Ein einzigartiger Roman über das ungezähmte Leben von sieben Schwestern in den Weiten der Wildnis
Die sieben Töchter des Bärenjägers wachsen auf einem entlegenen Bauernhof in den finnischen Wäldern auf. Von ihrem Vater lernen sie, wie man Fallen aufstellt und in der Wildnis überlebt; in die Schule schickt er sie nicht. Als ihre Eltern sterben, beschließen die Schwestern, sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen. Sie streunen durch die Wälder, sammeln Pilze und Waldfrüchte und handeln auf einem kleinen Markt mit Bärenfellen. Mit Zigaretten, Alkohol und derber Herzlichkeit halten sie einander warm. Doch wie lange werden sie, ganz auf sich allein gestellt, in der Wildnis bestehen - und welche Wege in eine andere Zukunft werden sie für sich entdecken?
»Mutig, großartig, rebellisch!« Aftonbladet
Die sieben Töchter des Bärenjägers wachsen auf einem entlegenen Bauernhof in den finnischen Wäldern auf. Von ihrem Vater lernen sie, wie man Fallen aufstellt und in der Wildnis überlebt; in die Schule schickt er sie nicht. Als ihre Eltern sterben, beschließen die Schwestern, sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen. Sie streunen durch die Wälder, sammeln Pilze und Waldfrüchte und handeln auf einem kleinen Markt mit Bärenfellen. Mit Zigaretten, Alkohol und derber Herzlichkeit halten sie einander warm. Doch wie lange werden sie, ganz auf sich allein gestellt, in der Wildnis bestehen - und welche Wege in eine andere Zukunft werden sie für sich entdecken?
»Mutig, großartig, rebellisch!« Aftonbladet
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
"Trostlos und doch außerordentlich spannend" findet Rezensent Stephan Opitz dieses Buch der Schwedin Anneli Jordahl: Die titelgebenden sieben Töchter verlieren ihren Vater, einen eindrucksvollen Jäger, und kurze Zeit darauf auch die Mutter und müssen sich nun alleine durchschlagen. Der Roman nimmt Bezug auf ein finnisches Buch, in dem die sieben Geschwister Brüder sind, verrät Opitz, aber ansonsten genauso marodierend und unbändig unterwegs wie die sieben Schwestern, die sich den Behörden entziehen, wilde Saufgelage veranstalten und sexuelle Eskapaden erleben. Das wird im Laufe des Textes immer märchenhafter, verrät der Kritiker, der gemeinsam mit den Mädchen lernen muss, dass der verehrte Vater gar nicht so ehrenwert war - ihr Lebensideal muss auf lange Sicht scheitern. Dennoch hat Opitz diesen Roman sehr gern gelesen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.01.2024Bärenjägers Töchter
Anneli Jordahl schildert sieben Frauen
Dieser märchenhafte Roman geht auf eine Lektüre seiner Verfasserin zurück: eines Romans des finnischen Schriftstellers Aleksis Kivi (1834 bis 1872) mit dem Titel "Die sieben Brüder", erschienen 1870. Diese sieben Kerle sind ein analphabetischer und streitsüchtiger, gewalttätiger Haufen; sie plagen ihre Umwelt, wohnen tief im Wald und plagen die sie umgebende Natur, vor allem die Tiere dort, nach Strich und Faden. Dennoch nimmt es mit ihnen ein gutes Ende.
Nun kommen Jordahls sieben Töchter. Deren Vater war ein großer Jäger im ganz großen Wald, im nördlichsten Schweden, dort also, wo man noch von richtigem Wald sprechen kann. Den großen starken Vater hat ein Bär getötet; damit fängt die Geschichte an. Die Mutter der sieben Mädchen stirbt kurze Zeit nach dem Vater. Die nun auf sich gestellten Mädchen wollen a) beieinanderbleiben, b) so sein wie ihr Vater und c) ein selbstbestimmtes Leben führen. Lesen und schreiben können sie nicht so recht; eine von ihnen lernt das aber mit der Zeit. Ein richtig gutes Ende, ein Märchenende also, nimmt das Ganze nicht.
Das verbindende Moment zwischen dem Roman des dafür von seinen Zeitgenossen schwer gescholtenen Finnen und der von Anneli Jordahl aus der Perspektive einer fast ethnologisch arbeitenden Journalistin niedergeschriebenen Geschichte ist die Durchgeknalltheit der jeweiligen Siebener-Truppe. Wobei im hier zu rezensierenden Buch Frauenthemen aller Art dazukommen. Wovon Sex und Verliebtheiten noch die kleinsten sind.
Die sieben Mädchen verlassen den elterlichen Hof nach dem Tod der Mutter und ziehen sich noch tiefer in den Wald zurück. Sie beziehen eine Hütte, von der der Vater ihnen noch erzählt hatte, und fristen dort ein sehr karges Dasein. Sie machen das, weil sie eine Vorstellung von Freiheit leben wollen. Das heißt vor allem: nicht erreichbar für schwedische Sozialbehörden und Schulpflichten sein. Das schließt auch ein: rituelles gemeinsames Saufen - solange der Vorrat reicht, den sie mitgenommen hatten und der durch kleine Schnapslager des Vaters im Wald, bekannt geworden durch einen Testamentszettel, ergänzt wird. Mühsam ernähren sie sich. Der erste Ausflug von zweien der Schwestern mit großen Mengen Beeren und geräuchertem Fleisch sowie Fellen aus eigener Jagd wird zum Desaster: Die beiden auf den Markt geschickten Mädchen fallen auf einen Pelzhändler herein; Suff und Sex sind Grundlage dafür, dass sie mit leeren Händen zu ihren Schwestern zurückkehren. Die ihnen brutal Bescheid geben, was sie von solchem Benehmen halten.
Sie kommen allmählich in eine Art von Spur; eine der Schwestern stirbt dennoch vor Erschöpfung. Die Märchenelemente im Roman nehmen mit dessen Fortschreiten zu - der große Wald mutiert zur großen Gottheit. Diese Gottheit beschützt - für die Mädchen - alles, wofür der vom Bären getötete Übervater stand. Im Nachsinnen über und Erforschen dieses Übervaters in der Gottheit Wald aber kommt ganz allmählich heraus, dass der Kerl die Mutter der Mädchen dauerhaft vergewaltigt hatte, ebenso stetig sternhagelvoll war und im Grunde ein durch und durch widerwärtiges Mannsbild. So richtig glauben wollen die Töchter das nicht, seine heroischen Züge, seine Geschichte als großer Jäger und heldenhaftes Geschöpf evozieren mächtige Atavismen, an denen sie unbeirrt festhalten, auch um die Konstruktion ihres Lebens im Wald nicht zu gefährden.
Dieses Scheitern im Namen der mit dem Übervater ausgerufenen Freiheit macht die Frauengruppe aus. Sie schrumpft auf fünf Schwestern zusammen; zwei davon leben weiter nach den windigen Regeln des Vaters eine märchenhafte Freiheit tief im Wald. Sie sind dann eine wiederkehrende Attraktion auf dem Markt mit ihren Fellen, dem Fleisch selbst erlegter Tiere und den Beeren- und Pilzvorräten. Dort entdeckt sie auch die Erzählerin zu Beginn des Romans. Gemeinsam haben sie aber perspektivisch nichts - außer dass keine von ihnen je ein Kind geboren hat. Zusammengefasst: Ein trostloses und doch außerordentlich spannendes Buch. STEPHAN OPITZ
Anneli Jordahl: "Die Töchter des Bärenjägers". Roman.
Aus dem Schwedischen von Nina Hoyer. Hoffmann & Campe, Hamburg 2023. 400 S., geb., 25,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Anneli Jordahl schildert sieben Frauen
Dieser märchenhafte Roman geht auf eine Lektüre seiner Verfasserin zurück: eines Romans des finnischen Schriftstellers Aleksis Kivi (1834 bis 1872) mit dem Titel "Die sieben Brüder", erschienen 1870. Diese sieben Kerle sind ein analphabetischer und streitsüchtiger, gewalttätiger Haufen; sie plagen ihre Umwelt, wohnen tief im Wald und plagen die sie umgebende Natur, vor allem die Tiere dort, nach Strich und Faden. Dennoch nimmt es mit ihnen ein gutes Ende.
Nun kommen Jordahls sieben Töchter. Deren Vater war ein großer Jäger im ganz großen Wald, im nördlichsten Schweden, dort also, wo man noch von richtigem Wald sprechen kann. Den großen starken Vater hat ein Bär getötet; damit fängt die Geschichte an. Die Mutter der sieben Mädchen stirbt kurze Zeit nach dem Vater. Die nun auf sich gestellten Mädchen wollen a) beieinanderbleiben, b) so sein wie ihr Vater und c) ein selbstbestimmtes Leben führen. Lesen und schreiben können sie nicht so recht; eine von ihnen lernt das aber mit der Zeit. Ein richtig gutes Ende, ein Märchenende also, nimmt das Ganze nicht.
Das verbindende Moment zwischen dem Roman des dafür von seinen Zeitgenossen schwer gescholtenen Finnen und der von Anneli Jordahl aus der Perspektive einer fast ethnologisch arbeitenden Journalistin niedergeschriebenen Geschichte ist die Durchgeknalltheit der jeweiligen Siebener-Truppe. Wobei im hier zu rezensierenden Buch Frauenthemen aller Art dazukommen. Wovon Sex und Verliebtheiten noch die kleinsten sind.
Die sieben Mädchen verlassen den elterlichen Hof nach dem Tod der Mutter und ziehen sich noch tiefer in den Wald zurück. Sie beziehen eine Hütte, von der der Vater ihnen noch erzählt hatte, und fristen dort ein sehr karges Dasein. Sie machen das, weil sie eine Vorstellung von Freiheit leben wollen. Das heißt vor allem: nicht erreichbar für schwedische Sozialbehörden und Schulpflichten sein. Das schließt auch ein: rituelles gemeinsames Saufen - solange der Vorrat reicht, den sie mitgenommen hatten und der durch kleine Schnapslager des Vaters im Wald, bekannt geworden durch einen Testamentszettel, ergänzt wird. Mühsam ernähren sie sich. Der erste Ausflug von zweien der Schwestern mit großen Mengen Beeren und geräuchertem Fleisch sowie Fellen aus eigener Jagd wird zum Desaster: Die beiden auf den Markt geschickten Mädchen fallen auf einen Pelzhändler herein; Suff und Sex sind Grundlage dafür, dass sie mit leeren Händen zu ihren Schwestern zurückkehren. Die ihnen brutal Bescheid geben, was sie von solchem Benehmen halten.
Sie kommen allmählich in eine Art von Spur; eine der Schwestern stirbt dennoch vor Erschöpfung. Die Märchenelemente im Roman nehmen mit dessen Fortschreiten zu - der große Wald mutiert zur großen Gottheit. Diese Gottheit beschützt - für die Mädchen - alles, wofür der vom Bären getötete Übervater stand. Im Nachsinnen über und Erforschen dieses Übervaters in der Gottheit Wald aber kommt ganz allmählich heraus, dass der Kerl die Mutter der Mädchen dauerhaft vergewaltigt hatte, ebenso stetig sternhagelvoll war und im Grunde ein durch und durch widerwärtiges Mannsbild. So richtig glauben wollen die Töchter das nicht, seine heroischen Züge, seine Geschichte als großer Jäger und heldenhaftes Geschöpf evozieren mächtige Atavismen, an denen sie unbeirrt festhalten, auch um die Konstruktion ihres Lebens im Wald nicht zu gefährden.
Dieses Scheitern im Namen der mit dem Übervater ausgerufenen Freiheit macht die Frauengruppe aus. Sie schrumpft auf fünf Schwestern zusammen; zwei davon leben weiter nach den windigen Regeln des Vaters eine märchenhafte Freiheit tief im Wald. Sie sind dann eine wiederkehrende Attraktion auf dem Markt mit ihren Fellen, dem Fleisch selbst erlegter Tiere und den Beeren- und Pilzvorräten. Dort entdeckt sie auch die Erzählerin zu Beginn des Romans. Gemeinsam haben sie aber perspektivisch nichts - außer dass keine von ihnen je ein Kind geboren hat. Zusammengefasst: Ein trostloses und doch außerordentlich spannendes Buch. STEPHAN OPITZ
Anneli Jordahl: "Die Töchter des Bärenjägers". Roman.
Aus dem Schwedischen von Nina Hoyer. Hoffmann & Campe, Hamburg 2023. 400 S., geb., 25,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Außerordentlich spannend.« Stephan Opitz Frankfurter Allgemeine Zeitung