"Die verlorenen Briefe des William Woolf" hätte ein weiterer Schatz aus der Reihe der wunderbaren Bücher aus dem Wunderraum Verlag sein können. Und zugegeben, anfangs war ich auch ziemlich begeistert und gefangen von dieser schönen Romanidee, die die Autorin Helen Cullen da hatte.
Brief-Detektive,
die versuchen, verloren gegangene Briefe durch Recherche und Suche doch noch zuzustellen; eine…mehr"Die verlorenen Briefe des William Woolf" hätte ein weiterer Schatz aus der Reihe der wunderbaren Bücher aus dem Wunderraum Verlag sein können. Und zugegeben, anfangs war ich auch ziemlich begeistert und gefangen von dieser schönen Romanidee, die die Autorin Helen Cullen da hatte.
Brief-Detektive, die versuchen, verloren gegangene Briefe durch Recherche und Suche doch noch zuzustellen; eine eigens dafür eingerichtete Abteilung in der Londoner Post - und das alles noch nicht zu Zeiten von Internet und Social Media, was die Suche ja irgendwie erleichtern würde. Nein, die Geschichte von William Woolf spielt Anfang der 90er, jene Zeit, als man noch Telefonbücher wälzen oder sich eben selbst auf die Socken zu einer Adresse machen musste, um etwas herauszufinden.
Die Geschichte startet entsprechend auch mit einigen herrlich kuriosen und auch feinfühligen Briefen, die William aus den Massen von nicht zugestellter Post herausfischt. Das tut er mit Leidenschaft und Interesse. Und eines Tages stolpert er über einen besonders besonderen Brief, einen in einem mitternachtsblauen Umschlag, der an "Meine große Liebe" adressiert ist. William verliert sich in diesen Worten, und als es nicht bei einem Brief bleibt, sondern neue dazu kommen, kann er nicht umhin, sich zu fragen, ob nicht vielleicht tatsächlich er selbst gemeint ist mit diesen Worten...?
Allzu gern lässt er sich auf diese Gedankenspielerei ein und sehnt jeden neuen Brief herbei, wohl auch deshalb, weil es in seiner eigenen Ehe mehr als kriselt und alle Zeichen auf Trennung stehen.
Soweit zur schnellen Zusammenfassung, die aber wiederum auch bereits alles relevante aufzählt, was es zu diesem Buch zu sagen gibt. Denn letztlich bin ich ziemlich enttäuscht von dem, was Frau Cullen aus ihrer so tollen und interessanten Romanidee gemacht hat. Wo anfangs noch diese außergewöhnlichen Briefe vorgestellt wurden, verliert sich der Zauber dieser Briefzustellungs-Abteilung zunehmend über die Seiten, weil einfach nicht mehr davon erzählt wird. Nein, fortan wird das Buch eine Erzählung über eine gescheiterte Ehe und die unglücklichen Versuche von William und seiner Frau Clare, zu kitten, was eigentlich gar nicht mehr zu kitten und retten ist. Immer mehr geht es nur um Streits, um Auseinandersetzungen, um das Aneinander-Vorbeileben der beiden. Clare wurde mir von Seite zu Seite unsympathischer und hatte damit bei mir einen sehr schweren Stand, neben der unbekannten geheimnisvollen Verfasserin der mitternachtsblauen Briefe zu bestehen und sich zu behaupten. Damit bekam ich beim Lesen leider überhaupt nicht das, was ich mir erhofft hatte, und auch nicht das, was die Inhaltsangabe vermuten lässt.
Ich hätte William eine romantische Geschichte gegönnt, mit geheimnisvollen Briefe, einer Schnitzeljagd gleich, einer lebensverändernden Suche nach der Briefverfasserin, die tatsächlich nicht erst auf den letzten 20 Seiten des Buches stattfindet. Aber das bietet "Die verlorenen Briefe des William Woolf" leider nicht, und so kommt es, dass ich zum ersten Mal tatsächlich ein bisschen enttäuscht von einem Buch aus dem Wunderraum Verlag bin.