Der Grundgedanke der vorliegenden Arbeit besteht darin, zu untersuchen, was es denn überhaupt mit einer betriebswirtschaflichen Theorie auf sich haben könne, insbesondere, in welcher Weise die Unternehmung als Einzelwirtschaft Gegenstand einer solchen Theorie zu sein vermag. Im wesentlichen handelt es sich also um das Aufsuchen einer solchen Fragestellung, die auf das für eine betriebswirtschaftliche Theorie Relevante gerichtet ist, und die es erlaubt, die Fülle der von der Betriebswirtschaftslehre bisher aufgeworfenen Probleme auf ihren theoretischen Gehalt hin zu prüfen.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.05.1998Das Unternehmen als einheitliches Gebilde
Faksimile-Ausgabe der Habilitationsschrift Erich Gutenbergs
Erich Gutenberg: Die Unternehmung als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Theorie. Faksimile-Druck der 1. Auflage von 1929. Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden 1998, 165 Seiten, 78 DM.
Vor siebzig Jahren, am 18. Mai 1928, hatte sich Erich Gutenberg mit der Arbeit "Die Unternehmung als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Theorie" für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Münster habilitiert. Wer hätte damals ahnen können, daß sein wissenschaftliches Werk eine ganze Disziplin verändern und Generationen von Betriebswirten prägen würde? Es ist deshalb mehr als eine freundliche Geste des Verlags gewesen, die Habilitationsschrift in einer Faksimile-Ausgabe aus Anlaß des 100. Geburtstags Erich Gutenbergs am 13. Dezember 1997 herauszubringen.
Daß der Autor selbst die Arbeit als bahnbrechend für sein weiteres wissenschaftliches Werk angesehen hat, ist inzwischen nach den von Horst Albach 1989 herausgegebenen nachgelassenen Schriften und Reden bekannt. In ihnen zeichnet Gutenberg die Umstände nach, die ihn 1926 und 1927 bei der Arbeit an der Habilitationsschrift geprägt haben: "Die Unternehmung entsteht durch bewußten, schöpferischen Akt der Menschen, der die Dinge, die wir wirtschaftlich als Güter bezeichnen, bindet und bewegt." Mit diesem Satz leitet Gutenberg seine Arbeit ein, in der er sich unter anderem mit dem Verhältnis von Ertrags- und Rationalprinzip, dem finanziellen Gleichgewicht, der Absatzelastizität und den betrieblichen Reaktionsmöglichkeiten auf steigende Beschaffungspreise befaßt.
Im Unterschied zu seinen Vorgängern hat Gutenberg dabei jedoch nicht die Einzelfragen (zum Beispiel um das betriebliche Rechnungswesen und die Bilanzanalyse) im Sinn, sondern die Unternehmung als Einheit, wobei ihn besonders die Arbeiten von Eugen Schmalenbach und Joseph A. Schumpeter beeinflußt haben. Die Fülle der möglichen Probleme schaltet Gutenberg durch die Annahme einer vollkommen funktionierenden Organisation, also durch deren Neutralisierung, aus. Sein Ziel ist es aber nicht, die Vielfalt der Erscheinungen zu negieren, sondern "zu generellen betriebswirtschaftlichen Sätzen überhaupt zu kommen". Gutenberg betrachtet als erster die Unternehmung als ein Beziehungssystem zwischen Gütermengen. Die Mengen-Abhängigkeiten verschieben sich, wenn ein den Sachgütern, Arbeits- und Dienstleistungen zugrunde liegendes Datum (zum Beispiel die Beschaffungspreise oder Nachfrage nach Produktion) geändert wird. Damit läßt sich das Unternehmen als ein System von Anpassungen quantitativer, qualitativer und zeitlicher Art an Situationsveränderungen interpretieren. Die einer solchen betriebswirtschaftlichen Theorie angemessene Methode hat nur eine quantitativ-mathematische sein können. Exemplifiziert wird diese überzeugend anhand der "Grenzpunkte der Preisbewilligung" im Beschaffungsbereich (Kapitel VI.). Die Unternehmung unterteilt Gutenberg in die drei Sektoren Beschaffungs-, Absatz- und Eigensektor (später als Produktion bezeichnet). Als betriebswirtschaftliches Gleichgewicht nennt er jenen Zustand der Sektoren, der in Anpassung seiner Variablen an eine bestimmte Datenkonstellation ein Maximum an Ertrag gewährleistet.
Die Arbeit enthält im Kern schon Hinweise auf die in den späteren "Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre" behandelten Fragen der Produktion, des Absatzes und der Finanzen. Es ist geradezu spannend zu verfolgen, auf welche inhaltlichen und methodischen Ursprünge das wissenschaftliche Lebenswerk Gutenbergs zurückzuführen ist und welche innere Stringenz es auch bis hin zur sprachlichen Formulierung aufweist.
Es spricht für die Erich Gutenbergs eigene Bescheidenheit und seinen Realitätssinn, daß er das in seiner Habilitationsarbeit angestrebte Ziel eines Unternehmensmodells, in dem die Konsequenzen von Datenänderungen mit einem hohen Grad an Exaktheit analysiert werden sollten, als nicht erreicht ansieht. Hier ist er von einem zu hohen, nicht zu erreichenden Anspruch ausgegangen. Die Habilitationsschrift liefert aber die entscheidenden inhaltlichen und methodischen Bausteine zu einem wissenschaftlichen Lebenswerk, das die moderne Betriebswirtschaftslehre in Theorie und Praxis entscheidend beeinflußt hat.
HARTMUT KREIKEBAUM
(Professor für Industriebetriebslehre an der Universität zu Frankfurt am Main)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Faksimile-Ausgabe der Habilitationsschrift Erich Gutenbergs
Erich Gutenberg: Die Unternehmung als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Theorie. Faksimile-Druck der 1. Auflage von 1929. Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden 1998, 165 Seiten, 78 DM.
Vor siebzig Jahren, am 18. Mai 1928, hatte sich Erich Gutenberg mit der Arbeit "Die Unternehmung als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Theorie" für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Münster habilitiert. Wer hätte damals ahnen können, daß sein wissenschaftliches Werk eine ganze Disziplin verändern und Generationen von Betriebswirten prägen würde? Es ist deshalb mehr als eine freundliche Geste des Verlags gewesen, die Habilitationsschrift in einer Faksimile-Ausgabe aus Anlaß des 100. Geburtstags Erich Gutenbergs am 13. Dezember 1997 herauszubringen.
Daß der Autor selbst die Arbeit als bahnbrechend für sein weiteres wissenschaftliches Werk angesehen hat, ist inzwischen nach den von Horst Albach 1989 herausgegebenen nachgelassenen Schriften und Reden bekannt. In ihnen zeichnet Gutenberg die Umstände nach, die ihn 1926 und 1927 bei der Arbeit an der Habilitationsschrift geprägt haben: "Die Unternehmung entsteht durch bewußten, schöpferischen Akt der Menschen, der die Dinge, die wir wirtschaftlich als Güter bezeichnen, bindet und bewegt." Mit diesem Satz leitet Gutenberg seine Arbeit ein, in der er sich unter anderem mit dem Verhältnis von Ertrags- und Rationalprinzip, dem finanziellen Gleichgewicht, der Absatzelastizität und den betrieblichen Reaktionsmöglichkeiten auf steigende Beschaffungspreise befaßt.
Im Unterschied zu seinen Vorgängern hat Gutenberg dabei jedoch nicht die Einzelfragen (zum Beispiel um das betriebliche Rechnungswesen und die Bilanzanalyse) im Sinn, sondern die Unternehmung als Einheit, wobei ihn besonders die Arbeiten von Eugen Schmalenbach und Joseph A. Schumpeter beeinflußt haben. Die Fülle der möglichen Probleme schaltet Gutenberg durch die Annahme einer vollkommen funktionierenden Organisation, also durch deren Neutralisierung, aus. Sein Ziel ist es aber nicht, die Vielfalt der Erscheinungen zu negieren, sondern "zu generellen betriebswirtschaftlichen Sätzen überhaupt zu kommen". Gutenberg betrachtet als erster die Unternehmung als ein Beziehungssystem zwischen Gütermengen. Die Mengen-Abhängigkeiten verschieben sich, wenn ein den Sachgütern, Arbeits- und Dienstleistungen zugrunde liegendes Datum (zum Beispiel die Beschaffungspreise oder Nachfrage nach Produktion) geändert wird. Damit läßt sich das Unternehmen als ein System von Anpassungen quantitativer, qualitativer und zeitlicher Art an Situationsveränderungen interpretieren. Die einer solchen betriebswirtschaftlichen Theorie angemessene Methode hat nur eine quantitativ-mathematische sein können. Exemplifiziert wird diese überzeugend anhand der "Grenzpunkte der Preisbewilligung" im Beschaffungsbereich (Kapitel VI.). Die Unternehmung unterteilt Gutenberg in die drei Sektoren Beschaffungs-, Absatz- und Eigensektor (später als Produktion bezeichnet). Als betriebswirtschaftliches Gleichgewicht nennt er jenen Zustand der Sektoren, der in Anpassung seiner Variablen an eine bestimmte Datenkonstellation ein Maximum an Ertrag gewährleistet.
Die Arbeit enthält im Kern schon Hinweise auf die in den späteren "Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre" behandelten Fragen der Produktion, des Absatzes und der Finanzen. Es ist geradezu spannend zu verfolgen, auf welche inhaltlichen und methodischen Ursprünge das wissenschaftliche Lebenswerk Gutenbergs zurückzuführen ist und welche innere Stringenz es auch bis hin zur sprachlichen Formulierung aufweist.
Es spricht für die Erich Gutenbergs eigene Bescheidenheit und seinen Realitätssinn, daß er das in seiner Habilitationsarbeit angestrebte Ziel eines Unternehmensmodells, in dem die Konsequenzen von Datenänderungen mit einem hohen Grad an Exaktheit analysiert werden sollten, als nicht erreicht ansieht. Hier ist er von einem zu hohen, nicht zu erreichenden Anspruch ausgegangen. Die Habilitationsschrift liefert aber die entscheidenden inhaltlichen und methodischen Bausteine zu einem wissenschaftlichen Lebenswerk, das die moderne Betriebswirtschaftslehre in Theorie und Praxis entscheidend beeinflußt hat.
HARTMUT KREIKEBAUM
(Professor für Industriebetriebslehre an der Universität zu Frankfurt am Main)
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