Die ersten erfolgreichen Versuche zur Züchtung tierischer Zellen außerhalb des Organismus reichen zurück in den Beginn unseres Jahrhunderts. 1907 gelang HARRI SON durch Explantation von Gewebsstücken aus Froschembryonen der Nachweis, daß in der Embryonalentwicklung die Neuriten als Fortsätze der Nervenzelle ohne Be teiligung anderer Zellen gebildet werden, und daß damit eine spezifische celluläre Funktion auch außerhalb des Gesamtorganismus zu beobachten ist [310,311]. Außer dem konnte CARREL 1912 zeigen, daß es bei Verwendung einer geeigneten Nährlö sung und deren regelmäßiger Erneuerung möglich ist, Kulturen tierischer Gewebe beliebig lange im Zustand aktiver Proliferation und Zellvermehrung zu erhalten [76]. Die Methodik CARRELS war derjenigen von HARRISON recht ähnlich: in bei den Fällen wurden die Kulturen durch Einbettung eines kleinen Gewebsstückes in ein Gel - im einen Fall bestehend aus einer Mischung von Blutplasma und Embryo extrakt, im anderen aus Froschlymphe - hergestellt. In der Zielsetzung jedoch unter scheiden sich die beschriebenen Versuche voneinander in grundsätzlicher Weise. HARRISON ging es um die Untersuchung einer spezifischen Funktion unter Bedingun gen in vitro, während CARRELS Bemühungen auf die unbeschränkte Fortsetzung der Zellvermehrung außerhalb des Gesamtorganismus ausgerichtet waren. Es zeigte sich schon bald, daß im allgemeinen Zellfunktion und Zell vermehrung in vitro gewissermaßen antagonistische Prozesse darstellen. Nach Explantation eines Gewebsstückes in einem Plasma-Gel läßt sich nämlich nach kurzer Zeit eine zuneh mende Desorganisation, vor allem an den Rändern des Gewebsstückes, durch Zell auswanderung und Zellteilung beobachten [520]. Mit dem Verlust der spezifischen Strukturgeht dann meist auch ein Verlust der typischen Zellfunktionen einher.
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