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Als die Journalistin Paddy Meehan einer häuslichen Auseinandersetzung nachgeht, öffnet ihr ein gut gekleideter Mann. Er versichert, dass alles in Ordnung sei. Bevor er die Tür wieder schließt, steckt er Paddy Geld zu. Tatsächlich wurde die Frau gefoltert und starb noch in dieser Nacht. Paddy bleiben nur wenige Tage, um die Wahrheit herauszufinden, bevor die Zeitung von der Bestechung erfährt und die Polizei die Ermittlungen aus ganz eigenen Gründen einstellt. Einzig Paddy lässt der düstere und grausame Fall nicht los, dessen Aufklärung einen Karrieresprung für sie bedeuten könnte - oder aber ihren Tod.…mehr

Produktbeschreibung
Als die Journalistin Paddy Meehan einer häuslichen Auseinandersetzung nachgeht, öffnet ihr ein gut gekleideter Mann. Er versichert, dass alles in Ordnung sei. Bevor er die Tür wieder schließt, steckt er Paddy Geld zu. Tatsächlich wurde die Frau gefoltert und starb noch in dieser Nacht. Paddy bleiben nur wenige Tage, um die Wahrheit herauszufinden, bevor die Zeitung von der Bestechung erfährt und die Polizei die Ermittlungen aus ganz eigenen Gründen einstellt. Einzig Paddy lässt der düstere und grausame Fall nicht los, dessen Aufklärung einen Karrieresprung für sie bedeuten könnte - oder aber ihren Tod.
Autorenporträt
Mina, Denise
Denise Mina, geboren 1966 in Glasgow, studierte Jura und spezialisierte sich auf den Umgang mit psychisch gestörten Straftätern. 1998 erschien ihr erster Roman. Für ihr Werk wurde sie mit dem Dagger Award und dem Barry Award ausgezeichnet, 2012 und 2013 gewann sie den Theakstons Crime Novel of the Year Award.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Zunächst erschien 2013 mit "Der letzte Wille" der dritte Teil der Reihe um die Journalistin Paddy Meehan, darauf folgten nun mit "Der Hintermann" der erste und mit "Die tote Stunde" der zweite. Die 21-jährige Paddy arbeitet im Glasgow der 1980er-Jahre bei der "Scottish Daily News" als Polizeireporterin in der Nachtschicht. Sie hasst es, aber sie ist die Einzige der Familie, die Geld verdient und somit auf den Job angewiesen. Eines Nachts landet sie im noblen Vorort Bearsden bei einem Fall von häuslicher Gewalt. Paddy ist müde, frustriert und lässt sich mit einer 50-Pfund-Note von dem mutmaßlichen Täter abwimmeln. Dann erfährt sie am nächsten Tag, dass die misshandelte Frau gestorben ist. Paddy hat den Täter gesehen - und ahnt, dass die Polizei nichts unternehmen wird. Denise Mina stellt weder Zeit- noch Lokalkolorit aus, sondern lässt Paddy schlichtweg vor dem Hintergrund des rezessionsgeplagten Glasgows agieren. Dabei erweist sich die Hauptfigur als größter Vorteil der Reihe: Paddy ist mutig, wenn sie es sein muss, sie ist emanzipiert, aber auch unsicher. Sie muss gegen Vorurteile, Einschüchterungsversuche, eigene und fremde Erwartungshaltungen kämpfen, darf zweifeln, scheitern und irren. Paddy ist keine Rächerin, keine kongeniale Ermittlerin, sie ist - wohltuenderweise - einfach eine junge Frau.

© BÜCHERmagazin, Sonja Hartl (sh)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.07.2016

Eine Frau mit Überlebenswillen

Als die Verhältnisse in Schottland prekär waren: Denise Minas "Die tote Stunde" handelt von der Depression der achtziger Jahre. Ihre Protagonistin kämpft gegen korrupte Männer und Übergewicht.

Glasgow, frühe achtziger Jahre. Es ist die Zeit, in der vom anbrechenden Thatcherismus auch in Schottland Teile der Bevölkerung in die Arbeitslosigkeit gestürzt, damit an ihr Existenzminimum gebracht werden. Paddy Meehan lebt in einer solchen Familie, aus Irland eingewanderte Katholiken, eine Minderheit. Ihr Vater wurde vor zwei Jahren entlassen, glaubt nicht mehr an eine neue Stelle, ihre Mutter ist an der Grenze ihrer Nervenkraft, ihre beiden Brüder hängen herum, ihre Schwester Mary Ann geht in Frömmigkeit auf, die andere wird von ihrem Mann verprügelt und flieht mit ihrem Kind immer wieder in das ohnehin zu enge Haus.

"In den Nachrichten gab es haufenweise Berichte über Familien, die unter dem Druck der Rezession zerbrachen, von Müttern, die tot im ungenutzten Kinderzimmer lagen, mit leeren Tablettenpackungen neben sich, oder Vätern, die sich nach London absetzten", so beschreibt Denise Mina die Situation. Auf diese Verhältnisse muss sich einlassen, wer ihrem Kriminalroman "Die tote Stunde" auf mehr als vierhundert Seiten folgen will, in keine glückliche, aber in eine bitter realistische Welt.

Paddy ist die Einzige in der Familie, die Geld nach Hause bringt. Sie schiebt mit ihrem Fahrer Billy als Reporterin Nachtschichten für die "Scottish Daily News", dem im Auto laufenden Polizeifunk immer hinterher, an Orte trostloser Geschehnisse, um vielleicht ein paar Zeilen für die nächste Ausgabe daraus zu schinden. Ihr Job führt sie in einer eiskalten Februarnacht zu einer Villa etwas außerhalb der Stadt, durch deren kurz geöffnete Tür sie eine schwer verwundete Frau erkennt, bevor ihr ein elegant gekleideter Mann vor der Tür eine Fünfzig-Pfund-Note in die Hand drückt, sehr viel Geld für Paddy, mit dem scharfen Hinweis, er wolle nichts davon in der Zeitung lesen.

Am folgenden Tag erfährt sie, dass die Frau im Haus brutal ermordet wurde, etwas später, dass der Geldschein blutverschmiert ist. So beginnt eine nur wenige Tage dauernde Hetzjagd auf Leben und Tod, hinter der eine komplizierte Verstrickung von Beziehungen steht, in die Paddy hineingezogen wird. Und bei der die Korruption in den Reihen der Polizei Glasgows, von den untersten Chargen bis in die hohen Ränge, zusätzliche Gefahr bedeutet. Aber es gibt auch menschliche Regungen im beinah undurchdringlichen Filz.

Paddy Meehan ist keine aalglatt gelackte Heldin, sie ist das Gegenteil: eine junge Frau von einundzwanzig Jahren, mit tiefer Sorge um ihre Familie, eigenen Zukunftswünschen und vielen Macken. Sie hadert mit sich selbst, ihrem Aussehen, ihrem Übergewicht und ihren Fressanfällen. Doch in ihr ist, vielleicht genau deshalb, eine Unerschrockenheit, die weniger aus Mut resultiert als aus nacktem Überlebenswillen, gepaart mit einem eher vagen Gefühl für Gerechtigkeit, das aber auch ihr selbst nützen soll.

Ihr Ehrgeiz, eine unbestechliche Journalistin zu sein, treibt sie - ohnehin als Frau das schwächste Glied in einer Kette von machistischen Machenschaften, in der Redaktion der "Daily News" wie bei der Polizei - in die Position einer feministischen Akteurin wider Willen. Sie leistet sich gravierende Fehler, geht aus Sehnsucht nach Sex mit einem verheirateten Streifenpolizisten ins Bett. Und sie wird zunehmend bissig.

Denise Mina stellt ihrer Protagonistin Kate Burnett gegenüber, gleichsam die andere Seite der Medaille. Kate ist eine Gleichaltrige, aufgewachsen auf der Sonnenseite des Lebens, die mit ihrer verantwortungslosen Selbstzerstörung durch hochfahrende Dummheit und Kokain eine Gegenwelt verkörpert. Beide, Paddy und Kate, werden am Ende getötet haben; Kate zuerst, weil sie in ihrem selbstverschuldeten Irrsinn handelt, Paddy, um ein Menschenleben zu retten. Um den Mord in der Villa herum entfaltet Denise Mina eine vielfädige Geschichte, die zwischen der Zeitung im Niedergang und der bereits im Sumpf steckenden Polizei hin und her pendelt, zwischen prekärer Geborgenheit, nicht nur in Paddys Familie, und brachialer Gewalttätigkeit derer, denen es um die Vertuschung ihrer Tat geht.

"The Dead Hour" kam schon 2006 in Großbritannien heraus und ist einer von drei Romanen der im englischsprachigen Raum viel gelobten schottischen Autorin, in deren Zentrum die junge Journalistin Paddy Meehan steht. Die zwei anderen sind 2004 und 2007 erschienen, beide liegen in deutscher Übersetzung vor als "Der Hintermann" und "Der letzte Wille". Im ersten Roman ist Paddy grade achtzehn Jahre alt, im zweiten Ende zwanzig, und sie hat einen kleinen Sohn. Jetzt wird also mit "Die tote Stunde" auf Deutsch das fehlende Mittelstück nachgeliefert, das sich aber auch als Solitär lesen lässt.

Die Übersetzung von Heike Schlatterer fängt den mitunter rüden Ton ein, der die virilen Gepflogenheiten in der "Daily News" wie bei der Polizei anklingen lässt, auch die hilflose Sprachlosigkeit, die über allem Geschehen lastet. Diese Geschichte ist kein Kriminalroman, der mit Raffinement brilliert. Aber da ist eben diese Paddy Meehan, eine unvollkommene Heldin in all ihrer sturen Tapferkeit. Von ihr wieder zu lesen wäre schön. Ob Denise Mina Paddys Leben weiter folgt, ist noch nicht bekannt.

ROSE-MARIA GROPP

Denise Mina: "Die tote Stunde". Kriminalroman.

Aus dem Englischen von

Heike Schlatterer.

Heyne Verlag, München 2016. 448 S., br., 9,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Spannender, sozialkritischer Krimi über das Glasgow der 1980er-Jahre." Gong & Hörzu

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Beeindruckt und ein bisschen zu ausführlich erzählt Rose-Maria Gropp diesen Krimi nach, der ihr einen düsteren Einblick in das Glasgow und Schottland der frühen Thatcher-Ära liefert. Die sozialen Beziehungen zerbrechen angesichts der kollabierenden Wirtschaft, es herrscht Machismo, sowohl in der schottischen Polizei auch bei der Scottish Daily News, in der die Protagonistin als Polizeireporterin arbeitet. Einen besseren Ort, um die Abgründe dieser Zeit zu erforschen, gibt es nicht, betont Gropp, die viel Sympathie für die eigenwillige, übergewichtige, mutige Heldin aufbringt. Es handelt sich übrigens um Teil zwei einer Trilogie. Auch die beiden anderen Bände liegen vor und werden von Gropp wärmstens empfohlen.

© Perlentaucher Medien GmbH