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Die Universitäten sind Ausdruck der Einheit von Forschung und Lehre und damit der Einheit des Wissenschafts- und Bildungssystems. Für eine moderne Gesellschaft ist diese Einheit unabdingbar; wird sie aufgeben, gerät auch die moderne Gesellschaft in Gefahr, ihr wissenschaftliches Wesen zu verlieren. Insofern rühren aber auch neuere Versuche eines Umsteuerns von der Forschung auf die Lehre und die damit drohende Entwissenschaftlichung der Lehre nicht nur an das Wesen der deutschen Universität, das in ihrer idealistischen Theorie begründet liegt, sondern auch an das Wesen der modernen…mehr

Produktbeschreibung
Die Universitäten sind Ausdruck der Einheit von Forschung und Lehre und damit der Einheit des Wissenschafts- und Bildungssystems. Für eine moderne Gesellschaft ist diese Einheit unabdingbar; wird sie aufgeben, gerät auch die moderne Gesellschaft in Gefahr, ihr wissenschaftliches Wesen zu verlieren. Insofern rühren aber auch neuere Versuche eines Umsteuerns von der Forschung auf die Lehre und die damit drohende Entwissenschaftlichung der Lehre nicht nur an das Wesen der deutschen Universität, das in ihrer idealistischen Theorie begründet liegt, sondern auch an das Wesen der modernen Gesellschaft. Die gegenwärtige Krise der deutschen Universität ist daher auch Ausdruck einer Strukturkrise und darüber hinaus, verbunden mit einer tiefsitzenden institutionellen Reformunfähigkeit, Ausdruck einer Modernisierungskrise. Die deutsche Universität hält hartnäckig an ihrer idealistischen Theorie fest; sie begreift wohl auch mit Recht, daß sie nur ein derartiges Festhalten vor der institutionellen Beliebigkeit anderer Ausbildungssysteme bewahren kann, erweist sich aber gleichzeitig zunehmend als unfähig, ihre Theorie auf eine zeitgemäße Weise mit den Forschungs- und Ausbildungserfordernissen einer Gesellschaft zu verbinden, die selbst in vielen ihrer Sektoren, zum Beispiel in wirtschaftlichen und technologischen Dingen, unter einen erheblichen Modernisierungsdruck geraten ist. In dieser Situation kommt es darauf an, sehr genau zwischen dem Zeitgemäßen, dem auch die Universität in ihrer besonderen Form als institutionelle Einheit von Wissenschaftssystem und Bildungssystem in einer modernen Gesellschaft zu entsprechen hat, und dem Unzeitgemäßen, das einen Teil des Wesens der Wissenschaft und der Bildung ausmacht, zu unterscheiden. Die in diesem Band zusammengefaßten Beiträge dienen dieser Aufgabe in analytischer, institutioneller und konstruktiver Hinsicht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.01.1995

Vom Nußwurm
Mittelstraß' Universitätskunde

Dies Buch gehört weder in die Reihe der modernen Chorlyrik, die sich in Klagen über das Vergangene, Versäumte und Verlorene ergeht, noch zur Gattung der Prophetie, die eine herrliche Zukunft verspricht, wenn man sich weiter auf den alten Bahnen fortbewegt. Es stellt, klar in der Sprache, nüchtern im Blick und maßvoll in seinen Vorschlägen, gewissermaßen eine Gattung für sich dar. Und, was vielleicht das Wichtigste ist: es ist voll von Anschauung.

Der Autor ist Philosophieprofessor in Konstanz, weiß also, wovon er spricht. Schon das hebt ihn von vornherein über die Masse seiner Konkurrenten hinaus. Er ist ein belesener Mann, der die Universitätschroniken und die Lebenserinnerungen von Professoren und Studenten kennt. Gelehrsamkeit, zitiert er einen klugen Mann aus alten Tagen, "ist ein Scepter oder Narrenpeitsche, je nachdem der Mann ist, der sie handhabt, und gar viele Bücher gleichen Krebsen, wo es mehr auszuklauben als zu essen gibt, die wir aber dennoch lieben - sie ist eine Nuß, die einen Zahn kosten kann, und mit einem Wurme lohnt". Schon so etwas macht die Lektüre lohnend.

Denn man begreift und fühlt, was sich unter den Auspizien der Bildungsexpansion verändert hat, wenn man die Zeugnisse einer Zeit vorgehalten bekommt, in der auf den Hohen Schulen eine solche Sprache trainiert wurde. Der Bruch mit der Vergangenheit ist denn auch das eigentliche Thema der diversen Vorträge und Beiträge, die hier versammelt sind. Karl Jaspers war vielleicht der letzte, der die auf Humboldt gründende Tradition noch einmal beschworen und, für seine Person, verkörpert hat. Schon die Leute, die nach ihm kamen, haben von Humboldt nur noch geredet. Gekannt oder geschätzt haben sie ihn nicht mehr.

Trotz aller Vorbehalte, denen er ausführlich Raum gibt, bleibt Mittelstraß zuversichtlich. "Die Zukunft der Universität ist auch die Zukunft der modernen Welt - wenn wir, mit klugem Augenmaß zwischen dem Zeitgemäßen und dem Unzeitgemäßen unterscheidend und wählend, nur wollen." Wenn wir nur wollen: das ist es. Denn die Crux des universitären und sonstigen Lebens besteht ja nicht etwa darin, daß wir nicht wüßten, was zu tun ist, sondern in der epidemischen Abneigung, das zu tun, über was wir sehr genau Bescheid wissen. Wieviel das ist, lernt man aus diesem kleinen Buch. KONRAD ADAM

Jürgen Mittelstraß: "Die unzeitgemäße Universität". Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1994. 202 S., br., 18,80 DM.

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