Produktdetails
- Verlag: Hohenheim Verlag
- Seitenzahl: 200
- Deutsch
- Abmessung: 190mm
- Gewicht: 308g
- ISBN-13: 9783898501354
- ISBN-10: 3898501353
- Artikelnr.: 14254887
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.09.2006Schizophrenien im Alltag
Der CDU-Abgeordnete und Buchautor Uwe Lehmann-Brauns wirft einen weitgehend parteineutralen, nüchternen und teils ernüchternden Blick auf die deutsche Nachkriegs-, Teilungs- und Wiedervereinigungsgeschichte. Als scharfsichtiger Chronist beleuchtet er die alltäglichen Schizophrenien in den Halbstädten dies- und jenseits der Mauer. Dem "Mythos Berlin" stellt er das zerstörte, zerrissene und bewachte Berlin "ohne Auslauf und Perspektive" gegenüber. Von den "falschen Fünfzigern" und scheinbar heilen Wirtschaftswunderzeiten spannt er den Bogen über den Mauerbau, Brandts Ostpolitik und die von ihm nur bedingt geschätzten Achtundsechziger, über den Stillstand der Siebziger und die Aufbrüche der achtziger Jahre bis hin zur kurzen Euphorie wegen des Mauerfalls und den andauernden Nachwehen der Wendezeit. Frei von Ostalgieanwandlungen, läßt der Autor die Nachwendeprobleme der neunziger Jahre wie die Aufarbeitung von Stasi-Vergangenheiten, die Abrüstung der Kultur in Ost-Berlin, den Streit um die Vereinigung der Ost-Berliner Akademie der Künste mit der Westakademie oder den "Bilderstreit" wegen DDR-Staatskünstlern und die Hauptstadtdiskussionen Revue passieren. Die Begegnungen mit Künstlern und Intellektuellen, die eher notdürftig nach Dezennien unterteilt werden, sind bruchstückhaft und erwecken bei aller moralischen Prägnanz und Brillanz einzelner Formulierungen leider nicht den Eindruck eines stringent konzipierten Buchs. Das Werk wird ergänzt durch teils luzide und konsumkritische, teils aber auch etwas kontroverse Essays und gratwandernde Gedankenspiele. So sinniert der Autor in "Die verschmähte Nation" und "Nachtwächter des Pluralismus" über den ideell abgetauchten Staat und die abhanden gekommene Nation, über Patriotismus, "Wir-Gefühl", Grundsolidarität und den mangelnden europäischen Gedanken. Die "Streitgegenstände" im Anhang, unkommentierte Briefwechsel des Autors mit Künstlern, Politikern und Intendanten, sind hingegen brauchbare Zeitdokumente.
sg
"Die verschmähte Nation. Berliner Begegnungen, Wertungen" von Uwe Lehmann-Brauns. Mit einem Vorwort von Wolf Biermann. Hohenheim Verlag GmbH, Stuttgart 2005. 238 Seiten. Gebunden, 18 Euro. ISBN 3-89850-135-3.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der CDU-Abgeordnete und Buchautor Uwe Lehmann-Brauns wirft einen weitgehend parteineutralen, nüchternen und teils ernüchternden Blick auf die deutsche Nachkriegs-, Teilungs- und Wiedervereinigungsgeschichte. Als scharfsichtiger Chronist beleuchtet er die alltäglichen Schizophrenien in den Halbstädten dies- und jenseits der Mauer. Dem "Mythos Berlin" stellt er das zerstörte, zerrissene und bewachte Berlin "ohne Auslauf und Perspektive" gegenüber. Von den "falschen Fünfzigern" und scheinbar heilen Wirtschaftswunderzeiten spannt er den Bogen über den Mauerbau, Brandts Ostpolitik und die von ihm nur bedingt geschätzten Achtundsechziger, über den Stillstand der Siebziger und die Aufbrüche der achtziger Jahre bis hin zur kurzen Euphorie wegen des Mauerfalls und den andauernden Nachwehen der Wendezeit. Frei von Ostalgieanwandlungen, läßt der Autor die Nachwendeprobleme der neunziger Jahre wie die Aufarbeitung von Stasi-Vergangenheiten, die Abrüstung der Kultur in Ost-Berlin, den Streit um die Vereinigung der Ost-Berliner Akademie der Künste mit der Westakademie oder den "Bilderstreit" wegen DDR-Staatskünstlern und die Hauptstadtdiskussionen Revue passieren. Die Begegnungen mit Künstlern und Intellektuellen, die eher notdürftig nach Dezennien unterteilt werden, sind bruchstückhaft und erwecken bei aller moralischen Prägnanz und Brillanz einzelner Formulierungen leider nicht den Eindruck eines stringent konzipierten Buchs. Das Werk wird ergänzt durch teils luzide und konsumkritische, teils aber auch etwas kontroverse Essays und gratwandernde Gedankenspiele. So sinniert der Autor in "Die verschmähte Nation" und "Nachtwächter des Pluralismus" über den ideell abgetauchten Staat und die abhanden gekommene Nation, über Patriotismus, "Wir-Gefühl", Grundsolidarität und den mangelnden europäischen Gedanken. Die "Streitgegenstände" im Anhang, unkommentierte Briefwechsel des Autors mit Künstlern, Politikern und Intendanten, sind hingegen brauchbare Zeitdokumente.
sg
"Die verschmähte Nation. Berliner Begegnungen, Wertungen" von Uwe Lehmann-Brauns. Mit einem Vorwort von Wolf Biermann. Hohenheim Verlag GmbH, Stuttgart 2005. 238 Seiten. Gebunden, 18 Euro. ISBN 3-89850-135-3.
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