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Der Band greift mitten in die aktuellen Debatten über die Symbolik des Kreuzes im Zusammenhang von Religion, staatlicher Neutralität und politischer Legitimität. Aus historischer, juristischer, theologischer und philosophischer Sicht fragt er: Welche Bedeutung verbirgt sich im Zeichen des Kreuzes? Folgt man der deutschen Rechtsprechung, ist das Kreuz ein religiöses Symbol, das überall dort, wo im Namen des Staates gehandelt wird, nichts zu suchen hat. Seine Vielschichtigkeit aber umschließt eine kulturelle, anthropologische, gar epistemische Bedeutung, die gerade unter säkularen…mehr

Produktbeschreibung
Der Band greift mitten in die aktuellen Debatten über die Symbolik des Kreuzes im Zusammenhang von Religion, staatlicher Neutralität und politischer Legitimität. Aus historischer, juristischer, theologischer und philosophischer Sicht fragt er: Welche Bedeutung verbirgt sich im Zeichen des Kreuzes? Folgt man der deutschen Rechtsprechung, ist das Kreuz ein religiöses Symbol, das überall dort, wo im Namen des Staates gehandelt wird, nichts zu suchen hat. Seine Vielschichtigkeit aber umschließt eine kulturelle, anthropologische, gar epistemische Bedeutung, die gerade unter säkularen Gesichtspunkten wichtig ist - mit der Folge, dass die verengende Deutung des Sinnbilds auf seinen religiösen Gehalt möglicherweise zu kurz greift, wenn es um seine sinnstiftende Bedeutung für das freiheitliche Gemeinwesen geht. Was verändert sich im Bewusstsein einer Gesellschaft, wenn sie das Kreuz aus ihrer Mitte verbannt? Diese Frage ist vor allem im Blick auf ein von den Europäern künftig zu entwickelndes eigenes Verständnis von Säkularität zu stellen - im Blick auf die religiösen Grundlagen der zivilen Gesellschaft.
Autorenporträt
Dr. Christoph Böhr ist ao. Professor am Institut für Philosophie der Hochschule Heiligenkreuz/Wien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.06.2016

Die Kirche und ihr Geld
Abschied von der Marktwirtschaft?

Papst Franziskus schockierte im Jahr 2013 die Welt mit seinem Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium. In starken Worten formulierte er ein negatives Urteil über die Geldwirtschaft, das in der Aussage gipfelte: "Diese Wirtschaft tötet." Hebt der Papst damit die gesamte Tradition der katholischen Soziallehre auf, oder trifft er genau den Kern der klassischen Lehre? Diese Debatte wird seitdem geführt, und ein neuer Sammelband verspricht nun Orientierung: "Geld, Gott und Glaubwürdigkeit", heißt das von Karlies Abmeier herausgegebene Buch, das zudem auch alle weiteren philosophischen und profanen Facetten beleuchtet, die es beim Thema Kirchen und Geld gibt.

Da das Werk auf einer Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung basiert, ist die Nähe der Autoren zur Kirche wenig überraschend - überraschend ist dann aber doch, dass alle Autoren eine Transparenz der Kirchenfinanzen einfordern, zumal nach der Geldverschwendung beim Bau des Diözesanen Zentrums in Limburg. Diese Transparenz muss, nach Meinung des Kirchenrechtlers Thomas Schüller, auch die Verwaltung der bisher nicht bekannten Vermögen der Kirche umfassen.

Beide großen Kirchen hätten in den vergangenen Jahrzehnten aus nicht verbrauchten Kirchensteuermitteln verschiedene Rücklagen oder Fonds gebildet. Wer aber entscheidet über die Anlage dieser Vermögensmassen? Wenig transparent sei auch die Kirchliche Zusatzversorgungskasse mit einem angelegten Kapital von rund 16 Milliarden Euro.

"Trotz der Kritik an ihrem Finanzgebaren benötigt die Kirche Mittel, um das Evangelium in alle Winkel der Welt zu tragen - aber auch nur dafür", schreibt Schüller und verweist auf das kirchliche Vermögensrecht. Darin werden als Verwendungszwecke lediglich die geordnete Durchführung des Gottesdienstes, die Sicherstellung des angemessenen Unterhalts des Klerus und anderer Bediensteter der Kirche, die Ausübung der Werke des Apostolats und der Caritas, vor allem gegenüber den Armen, genannt: "Nur für diese Zwecke hat die Kirche das ihr angeborene Recht, Vermögen zu erwerben, zu besitzen, zu verwalten und zu veräußern. Andere Zwecke sind tabu."

Doch die Kirchen arbeiten nicht nur mit eigenem Vermögen, sondern vor allem mit Geldern des Staates, der Mittel zur Finanzierung von Kindergärten oder Krankenhäusern bereitstellt. In diesen Einrichtungen gilt dann das kirchliche Arbeitsrecht, was selbst den Satiriker Jan Böhmermann in den seriösen Phasen seiner Talkshow umtreibt, wohl referierend auf den Bestseller "Gott hat hohe Nebenkosten" der klugen Journalistin Eva Müller.

Die Debatten um die Verschwendungssucht des Limburger Bischofs oder die Schwarzkonten der Vatikanbank dürfen freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Finanzen der Kirchen zum allergrößten Teil sauber geführt und sinnvoll eingesetzt werden. Es gibt kircheninterne Kontrollmechanismen, und jede juristische Person muss einen Vermögensverwaltungsrat haben, zumindest aber zwei Ratgeber. Limburg sei jedoch ein mahnendes Beispiel dafür, "wie ein solches Gremium durch bewusste Besetzung mit getreuen Vasallen eher zu einer episkopalen Puppenkiste gemacht wurde statt zu einem klug besetzten Kontrollorgan", meint Schüller.

Diese Feststellung könnte man freilich auch über so manchen Aufsichtsrat deutscher Aktiengesellschaften treffen - es gibt eben auch beim zweitgrößten Arbeitgeber in Deutschland, den Kirchen, Möglichkeiten der Optimierung, und das im marktwirtschaftlichen Rahmen. "Der freie Markt scheint das wirksamste Instrument für den Einsatz der Ressourcen und für die beste Befriedigung der Bedürfnisse zu sein", heißt es in der Sozialenzyklika Centesimus annus, die Johannes Paul II. im Jahr 1991 veröffentlicht hat.

Der Pole Karol Wojtyla wusste die Marktwirtschaft zu schätzen, der Argentinier Jorge Mario Bergoglio nicht? Einen solchen Widerspruch sieht die Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer nicht. Sei vertritt die Ansicht: "Die kirchliche Perspektive nimmt immer die Verantwortung für die anderen und die Gemeinschaft in den Blick, sei es in der Sozialpflichtigkeit des Eigentums oder in der Einbettung der marktwirtschaftlichen Ordnung in den Kontext des regulativen Prinzips der Gerechtigkeit und der Liebe. Dabei handelt es sich nicht um irgendeinen Aspekt, sondern um das Proprium der Katholischen Soziallehre und christlichen Sozialethik. Und genau dieses Proprium stellt der gegenwärtige Papst mit seinen vielfältigen Aussagen in den Mittelpunkt. Er übt prophetische Sozialkritik am weltweit wirksamen System, in dem Geld zum Selbstzweck wird." Das Fazit: Papst Franziskus geißelt die Auswüchse des Kapitalismus, will aber kein anderes System.

Die soziale Marktwirtschaft verteidigen wollen auch die Autoren des inspirierenden Werkes "Die Verfassung der Freiheit und das Sinnbild des Kreuzes". Sie sagen, dass das Symbol des Kreuzes über die religiöse Bedeutung hinausgehe und einen herausragenden kulturellen und anthropologischen Stellenwert habe. Im Symbol versammele sich das Verständnis vieler Generationen, manchmal ganzer Jahrtausende, meint der Herausgeber des Bandes, Christoph Böhr, und verweist auf Herta Müllers Roman "Atemschaukel", wenn er schlussfolgert, dass Menschen, die lernen mussten, mit Diktatur und Zensur umzugehen, einen tiefen Sinn für die Kommunikation über Symbole haben.

Das Kreuz sei eine Form der Selbstvergewisserung unseres Denkens über den Menschen und somit grundlegend für eine Verfassung der Freiheit - auch und gerade im säkularen Staat. Dieser Gedankengang könnte eines Tages sogar Eingang in die Spruchpraxis deutscher Gerichte finden.

JOCHEN ZENTHÖFER

Karlies Abmeier (Hrsg.): Geld, Gott und Glaubwürdigkeit. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2016, 367 Seiten, 29,90 Euro.

Christoph Böhr (Hrsg.): Die Verfassung der Freiheit und das Sinnbild des Kreuzes, Springer VS, Wiesbaden 2016, 355 Seiten, 59,99 Euro.

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"... widmet sich der komplexen Thematik in einer ungewöhnlichen Tiefenschärfe und einer höchst schlüssigen Komposition. ... Dieser Band zeigt in glänzender Weise, dass die Wahrheit des in den letzten Jahren viel diskutierten Zusammenhangs von Religion und Politik nur konkret und im Gespräch der Disziplinen eingeholt werden kann ..." (Harald Seubert, in: ZFP Zeitschrift für Politik, Jg. 63, Heft 3, 2016)