Eine verblüffende Reise in das Jahrhundert der letzten Zauberer und großen Magier.
Noch im 17. Jahrhundert war die Magie etwas ganz Alltägliches. Niemand hätte sich damals gewundert, wenn ein junger Mensch, nach seinem Berufswunsch gefragt, »Zauberer« geantwortet hätte. Zauberer, Menschen denen man magische Kräfte zusprach, waren so normal wie Ärzte und Wissenschaftler: Sie mixten heilende Tinkturen, blickten in die Zukunft, deuteten das Schicksal ihrer Mitmenschen aus den Sternen oder aus dem Kaffeesatz und bannten Geister und Dämonen. Ihr höchstes Ziel aber war es, den Stein der Weisen zu finden, den geheimnisvollen Stoff, der seinem Besitzer Unsterblichkeit verleihen sollte und dazu die Kraft, Gold zu machen.
Einer von dem man weiß, dass er dieses Ziel ebenfalls verfolgte, war Isaak Newton. Doch seine Suche nach dem Stein der Weisen scheiterte - stattdessen wurde er einer der bedeutendsten Wissenschaftler der Menschheitsgeschichte. Er hat den Weg beschritten, auf dem ihm die Menschen bis heute gefolgt sind: vom Glauben an die Magie zu den Erkenntnissen der Wissenschaft...
Noch im 17. Jahrhundert war die Magie etwas ganz Alltägliches. Niemand hätte sich damals gewundert, wenn ein junger Mensch, nach seinem Berufswunsch gefragt, »Zauberer« geantwortet hätte. Zauberer, Menschen denen man magische Kräfte zusprach, waren so normal wie Ärzte und Wissenschaftler: Sie mixten heilende Tinkturen, blickten in die Zukunft, deuteten das Schicksal ihrer Mitmenschen aus den Sternen oder aus dem Kaffeesatz und bannten Geister und Dämonen. Ihr höchstes Ziel aber war es, den Stein der Weisen zu finden, den geheimnisvollen Stoff, der seinem Besitzer Unsterblichkeit verleihen sollte und dazu die Kraft, Gold zu machen.
Einer von dem man weiß, dass er dieses Ziel ebenfalls verfolgte, war Isaak Newton. Doch seine Suche nach dem Stein der Weisen scheiterte - stattdessen wurde er einer der bedeutendsten Wissenschaftler der Menschheitsgeschichte. Er hat den Weg beschritten, auf dem ihm die Menschen bis heute gefolgt sind: vom Glauben an die Magie zu den Erkenntnissen der Wissenschaft...
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.09.2003Der Steinbruch der Weisen
Candace Savage hilft Isaac Newton mit Harry Potter auf den Sprung
Die Autorin dieses Buches über Isaac Newton und die frühe neuzeitliche Wissenschaft springt mit Karacho auf einen fahrenden Zug. Abgefahren ist er vom Bahnsteig Neundreiviertel, drin sitzt Harry Potter, und der Zielbahnhof, so vermutet jedenfalls die da springt, heißt "Erfolg". Damit niemand merkt, daß sie überhaupt keine Fahrkarte gelöst hat, behauptet sie, Newton sei so etwas wie ein Zauberlehrling gewesen. Die Lebensgeschichte des großen Physikers wird in die Welt der Magie eingebettet, wie sie damals, im siebzehnten Jahrhundert, durchaus noch lebendig war. Der junge Newton, der bei Apothekern inmitten von Heiltränken und Geheimrezepten, wunderwirkenden Muskatnüssen und gerösteten Skorpionen groß wird, erhält hierdurch den Anstoß, die unsichtbaren Kräfte des Universums zu erkunden.
"Wie Harry Potter"? Nun versucht Harry Potter zwar alles mögliche zu erkunden, bloß nicht den Kosmos. Nun hat er zwar Umgang mit unsichtbaren Kräften, aber die kräftigsten darunter sind moralische, nicht natürliche. Außerdem hat Newton im Gegensatz zu Harry Potter ein wirkliches Leben gelebt, nur eben ein paar Jahrhunderte vor uns. Das ist ein Unterschied, den man Lesern, wie jung sie auch seien, nicht vorenthalten sollte. Statt dessen tut Frau Savage so, als sei Magie eine Art Vorstufe der Wissenschaft, so wie Zauberer für sie eine Art frühe Forscher sind. Da muß es irritieren, wenn es heißt: "Aber so faszinierend das Studium der magischen Heilkräfte war, er", Newton, "drang auf diesem Weg nicht bis zum Kern der Sache vor." Wieso eigentlich nicht? Weil doch ein Bruch und nicht nur ein gleitender Übergang zwischen Aberglaube und Erkenntnis besteht?
Die Autorin schweigt, weil sie eigentlich an keines von beidem glaubt, weder an die Kraft der Wissenschaft noch an den Sinn von Astrologie, Signaturenlehre oder Magie. Gewiß trägt sie vieles und Buntes zusammen, auf das sich die Leser am besten einen eigenen Reim machen. Teufels- und Dämonenglaube, Hexen und Naturgeister, Wahrsager und Astrologen: Das gesamte Personal der vormodernen Naturerkundung und ihre Neigung zu Exzessen der Anschauung wird, mitunter durchaus informiert und anregend, aufgeboten. Der Zauber, der dabei angewendet wird, ist ein Bildzauber. Kästchen und Glossen, Allegorien und Glossare, Symbole und Legenden versuchen, Bildung ohne Langeweile hervorzubringen. Wer Abwechslung sucht, dem wird hier viel Buntes und schön Illustriertes geboten.
Nur die These vom Zauberer Newton stimmt eben nicht. Daß er sich ein Leben lang für Alchemie interessierte, ist wahr. Daß sich seine Physik von der Magie vor allem dadurch unterschied, daß sie funktionierte, führt aber in die Irre. Die Wissenschaft hat nichts "Magisches an sich", sie kann nur nicht alles erklären. Die Wahrsager sind darum nicht weniger geworden. Manche denken sogar, daß durch das Aussprechen wunderumwobener Namen - "Harry Potter" - beim Zubereiten einer historischen Kraut-und-Rüben-Suppe sich hüftschiefe Thesen auf einen Schlag in zauberhafte Schönheiten verwandeln, um ganz leicht in die Seelen junger Leser zu tanzen. Aberglaube.
JÜRGEN KAUBE
Candace Savage: "Die Suche nach dem Stein der Weisen". Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2003. 80 S., br., 10,- [Euro]. Ab 9 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Candace Savage hilft Isaac Newton mit Harry Potter auf den Sprung
Die Autorin dieses Buches über Isaac Newton und die frühe neuzeitliche Wissenschaft springt mit Karacho auf einen fahrenden Zug. Abgefahren ist er vom Bahnsteig Neundreiviertel, drin sitzt Harry Potter, und der Zielbahnhof, so vermutet jedenfalls die da springt, heißt "Erfolg". Damit niemand merkt, daß sie überhaupt keine Fahrkarte gelöst hat, behauptet sie, Newton sei so etwas wie ein Zauberlehrling gewesen. Die Lebensgeschichte des großen Physikers wird in die Welt der Magie eingebettet, wie sie damals, im siebzehnten Jahrhundert, durchaus noch lebendig war. Der junge Newton, der bei Apothekern inmitten von Heiltränken und Geheimrezepten, wunderwirkenden Muskatnüssen und gerösteten Skorpionen groß wird, erhält hierdurch den Anstoß, die unsichtbaren Kräfte des Universums zu erkunden.
"Wie Harry Potter"? Nun versucht Harry Potter zwar alles mögliche zu erkunden, bloß nicht den Kosmos. Nun hat er zwar Umgang mit unsichtbaren Kräften, aber die kräftigsten darunter sind moralische, nicht natürliche. Außerdem hat Newton im Gegensatz zu Harry Potter ein wirkliches Leben gelebt, nur eben ein paar Jahrhunderte vor uns. Das ist ein Unterschied, den man Lesern, wie jung sie auch seien, nicht vorenthalten sollte. Statt dessen tut Frau Savage so, als sei Magie eine Art Vorstufe der Wissenschaft, so wie Zauberer für sie eine Art frühe Forscher sind. Da muß es irritieren, wenn es heißt: "Aber so faszinierend das Studium der magischen Heilkräfte war, er", Newton, "drang auf diesem Weg nicht bis zum Kern der Sache vor." Wieso eigentlich nicht? Weil doch ein Bruch und nicht nur ein gleitender Übergang zwischen Aberglaube und Erkenntnis besteht?
Die Autorin schweigt, weil sie eigentlich an keines von beidem glaubt, weder an die Kraft der Wissenschaft noch an den Sinn von Astrologie, Signaturenlehre oder Magie. Gewiß trägt sie vieles und Buntes zusammen, auf das sich die Leser am besten einen eigenen Reim machen. Teufels- und Dämonenglaube, Hexen und Naturgeister, Wahrsager und Astrologen: Das gesamte Personal der vormodernen Naturerkundung und ihre Neigung zu Exzessen der Anschauung wird, mitunter durchaus informiert und anregend, aufgeboten. Der Zauber, der dabei angewendet wird, ist ein Bildzauber. Kästchen und Glossen, Allegorien und Glossare, Symbole und Legenden versuchen, Bildung ohne Langeweile hervorzubringen. Wer Abwechslung sucht, dem wird hier viel Buntes und schön Illustriertes geboten.
Nur die These vom Zauberer Newton stimmt eben nicht. Daß er sich ein Leben lang für Alchemie interessierte, ist wahr. Daß sich seine Physik von der Magie vor allem dadurch unterschied, daß sie funktionierte, führt aber in die Irre. Die Wissenschaft hat nichts "Magisches an sich", sie kann nur nicht alles erklären. Die Wahrsager sind darum nicht weniger geworden. Manche denken sogar, daß durch das Aussprechen wunderumwobener Namen - "Harry Potter" - beim Zubereiten einer historischen Kraut-und-Rüben-Suppe sich hüftschiefe Thesen auf einen Schlag in zauberhafte Schönheiten verwandeln, um ganz leicht in die Seelen junger Leser zu tanzen. Aberglaube.
JÜRGEN KAUBE
Candace Savage: "Die Suche nach dem Stein der Weisen". Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2003. 80 S., br., 10,- [Euro]. Ab 9 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Kaum ein gutes Haar lässt Rezensent Jürgen Kaube an diesem Buch ("historische Kraut-und-Rüben-Suppe" mit "hüftschiefen Thesen"). Die Autorin sei auf den Harry-Potter-Zug aufgesprungen - und zwar mit dem vermuteten Zielbahnhof 'Erfolg'. Damit niemand merke, dass sie gar keine Fahrkarte habe, behaupte sie, der Physiker Isaac Newton sei so etwas wie ein Zauberlehrling gewesen und bette seine Lebensgeschichte, als sei dies eine Vorstufe der Wissenschaft, in die Welt der Magie ein. Eigentlich jedoch glaube die Autorin, (der Rezensent lässt keine Gelegenheit für verächtliche Seitenhiebe aus) weder an die Magie noch an die Wissenschaft. Auch stimme die These vom Magier Newton selbst bei dessen historisch verbürgtem Interesse an Alchemie eben nicht. Auch habe er, im Gegensatz zu Potter, ein wirkliches Leben gehabt. Diesen Unterschied, mahnt der Rezensent, sollte man auch jüngsten Lesern nicht vorenthalten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Nichts gegen Fantastische Geschichten wie Harry Potter. Aber spannende historische Aufarbeitung über Magier, Dämonen und Hexen können ebenfalls fesselnd sein. Die kanadische Autorin Candace Savage gestaltet die Suche nach dem "Stein der Weisen" als Suche nach der Wahrheit, zu der im 16. und 17. Jahrhundert nun mal Kristallkugeln gehörtem. Geschickt verbindet Savage die Gemeinsamkeiten der Lebenswege von fiktivem Harry Potter und realem Isaac Newton, der sich früh als Zauberer und erst später als großer Erfinder Geltung verschaffte. Auch Newtons Welt ist voll von Merkwürdigkeiten, wie das echte Leben selbst." (Libelle)