>> "...Oder sind Sie eine Frau, die ihn durch ihre Klugheit und ihren Wissensdurst fasziniert? Sind Sie eines der Mädchen aus dem Dorf, denen er die Köpfe verdreht, wenn er nur mit dem Finger schnippt? Oder sind Sie eine Frau von hohem Stand und enormer Bildung, der er lieber aus dem Weg gehen
möchte? Sind Sie die Verlobte des Studiosus Kollmar? Oder sind Sie einfach nur die Frau, in die sich…mehr>> "...Oder sind Sie eine Frau, die ihn durch ihre Klugheit und ihren Wissensdurst fasziniert? Sind Sie eines der Mädchen aus dem Dorf, denen er die Köpfe verdreht, wenn er nur mit dem Finger schnippt? Oder sind Sie eine Frau von hohem Stand und enormer Bildung, der er lieber aus dem Weg gehen möchte? Sind Sie die Verlobte des Studiosus Kollmar? Oder sind Sie einfach nur die Frau, in die sich Caspar verliebt hat?"
Elsbeth ließ ihre Worte wirken. Sie erwartete keine Erwiderung von Luisa, machte einen Knicks und ging ihres Weges. >>
* * *
Es ist ein hartes und entbehrungsreiches Leben, das Caspar Weber mit seinen Eltern und Geschwistern führt. Doch der Familien-zusammenhalt ist sehr stark, sie sind ein eingespieltes Team und arrangieren sich immer wieder mit den gegebenen Umständen.
Kein unübliches Bild im Weberdorf; die Arbeit ist hart, die Gesundheit oftmals mehr als angeschlagen und schon die Jüngsten müssten - statt Schule - mit anpacken. Da ist jeder froh, wenn er einen besser bezahlten Damast-Auftrag ergattern kann und nicht Leinwand weben muss. Doch die Zunftgebote sind streng und im Hintergrund kündigt sich schon die industrielle Revolution mit der Erfindung von Jaqcard an...
Luisa Treuentzien lebt in einer ganz anderen Welt. Ihr Vater ist Tuchhändler und gut situiert. Ihr hat es nie an etwas gefehlt - außer vielleicht einem liebevollen und warmherzigen zuhause. In Ermangelung eines männlichen Nachfolgers ist sie quasi mit dem Geschäft großgeworden und hat gelernt, sich in einer Männerdomäne zu behaupten. Zumindest, soweit dies zugelassen wird, denn sie ist und bleibt nun mal eine Frau und damit stehen Ihr nicht wirklich viele Türen offen.
Eines frühen Morgens kommt es zu einer schicksalhaften Begegnung, die ihr Leben verändern wird. Für eine verspätete Annahme von Damast-Servietten schleicht sie sich heimlich ins Kantor und lernt dabei den Webersohn Caspar kennen, der ihr vorher immer nur kurz in Gesellschaft der anderen Weber begegnet ist. Doch gesellschaftlich trennen sie Welten und so versuchen beide ihre Gefühle zu ignorieren und zu verleugnen. Und außerdem ist Luisa ja bereits verlobt - und zwar standesgemäß...
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Mit "Die Tuchhändlerin" ist Ivonne Hübner ein historischer Schmöker gelungen, der versteht locker und leicht zu unterhalten, ohne dabei seinen Anspruch zu verlieren.
Man wird hineinkatapultiert in das Zittauer Land und findet sich unmittelbar in der Welt der Weber wieder.
Die Autorin baut die politische Lage, Informationen über das Weberhandwerk sowie anderes Hintergrundwissen über die damalige Zeit ganz geschickt in die Handlung mit ein, so dass es immer einen aktuellen Bezug hat und nie trocken rüberkommt. Das hat mir persönlich unheimlich gefallen; denn auch der Schreibstil ist sehr angenehm. Er ist nicht gespickt mit Fremdwörtern und einer Vielzahl Fachbegriffen oder hochgestochen, sondern klar und sehr flüssig zu lesen.
Die Charaktere sind ausgereift und agieren überzeugend, nachvollziehbar und mit Leidenschaft! Sie brennen für das was sie tun und stehen hinter ihren Überzeugungen. Und auch der Humor kommt nicht zu kurz. Luisa und Caspar haben da großartige Momente und der Schlagabtausch (manchmal auch nur in Gedanken) ist herrlich. Man merkt, dass in diesem Roman viel, viel Herzblut steckt und er lange gereift ist.
Es ist eine Liebesgeschichte, über alle Konventionen hinweg, eine Geschichte über Familien, Brüder und die Gesetze der damaligen Zeit. Aber vor allem ist es eine Geschichte, über eine mutige junge Frau, die ihren Weg geht.
Fazit: Ein großartiger historischer Roman, der für sich steht und auch gar nicht auf Folgebände angelegt ist. Und trotzdem wünscht man sich, Ivonne Hübner hätte schon längst den Stift in der Hand und würde eine Fortsetzung verkünden. Zu erzählen gäbe es genug und eine Leserschar ist ihr sicher! Vielen Dank für die vergnüglichen Lesestunden!!!