Ein Fuhrmann, der nicht mehr ein noch aus weiß und der sich und seine Mähre Julca am Ende an zwei Gojim verdingen muß; ein Schneider, der sich seinen ehelichen Pflichten zu entziehen sucht, weil er sich insgeheim für einen der 36 Gerechten hält; und schließlich Hanas wunderschöne Mandelaugen, Abgründe für Männerseelen, die ihr aber auch nicht dabei helfen, ihren Geliebten als Ehemann durchzusetzen. Die Novellen Ivan Olbrachts sind Glanzstücke tschechischen Erzählens und geben Zeugnis einer Welt, die es längst nicht mehr gibt.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Mit großem Nachdruck legt Karl-Markus Gauß den Lesern diesen Band mit drei Novellen ans Herz, die 1937 zum ersten Mal veröffentlicht wurden und die er als "unbekannte Meisterwerke" preist. Die Novellen, die in der damals tschechischen Karpato-Ukraine spielen und Einblick in ein fiktives jüdisches Dorf bieten, teilen sich Figuren und Thematik, wie der Rezensent betont. Ihn haben alle drei Geschichten beeindruckt, doch preist er besonders die dritte Novelle, in der ein Mädchen an den religiösen Überzeugungen der Dorfgemeinschaft zerbricht, weil sie einen Ungläubigen liebt. Gauß schwärmt von der "atmosphärisch dichten Erzählung", die sowohl genaue "ethnographische Studie" wie "herzergreifende Liebesgeschichte" seit, und er findet es besonders gelungen, dass sich der tschechische Autor jeder Parteinahme enthält und statt dessen sehr genau die Widersprüche zwischen chassidischer Orthodoxie und davon abweichenden Lebensentwürfen beschreibt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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