"Laizistisch und gleichzeitig ein Moslem zu sein ist nicht möglich" - so sagt Recep Tayyip Erdogan 1993 als Mitglied der islamistischen Refah-Partei. Heute ist er Ministerpräsident der Türkei und die Refah trägt den Namen AKP. Diese Partei steht laut Programm jetzt für Demokratie, liberale Marktwirtschaft und EU-Beitritt. Was war passiert? Hat Erdogan eine geheime politische Agenda, die er nach Eroberung der politischen Institutionen plötzlich enthüllen will? Oder hat gar ein radikaler Mentalitätswandel stattgefunden? Dieses Buch präsentiert eine dritte Möglichkeit: den Rational- Choice-Ansatz. In der Demokratie gestalten und wandeln Parteien ihre Programmatik und Rhetorik innen- wie außenpolitisch in erster Linie um politische Macht zu gewinnen. Persönliche Überzeugung spielt kaum eine Rolle. Die Transformation der türkischen islamistischen Partei - so die These - ist also einem ideologisch unabhängigen Machtkalkül ihrer Kader geschuldet. Das brisante Fazit: Radikalisierung oderMäßigung auch einer islamischen Partei orientieren sich maßgebend am Wähler und dem Verhalten außenpolitischen Partner, wie z.B. der EU.