fünf Kapitel, in deren Mittelpunkt vier Mal je ein Song steht und einmal ein Film: der eher unbekannte Spielfilm „Masked And Anonymous“ aus dem Jahr 2003 von Larry Charles, zu dem Dylan das Drehbuch und die Musik schrieb, und in dem er die Hauptrolle spielte. Die vier Songs, die Detering einem close reading unterzieht, sind der „Workingman’s Blues #2“ vom 2006 erschienenen 32. Studio-Album Dylans „Modern Times“, außerdem „Tempest“ und „Roll On John“ vom Album „Tempest“ (2012) sowie der Sinatra-Song „Stay With Me“ vom 2015 veröffentlichten „Tempest“-Nachfolger und 36. Studioalbum „Shadows In The Night“.
  Der Philologe beugt sich also mit aller, an der Gedichtanalyse geschulten, philologischen Akribie zum Beispiel über den Song „Tempest“. Formal bedeutet das zunächst lange, mitunter sehr lange unübersetzte englische Zitate, aus denen man sich in guter akademischer Tradition meist selbst das herausfischen muss, was in der laufenden Argumentation eine Rolle spielt. In einer Seminararbeit mag das noch ein Weg sein, in einem Buch für ein breiteres Publikum erscheint diese dramaturgische Strategie bald etwas arg skizzenhaft und der Autor damit ein wenig faul. Ein strengeres Lektorat hätte dem Buch hier womöglich nicht geschadet.
  Inhaltlich geht es Detering im „Tempest“-Kapitel zunächst um die Varianten, in denen in Dylan-Songs Shakespeare auftaucht. Das ist nicht uninteressant, führt am Ende aber nicht weiter als bis zu einem Schluss, der den Autor aus beruflichen Gründen in erster Linie selbst zu erleichtern scheint: Also wenn der Dylan den Shakespeare so verwendet, dann kann der ja gar nicht so verstaubt sein.
  Dann läuft eine längliche Analyse des Songs, dem – aufgepasst! – ja nicht nur das „The“ des Titels des Shakespeares’schen Stücks fehlt, sondern auch der Sturm selbst. Die Schiffskatastrophe bei Dylan ist schließlich der Untergang der Titanic, der bekanntlich ein Eisberg zum Verhängnis wurde. Vertrackt. Warum hat Dylan den Song dann trotzdem Sturm genannt? Hm. Wenn am Ende aber die entscheidende Entdeckung gemacht und geklärt ist, dass auch in Dylans wie in Shakespeares „Sturm“ der begründete Verdacht besteht, die Handlung könnte nur geträumt sein – dann ist zum Glück alles wieder in bester philologischer Ordnung.
  Und zarte Skepsis, nicht doch in einer Philologie-Parodie gelandet zu sein, umfängt einen erst wieder, wenn man ein paar Seiten später – in anderem Zusammenhang – Zeilen liest wie: „Acht vierzeilige, kreuzgereimte Strophen lang erinnert der Sprecher nun sich und seine toten Zuhörer an Szenen aus dem Leben dessen, der stets nur als ,John‘ angeredet wird, und an Zeilen aus einigen seiner Songs. (. . .) Die Worte ,move‘ und ,roll‘ spielen nicht nur auf diese Schlag- und Schlüsselworte des Rock ’n’ Roll an und auf das, was in den sechziger Jahren ,the movement‘ hieß.“ Und so weiter und so weiter.
  Es ist ein etwas verkniffenes Abarbeiten an einer Unterscheidung von High und Low, die vor allem das Problem des Autors zu sein scheint, der sich nicht vorstellen kann, dass dem Pop im Zweifel neue, eigene Weisheiten innewohnen. Womöglich sogar solche, die der Songschreiber nicht absichtlich darin versteckt hat.
  Und so wird hier die ehrwürdige Philologie zur fleißigen Fan-Wissenschaft, die jede Anspielung, die Dylan einmal vergnügt in seinem Werk versenkte, kreuzbrav wieder herausfischt. Der Erkenntnisgewinn tendiert dabei gegen null. Wer von jenen, die ein solches Buch überhaupt in die Hand nehmen, zweifelte noch daran, dass dieser Dylan ein schlauer, literarisch und historisch gebildeter, fintenreicher Autor ist, der sich seine Songs schon ganz genau überlegt? Das ist schließlich einer der zwei, drei wesentlichen Gründe seines mittlerweile über 50-jährigen Ruhms. Und wer bitte ist erst in dem Moment bereit, Dylan zu hören, wenn der zweifelsfreie Nachweis geführt ist, dass der in „Roll On John“ den Tod John Lennons mit nichts Geringerem als der„Odyssee“ von Homer „überblendet“? Das Stockholmer Literaturnobelpreiskomitee, das endlich Dylan auszeichnen soll?
  Besonders absurd erscheint Deterings Fleißarbeit zudem in Zeiten, in denen im Netz große redaktionell betreute Seiten zur Annotation von Popsongs existieren wie Genius.com. Ganz abgesehen von den Online-Foren der leidenschaftlichen Dylanologen, auf die Detering selbst immer wieder dankbar verweist, es liegt doch längst alles offen da. Etwas ratlos lässt einen die Lektüre also zurück. Wenn man dereinst jedoch tatsächlich jemandem begegnen sollte, der Dylans Spätwerk für niederste Massenkultur ohne jeden kulturgeschichtlichen Echoraum hält, kann man ihm einfach „Die Stimmen aus der Unterwelt“ in die Hand drücken.
Heinrich Detering: Die Stimmen aus der Unterwelt – Bob Dylans Mysterienspiele. C.H. Beck Verlag, München 2016. 256 Seiten, 19,95 Euro.
Mit philologischer Akribie
beugt sich hier der Exeget etwa
über den Song „Tempest“
Bedürften
Forschungsinstitute
für Klassische Philologie
eines Beweises für die
Aktualität ihrer
Gegenstände, Dylans
Songs lieferten nicht die
schlechtesten Belege.“
His Bobness, fein säuberlich seziert im Labor der Dylanologie.
Foto: David Gahr / Sony Music
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"Ein furioser, beeindruckend materieller Ritt auf glänzend formulierter Klinge."
Udo Feist, Zeitzeichen, Oktober 2016

"hervorragende[s] Buch"
Roland Spiegel, BR Klassik

"brillante Untersuchung"
Stephan Wackwitz, Die ZEIT

"Der Biograf beleuchtet mit detektivischen Gespür Dylans Kunst- und eröffnet den Blick für die erstaunlichen schöpferischen Möglichkeiten einer Songpoesie"
Ludger Heid, Jüdische Allgemeine

"Detering hat den Songtexten seine geballte philologische Spür- und Zerlegungskunst gewidmet."
Erhard Schütz, Der Freitag

"Kenntnisreich und unterhaltsam".
Rhein-Neckar-Zeitung

"Hört man so genau hin wie Detering, kann man die Stimmen aus der Vergangenheit selbst hier vernehmen".
Beat Stüdli, NZZ

"Nach der Lektüre hat man das Gefühl, Dylan noch einmal besser kennengelernt zu haben".
Ulrich Rüdenauer, Deutschlandfunk


"Eine Schatzkiste".
Thomas Klingenbiel, Neue Westfälische

"Geist- wie hilfreiche Studie".
Steffen Radlmaier,Nürnberger Nachrichten

"Sehr faszinierend".
Martin Schäfer, NZZ

"Deteringt betreibt philologische Hermeneutik im besten Sinn. Darüber hinaus ist dieses Buch aber auch spannend zu lesen".
Jörg Magenau, Deutschlandradio

"Ein anspruchsvoller Text, der musikalische Aspekte weitestgehend außer Acht lässt und einem doch die Ohren öffnet."
Sebastian Zabel, Rolling Stone

"Klar hat der einflussreiche Lyriker der Moderne den Preis verdient. Wer, wenn nicht er? Wer es nicht glaubt, sollte Deterings neues Buch lesen. In dem entschlüsselt der Göttinger Germanist die Geheimnisse von Dylans später Songpoesie".
Gießener Allgemeine

"Eine grandiose Studie."
Jörg Magenau, Falter

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