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Unter allen Geschlechtern Ravennas konnte sich kein einziges in irgend einem Betracht mit den Malespina vergleichen. Ihr Reichtum überstieg alles Maß; ihr Adel war so alt und ihr Blut so rein, daß kein anderer Stamm neben ihnen genannt werden durfte. Mit dem Hause der Da Polenta waren sie nahe verwandt; so teilten sie die Macht der Gewaltherren, dann freilich auch den allgemeinen Haß, als die Zwingherrschaft gefallen war und nur noch die Malespina übrig blieben und alle überragten und allen bedrohlich waren durch die Größe ihrer Schätze und das Finstere ihrer selbstgenügsamen Sinnesart, die…mehr

Produktbeschreibung
Unter allen Geschlechtern Ravennas konnte sich kein einziges in irgend einem Betracht mit den Malespina vergleichen. Ihr Reichtum überstieg alles Maß; ihr Adel war so alt und ihr Blut so rein, daß kein anderer Stamm neben ihnen genannt werden durfte. Mit dem Hause der Da Polenta waren sie nahe verwandt; so teilten sie die Macht der Gewaltherren, dann freilich auch den allgemeinen Haß, als die Zwingherrschaft gefallen war und nur noch die Malespina übrig blieben und alle überragten und allen bedrohlich waren durch die Größe ihrer Schätze und das Finstere ihrer selbstgenügsamen Sinnesart, die sie verhinderte, etwas zu tun oder auch nur zu versuchen, was die Abneigung ihrer Mitbürger vermindern gekonnt hätte. Am höchsten gestiegen waren die Habe und das Ansehen des Hauses unter Herrn Guido dem Alten, dem Schwestersohne Guido da Polentas. Herr Guido hatte sechs Söhne, von denen der älteste nach ihm benannt war, während der letzte Fortunatus hieß. Nur diese zwei blieben ihm; fast zu Männern erblüht, hatte ihm der Tod die anderen genommen. Um diese nun trauerte er so unmäßig, daß er darüber lange Zeit nicht achtete, wie zwischen Guido und Fortunatus ein immer heftigerer Haß mit den Jahren großwuchs. Gleich allen Malespina hatte auch Herr Guido der Alte ein schweres Herz. Sein Sinn war vergangenen Leiden verpfändet; die Zukunft erschien ihm immer bedrohlich, und die Schatten, die sie vorauswarf, verdüsterten so sehr seine Seele, daß ihm die Gegenwart, ihr Genuß und selbst der Mut des Handelns darüber verloren gingen. Er erkannte wohl, daß die Feindseligkeit der Brüder den Fortbestand des Geschlechtes bedrohe, welches durch das Übelwollen aller Ravennaten ohnedies schon genug gefährdet war. Dem vorzubeugen aber reichte seine Kraft nicht aus. Auch hätte da keine Abwehr frommen können; denn die beiden waren zu ungleich geartet, und kaum je hat ein widerstrebenderes Brüderpaar auf dieser Erde geweilt als Guido, der rohe, kraftvolle Freund der Schenken von Classis, und Fortunatus, der schwächliche Spätling der Liebe seiner Eltern, welcher am liebsten über seinen Büchern saß.
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Autorenporträt
Jakob Julius David wurde als Sohn eines wohlhabenden jüdischen deutschsprachigen Pächters in Mähren geboren. Die Familie übersiedelte bald nach Fulnek, wo der Vater starb. David wuchs in Söhle auf und besuchte die Gymnasien in Kremsier und Troppau. Hier erkrankte er 1873 schwer an Typhus, wodurch er in seinem Sehvermögen stark eingeschränkt wurde. Außerdem war er seither schwerhörig. Dennoch begann er 1877 in Wien mit dem Studium der Germanistik und Geschichte und nahm lebhaften Anteil am studentischen Leben der Hauptstadt. Da ihm aufgrund seiner Behinderung der Lehrberuf verwehrt war, arbeitete er zunächst als Hauslehrer und dann als Journalist. Jakob Julius David war als Redakteur und Journalist tätig, u. a. für die Wiener Mode, die Zeit, die Montagsrevue, die Wiener Allgemeine Zeitung, das Neue Wiener Journal und die Wiener Zeitung. Daneben war er freier Schriftsteller. Im Jahr 1889 erfolgte seine Promotion zum Doktor der Philosophie. Er wechselte vom Judentum zum Katholizismus, was aber keine große Bedeutung hatte, da er weiterhin in regem Kontakt zu jüdischen Persönlichkeiten stand und für jüdische Publikationen, wie die Österreichische Wochenschrift, philosemitische Artikel verfasste. 1891 heiratete David Juliane Ostruska, der Ehe entstammte eine Tochter. 1899 machte er eine ausgedehnte Italienreise. Jakob Julius David schloss sich der Freimaurerloge Zukunft an, für deren Zeitschrift Zirkel er Beiträge verfasste. 1905 erkrankte er an Bronchialkrebs und starb 1906 im Alter von 47 Jahren in Wien und ist auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 0, Reihe 1, Nummer 52) in einem Ehrengrab beerdigt.