Zahlreiche Todesfälle an der Berliner Mauer sind durch die Medien bekannt geworden. Doch bis heute sind die Anzahl, die Identität und das Schicksal der Todesopfer weitgehend unbekannt. Wie viele Menschen kamen zwischen 1961 und 1989 an der Berliner Mauer tatsächlich ums Leben? Wer waren diese Menschen? Wie kamen sie zu Tode? Wie wurde mit den Familienangehörigen und dem Freundeskreis der Toten umgegangen? Welche öffentlichen und politischen Reaktionen lösten die Todesfälle in Ost und West aus? Welche Konsequenzen hatte das DDR-Grenzregime für die Schützen sowie die militärischen und politischen Befehlsgeber nach 1990? Wie wird der Todesopfer seither gedacht? Das biographische Handbuch gibt Antworten auf diese Fragen. Es dokumentiert die Lebensgeschichten und Todesumstände der Mauertoten und ordnet sie in den zeitgeschichtlichen Kontext ein. Die Autoren haben dazu neben den einschlägigen Archiven alle Verfahrensakten und die Stasi-Unterlagen systematisch ausgewertet und durch Interviews mit Angehörigen und Zeitzeugen ergänzt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.07.2011Wink-Verbot
Die Mauer durch Berlin
Dieser Gesamtüberblick im praktischen Brieftaschenformat ist politische Bildung vom Feinsten. Hans-Hermann Hertle vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam gehört zu den besten Kennern der Geschichte der Mauer und hat Erfahrungen als Dokumentarfilmemacher gesammelt. Davon profitiert das mit zahlreichen Fotos - "früher und heute" - und Karten aufgelockerte Bändchen in neun Kapiteln: "Wo die Mauer stand", "Vor dem Mauerbau" (als es noch 81 Sektorenübergänge gab), "Der Bau der Mauer" (von ersten Sperrmaßnahmen bis zur amerikanisch-sowjetischen Panzerkonfrontation am Checkpoint Charlie), "Flucht, Fluchthilfe/Widerstand" (mindestens 5075 gelungene Fluchten aus der DDR und Ost-Berlin von 1961 an), "Konfrontation und Entspannung" (Häftlings-Freikauf durch die Bundesregierung mit einem Durchschnittspreis Ende der achtziger Jahre von 95 847 DM pro politischen Gefangenen), "Die Perfektionierung des Sperrsystems" (Honecker hob den Schießbefehl im April 1989 auf) , "Todesopfer an der Berliner Mauer" (mit Namen und Lebensdaten erwähnt: 98 DDR-Flüchtlinge, 30 erschossene und verunglückte Menschen aus Ost und West ohne Fluchtabsichten sowie acht im Dienst getötete DDR-Grenzsoldaten), "Die Mauer in der Ära Honecker" und "Der Fall der Mauer". Unter den Zitaten der ostdeutschen Kerkermeister, die Hertle herausstellt, prägt sich ein menschenverachtender Befehl des Ost-Berliner Polizeipräsidenten vom 28. August 1961 ein: Im gesamten Bereich der "Staatsgrenze" sei "jegliche Verbindungsaufnahme, Winken, Gruß- oder Briefaustausch sowie die Übergabe von Geschenken" zu unterbinden.
RAINER BLASIUS
Hans-Hermann Hertle: Die Berliner Mauer. Biografie eines Bauwerkes. Ch. Links Verlag, Berlin 2011. 250 S., 4,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Mauer durch Berlin
Dieser Gesamtüberblick im praktischen Brieftaschenformat ist politische Bildung vom Feinsten. Hans-Hermann Hertle vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam gehört zu den besten Kennern der Geschichte der Mauer und hat Erfahrungen als Dokumentarfilmemacher gesammelt. Davon profitiert das mit zahlreichen Fotos - "früher und heute" - und Karten aufgelockerte Bändchen in neun Kapiteln: "Wo die Mauer stand", "Vor dem Mauerbau" (als es noch 81 Sektorenübergänge gab), "Der Bau der Mauer" (von ersten Sperrmaßnahmen bis zur amerikanisch-sowjetischen Panzerkonfrontation am Checkpoint Charlie), "Flucht, Fluchthilfe/Widerstand" (mindestens 5075 gelungene Fluchten aus der DDR und Ost-Berlin von 1961 an), "Konfrontation und Entspannung" (Häftlings-Freikauf durch die Bundesregierung mit einem Durchschnittspreis Ende der achtziger Jahre von 95 847 DM pro politischen Gefangenen), "Die Perfektionierung des Sperrsystems" (Honecker hob den Schießbefehl im April 1989 auf) , "Todesopfer an der Berliner Mauer" (mit Namen und Lebensdaten erwähnt: 98 DDR-Flüchtlinge, 30 erschossene und verunglückte Menschen aus Ost und West ohne Fluchtabsichten sowie acht im Dienst getötete DDR-Grenzsoldaten), "Die Mauer in der Ära Honecker" und "Der Fall der Mauer". Unter den Zitaten der ostdeutschen Kerkermeister, die Hertle herausstellt, prägt sich ein menschenverachtender Befehl des Ost-Berliner Polizeipräsidenten vom 28. August 1961 ein: Im gesamten Bereich der "Staatsgrenze" sei "jegliche Verbindungsaufnahme, Winken, Gruß- oder Briefaustausch sowie die Übergabe von Geschenken" zu unterbinden.
RAINER BLASIUS
Hans-Hermann Hertle: Die Berliner Mauer. Biografie eines Bauwerkes. Ch. Links Verlag, Berlin 2011. 250 S., 4,90 [Euro].
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