Romane erzählen fiktive Geschichten. Sie transportieren und spiegeln gesellschaftliche Stereotypen in Abhängigkeit von der jeweiligen Zeit, in der sie geschrieben werden. Das ist auch im Falle der homosexuellen Liebe im belletristischen Roman der Fall.Wenn Frauen Frauen lieben und Männer Männer lieben, dann bewegen sie sich - so zumindest die Fiktion, wie sie sich in den belletristischen Romanen rekonstruieren lässt - in dem altbekannten Muster der "Romantischen Liebe". Die Modelle sind dabei geschlechtsspezifisch aufgebaut und spiegeln auf erstaunliche Weise tradierte Denk- und Handlungsweisen wieder. Warum ist dann überhaupt lohnenswert, diese oft überholt erscheinenden Modelle zu analysieren? Warum ist es sinnvoll, ihre Redundanz zu entschlüsseln? In der Lektüre von gut 300 Romanen wird deutlich, dass und wie aus einem mentalitätsgeschichtlichen Blickwinkel betrachtet, die Trivialität dieser "Romantischen Liebe" realitätswirksam sein kann. Sie hintergründet die Sehnsucht nach der "wahren Liebe", die sich Identität nur in dem Begehren nach dem Anderen, in diesem Fall dem gleichgeschlechtlichen Gegenüber, vorstellen kann: der Traum im Gegenüber eins zu werden mit sich selbst.