Das frühe Mittelalter war eine Epoche des beschleunigten politischen und kulturellen Wandels. Das römische Großreich, das jahrhundertelang die Funktion einer politischen Ordnungsmacht wahrgenommen hatte, löste sich im Westen auf und wich einer Pluralität von Königreichen unter gotischen, burgundischen, vandalischen, fränkischen u.a. gentilen Herrschern. Postel beschreibt, auf welche Weise es der dünnen Schicht der germanischen Zuwanderer und Eroberer gelang, das Machtvakuum zu füllen. Sie beleuchtet die tiefgreifende Kontinuität der neuen Reiche zum spätantiken Imperium, wie sie sich in Verfassung, Verwaltung, Verteidigung, Rechtsleben und kirchlicher Organisation spiegelte. Zukunftweisend für eine gemeinsame europäische Kultur wirkten vor allem die Christianisierung und die Akkulturation verschiedener Ethnien an die römische Zivilisation.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Eben noch finsteres Alter des Untergangs, jetzt plötzlich die Arena, in der unsere europäische Gegenwart erstmals das Licht erblickte - das Mittelalter wird neuerdings von den Historikern mit Macht umgedeutet, erklärt Christian Jostmann. Dieses Buch sei ein Beispiel: Die Geschichte der barbarischen Reiche wird als Zeit des Umbruches gedeutet, als Periode der Migrations- und Integrationsprozesse, die dank kluger, weltoffener Herrscher wie Theoderich erfolgreich verliefen und - voila: Europa! Im Jahre 375, argumentiert die Autorin, habe es erstmals ein "europäisches Wirgefühl" gegeben. Hört sich gut an - allein, dem Rezensenten fehlt der rechte Glaube: "Ob Europa vor 1500 Jahren wirklich der handwarme Schmelztiegel war, als den Verena Postel ihn hier darstellt? Ja, ob es Europa damals überhaupt schon gab?" Er glaubt vielmehr, dass hier die Vergangenheit allzu wohlfeil in die Begriffe der Gegenwart eingepasst wird. Und es war doch dunkel!
© Perlentaucher Medien GmbH
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