"Niemand weiß, was ein Gedicht ist, aber alle wissen ganz genau, warum eigentlich keine mehr geschrieben werden dürften." So beginnt Peter von Matt seinen großartigen Einleitungsessay zu diesem Buch. Wie und mit welchem Genuß man Gedichte lesen kann, führt er im zweiten Teil des Buches vor: ob es sich um die Sonette Shakespeares handelt oder Ernst Jandls Gedichte, um Goethe oder Trakl, unter Matts kluger Anleitung entfalten die Texte ihre verborgensten Absichten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.11.1998Freispruch
Peter von Matt über Lyrik
Der Zürcher Literaturwissenschaftler Peter von Matt gehört zu den raren Fällen im deutschsprachigen Raum, bei denen sich feuilletonistische Eleganz und professoraler Kenntnisreichtum durchdringen. Seine motivgeschichtlichen Arbeiten zur deutschen Literatur entleihen dem Essay seine gedankliche Originalität, seine Kritiken der Wissenschaft die forschende Neugier auch bei vermeintlichen Nebensachen - wie der Lyrik, die von Matt nie als Stiefkind der Gattungen betrachtete. Als langjähriger Beiträger der "Frankfurter Anthologie" entstanden mehr als zwanzig Kurzinterpretationen von Matthias Claudius bis Sarah Kirsch, die nun mit Rezensionen und anderen kleinen Arbeiten zur Lyrik in einem Band versammelt sind. Eröffnet wird die Sammlung von einem ausführlichen Originalbeitrag, der sich der "Anthropologie des Gedichts" und dem "Ärgernis seiner Schönheit" widmet, die ihm in der Moderne nicht nur von seiten Adornos in den Verdacht der Verlogenheit brachte. Gegen Anklagen im Namen eines Wahrheitsanspruchs der Kunst plädiert von Matt vehement auf Freispruch: "Das Gedicht ist ein Ereignis wie ein schießender Stern oder der Schrei aus dem eigenen Mund, an dem wir in der Nacht erwachen. Wenn dieses Ereignis seinem innersten Willen nach schön sein will, was soll es selbst sich darum kümmern?" (Peter von Matt: "Die verdächtige Pracht". Über Dichter und Gedichte. Carl Hanser Verlag München 1998, 344 S., geb., 45,- DM.) F.A.Z.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Peter von Matt über Lyrik
Der Zürcher Literaturwissenschaftler Peter von Matt gehört zu den raren Fällen im deutschsprachigen Raum, bei denen sich feuilletonistische Eleganz und professoraler Kenntnisreichtum durchdringen. Seine motivgeschichtlichen Arbeiten zur deutschen Literatur entleihen dem Essay seine gedankliche Originalität, seine Kritiken der Wissenschaft die forschende Neugier auch bei vermeintlichen Nebensachen - wie der Lyrik, die von Matt nie als Stiefkind der Gattungen betrachtete. Als langjähriger Beiträger der "Frankfurter Anthologie" entstanden mehr als zwanzig Kurzinterpretationen von Matthias Claudius bis Sarah Kirsch, die nun mit Rezensionen und anderen kleinen Arbeiten zur Lyrik in einem Band versammelt sind. Eröffnet wird die Sammlung von einem ausführlichen Originalbeitrag, der sich der "Anthropologie des Gedichts" und dem "Ärgernis seiner Schönheit" widmet, die ihm in der Moderne nicht nur von seiten Adornos in den Verdacht der Verlogenheit brachte. Gegen Anklagen im Namen eines Wahrheitsanspruchs der Kunst plädiert von Matt vehement auf Freispruch: "Das Gedicht ist ein Ereignis wie ein schießender Stern oder der Schrei aus dem eigenen Mund, an dem wir in der Nacht erwachen. Wenn dieses Ereignis seinem innersten Willen nach schön sein will, was soll es selbst sich darum kümmern?" (Peter von Matt: "Die verdächtige Pracht". Über Dichter und Gedichte. Carl Hanser Verlag München 1998, 344 S., geb., 45,- DM.) F.A.Z.
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