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Wir kämpfen mit aller Kraft um Erfolg, Geld und Glück. Was aber tun, wenn das Talent nicht ausreicht und Fair Play zu nichts führt? Wie viele Niederlagen sind nötig, bis sich eine Taube in einen Falken verwandelt? Die Verschwörung der Tauben erzählt die Geschichte einer solchen Verwandlung. Alfredo Cannella ist der Sohn eines reichen venezianischen Unternehmers, Donka Berati ein mittelloser Albaner, der mit einemStipendium im selben Jahrgang wie Alfredo an der Mailänder WirtschaftsuniversitätBocconi studiert. Beide sind brillant, ambitioniert, entschieden, sich zu nehmen, was sie glauben zu…mehr

Produktbeschreibung
Wir kämpfen mit aller Kraft um Erfolg, Geld und Glück. Was aber tun, wenn das Talent nicht ausreicht und Fair Play zu nichts führt? Wie viele Niederlagen sind nötig, bis sich eine Taube in einen Falken verwandelt? Die Verschwörung der Tauben erzählt die Geschichte einer solchen Verwandlung. Alfredo Cannella ist der Sohn eines reichen venezianischen Unternehmers, Donka Berati ein mittelloser Albaner, der mit einemStipendium im selben Jahrgang wie Alfredo an der Mailänder WirtschaftsuniversitätBocconi studiert. Beide sind brillant, ambitioniert, entschieden, sich zu nehmen, was sie glauben zu verdienen. Zwischen ihnen erwächst eine Freundschaft, die sie auf ihren zunächst parallelen, dann immer häufiger auch kollidierenden Werdegängen begleitet, die gespickt sind mit Finanzspekulationen, kleinen Betrügereien und großen Immobilienprojekten. Beide gehen ihre Karriere wie einen Wettstreit an: Alfredo, um seinem Vater zu zeigen, wie er sich irrt, den Sohn für unfähig und verwöhnt zu halten,Donka, um gegen ein scheinbar vorgezeichnetes Schicksal anzugehen.Doch aus einem unfairen Wettstreit geht derjenige als Sieger hervor, derdie wenigsten Skrupel hat.Vor dem Hintergrund eines aus wirtschaftlichen Gründen vereinten Europas und in einem von tiefgreifenden urbanen Transformationen gezeichneten Mailand erzählt Vincenzo Latronico überzeugend und mit Verve von Leidenschaften. Er berührt dabei ein moralisches Problem im Herzen unserer Gesellschaft: die Gründe, Ausflüchte und Entschuldigungen, mit denen wir denjenigen verraten, der uns vertraut.Ausgezeichnet mit dem Premio Bergamo 2012 und dem Premio Napoli 2012!
Autorenporträt
Latronico, VincenzoVINCENZO LATRONICO (geb. 1984, in Rom studierte bei Paolo Valore an der Università degli studi di Milano Philosophie, er übersetzte Werke von P.G. Wodehouse, Hanif Kureishi, Francis Scott Fitzgerald und anderen. 2008 erschien bei Bompiani sein erster Roman, Ginnastica e Rivoluzione, 2009 folgte La cospirazione delle colombe sowie weitere Veröffentlichungen, darunter Texte für das Theater, zuletzt, wiederum bei Bompiani, der Roman La mentalità dell'alveare.Die Verschwörung der Tauben ist Latronicos erster Roman in deutscher Übersetzung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.07.2016

Korruption als große Kunst
Neuer Meister der italienischen Literatur: Vincenzo Latronicos Roman "Die Verschwörung der Tauben"

"Von Zeit zu Zeit wird jemand geboren, der eines schönen Tages den Entschluss fasst, die Welt zu erobern, und kurz darauf zieht er los auf der Suche nach einem Ort, wo er die Messer wetzen kann." Ein Satz, selbst schneidend scharf wie eine Klinge: So vielversprechend säbelt Vincenzo Latronico den Champagnerkorken und lässt dann sein Talent sprudeln. "Die Verschwörung der Tauben", das zweite Buch des 1984 geborenen Autors, ist einer der ambitioniertesten italienischen Romane der letzten Jahre, und - das sei verraten - er hält das Niveau bis zur letzten Zeile.

Latronico beweist endlich einmal wieder, dass Romane von jenseits der Alpen sich nicht zwischen gutem Plot und anspruchsvoller Sprache oder Psychologie entscheiden müssen, dass sie geistreich sind und spannend von der Gegenwart berichten. Der selbst noch junge Secession Verlag aus Zürich, der mit Jérôme Ferrari einen späteren Goncourt-Preisträger ins Programm genommen hatte, zeigt abermals Gespür für Talent.

"Die Verschwörung der Tauben" erzählt die Geschichte zweier ungleicher Freunde: Alfredo Cannella, Sohn eines venezianischen Baulöwen und Firmenerbe in spe, sowie Donka Berati, Sohn eines einfachen albanischen Arbeiters, der seinen Weg machen will. Die beiden jungen Männer sind die Erben von Julien Sorel, Eugène de Rastignac und Frédéric Moreau: Latronico erzählt wie ein französischer Realist von "jungen Wölfen mit langen Zähnen", welche die Welt erobern wollen. Das probate Mittel ist Harvard, aber der eine kommt nicht rein, und der andere fliegt wieder raus. Sie treffen sich in Mailand, wo beide an der Bocconi, einer privaten Wirtschaftsuniversität, studieren. Anschließend ergattert Donka ein Doktorandenstipendium an der staatlichen Universität, während Alfredo leer ausgeht. Er sieht sich auf den Markt geworfen, der dank der väterlichen Hand nur halb frei ist: Er beginnt, in der Mailänder Niederlassung des Familienunternehmens zu arbeiten.

In der Folge entwirft Latronico ein weitgespanntes Netz von Figuren, mit dem er die heutige Welt einzufangen sucht. Da wäre Professor Eugenio Corradini, Donkas Betreuer, ein korrupter Strippenzieher in einem korrupten System. Oder Kay Montana, Alfredos Kollegin, die vom Blumen- zum Immobilienhandel gewechselt hat und die Trennung von ihrem Ex-Mann Maurizio nicht verkraftet, der im New Yorker Investmentbanking Geld scheffelt. Vor allem wäre da Eltjon Thika, der Landsmann Donkas, ein Tausendsassa, der einen Dönerladen betreibt, schwunghaft mit Bürgschaften handelt, Geldtransfers für Migranten anbietet und schließlich Donka dazu überredet, ein Schneeballsystem aufzubauen - genau wie jenes, mit dem Eltjon einst halb Albanien ruiniert hat, darunter Donkas Familie. Die Eminenz im Hintergrund ist der Millionenerbe Miles Eli Rosewater, den Donka aus Harvard kennt, wo beide um die attraktive Drina Drzic warben; er wird Alfredos Geschäftspartner.

Albanien: die arme Herkunft. Amerika: der Traum vom Erfolg. Italien: die Realität, in der man sein Glück versucht. Das sind die Spielfelder, auf denen Latronico seine Figuren aufstellt. All die Geschichten, ob in der Gegenwart oder in der Rückschau erzählt, gruppiert er geschickt um seine Hauptfiguren Alfredo und Donka, deren Wege sich des Öfteren kreuzen. Als Erzähler dient ihm ein Kommilitone der beiden, der allerdings Donka nahesteht und parteiisch ist - eine geschickte ironische Wendung unter vielen. Latronico ist ein hervorragender Fabulierer, er geht den eigenen Geschichten jedoch nicht auf den Leim.

Die zwei Figuren entwickeln sich auf sehr unterschiedliche Weise: Alfredo fällt bei seinen Immobilienspekulationen auf die Nase, wird vom Vater gerettet und beginnt in New York eine neue Karriere als Vermögensverwalter. Getrieben vom Bedürfnis, "Papà" den eigenen Erfolg zu beweisen, kehrt er zurück, um ein Immobilienprojekt in Mailand zu lancieren. Sein Leben scheint von Erfolg, Luxus und schönen Frauen bestimmt; er erobert sogar Drina, die nun als "motivational consultant" arbeitet und den Finanzbetrieb von innen kennt. Donka hingegen muss einsehen, dass die akademische Laufbahn steinig ist und der Erfolg zweifelhaft: Er lehrt, wird promoviert, schreibt Artikel für seinen Professor; sein Liebesleben beschränkt sich auf sadomasochistischen Sex mit der herben Carla aus der Möbelverwaltung.

Da stirbt der Protektor, und die lieben Kollegen versuchen "in emsiger Kleinarbeit etwas von Eugenio Corradinis Leiche zu fleddern". Donka beerdigt Corradini mitsamt seiner Unilaufbahn und sucht nach einem Plan B. Er hilft Alfredo bei einer Transaktion, lässt sich von Eltjon in schmutzige Geschäfte ziehen und beginnt eine Affäre mit Drina. Dank ihrer Insiderkenntnisse kommt er dahinter, dass Rosewater, der einst für seinen Rausschmiss aus Harvard gesorgt hatte, ein zweiter Madoff ist: für Donka die Gelegenheit zu einer großartigen Rache.

Am Ende des Romans stehen zwei Ponzi-Systeme, ein amerikanisches und ein albanisches; die unter Liebe und Freundschaft schwelenden Konflikte explodieren in der finalen Abrechnung. Darauf spielt der Titel des Romans an, denn Latronico bemüht Spieltheorie und Ethologie. Das menschliche Sozialverhalten ähnelt dem von zwei Vogelarten: "die ,Falken', die während einer Begegnung versuchen, den eigenen Profit zum Nachteil des anderen zu maximieren, und die ,Tauben', die eine Zusammenarbeit bevorzugen, selbst wenn sie dabei Einbußen erleiden. Ein Falke ist jemand, könnte man sagen, der zum Verrat bereit ist. Und eine ,Taube' ist jemand, der vertraut, auch auf die Gefahr hin, verraten zu werden." Clou des Modells ist, "dass die natürliche Auslese zur Bevorzugung der Tauben tendiert", weil sie in der Gruppe handeln - und eine "Verschwörung der Tauben" liegt vor, wenn "es den Tauben, jeder Voraussage zum Trotz, im Laufe weniger Generationen gelingt, eine beliebige Population an Falken zu überwältigen". Auf die menschliche Gesellschaft übertragen, bedeutet dies, dass die Falken versuchen werden, sich den Tauben anzupassen. Nur: Können schlafende Falken nicht aufwachen? Wer ist Taube, wer Falke? Gilt das Modell auch für Freundschaften? Stimmt es überhaupt? Kurz: Wer gewinnt?

Menschen- als Tiergruppen im Überlebenskampf, die Einsamkeit des Einzelnen, der Roman als Experimentierfeld: "Die Verschwörung der Tauben" ist mit Michel Houellebecqs Romanen verwandt, schlägt aber einen leichteren Ton an. Latronico kennt das Chaos und traut dem menschlichen Witz. Er parliert mit treffsicherer Leichtigkeit davon, wie Leidenschaften entstehen, vergehen, wie Menschen das Ruder herumreißen. So jung und schon ein abgebrühter Träumer: Mit Latronico wird man rechnen müssen.

NIKLAS BENDER

Vincenzo Latronico: "Die Verschwörung der Tauben". Roman.

Aus dem Italienischen von Klaudia Ruschkowski. Secession Verlag für Literatur, Zürich 2016. 336 S., geb., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Maike Albath schwört auf diesen rasanten, erstmals 2013 erschienenen Roman von Vincenzo Latronico. Der Autor legt einen Finanzthriller um Macht und Gier und zugleich ein Porträt einer verlorenen Generation Italiens vor, schreibt sie begeistert, und verbindet dabei eine Pychopathologie der Nullerjahre mit archaischen Motiven. Laut Albath macht Latronico das sehr geschickt, erschafft eine Kain-und-Abel-Konstellation, spielt mit Metafiktion, Autofiktion, Spieltheorie und Anleihen bei Houellebecq, Foster Wallace und Roberto Bolaño und kennt sich mit Bauspekulation und dem Erzählton des 19. Jahrhunderts gleichermaßen aus. Einprägsame Figuren und analytisches Geschick beim Blick auf die Berlusconi-Ära und die Mailänder Lokalpolitik machen das Buch für Albath zusätzlich lesenswert.

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