In »Die Trauer meines Großvaters« erzählt der 1930 geborene Herbert Heckmann von seinem Aufwachsen in der Frankfurter Kuhwaldsiedlung, und er tut es wie kein zweiter. Doch Achtung, es gibt immer »zwei Vergangenheiten: eine, die aufgeschrieben ist, und eine, die gewesen ist«. Und so tritt neben das Interesse für die Vergangenheit auch die Lust am Fabulieren. Fesselnd und mit viel Witz berichtet der Erzähler von seinen ersten Schreiberfahrungen auf der Schiefertafel und der Freude darüber, allein in die Volksbücherei fahren zu dürfen. Aufgeregt und zugleich etwas ratlos beobachtet Herbert mit anderen Jungen durchs Fenster die hübsche Frau Senft, wie sie nackt vor dem Spiegel tanzt. Und in tiefes Unglück stößt ihn das Pech, als einziger unter den Schulkameraden nicht an Keuchhusten zu leiden und daher nicht an einem Flug über die Stadt teilnehmen zu dürfen, den die Frankfurter Ärzte sich als Therapie ausgedacht haben. Doch Herbert muss beim Besuch der Bücherei auch mitansehen, wie ein Jude schroff des Ortes verwiesen wird. Frau Senfts Mann fällt im Russlandfeldzug, und ein behindertes Kind aus der Nachbarschaft wird in ein Sanatorium gebracht und kommt nie wieder. Dunkel fallen der Nationalsozialismus und der Krieg in die kindlich-sinnliche Erlebniswelt des Erzählers ein.