Die Zeichen haben sich verschworen. Wie eine unsichtbare Macht dringen sie in unsere Kultur ein und infiltrieren unsere Weltbilder. Durch die Schrift lassen sich Gedanken auf dem Papier verewigen und so als etwas vom Körper Verschiedenes begreifen. Diese Beobachtung legt nahe, dass die Welt in zwei Bereiche zu trennen sei: entweder Geist oder Materie, Kultur oder Natur, Himmel oder Erde. Alle großen (Schrift-)Religionen und philosophischen Schulen haben diese Aufteilung übernommen. Immer wieder wird sie zur Rechtfertigung von Unterdrückung genutzt - etwa wenn Frauen oder andere sogenannte 'Minderheiten' auf der Seite der Natur verortet werden. Sie zeigt sich aber auch in der Gegenüberstellung von Teilen vs. Tauschen, Liebe vs. Kommerz oder Rache vs. Rechtsstaat. All diese Zweiteilungen führen dazu, dass wichtige Teile der Realität verschleiert werden und Gesellschaft und Welt, Wirtschaft und Geld unverstanden bleiben. Doch selten stand die Zweifaltigkeit so sehr in Frage wie heute. Immer deutlicher wird es, dass die Wirklichkeit nicht nur auf zwei Seinsbereichen, sondern auf vielfältigen Verbindungen und Differenzen basiert sowie auf einem Phänomen, das als 'Logik der Gabe' immer bekannter wird. Und wieder sind es die Zeichen, die medialen und technischen Veränderungen, die diese weltanschauliche Erneuerung maßgeblich begleiten. Das vorliegende Buch ist ein Versuch, die Folgen und Potenziale dieser (historischen sowie gegenwärtigen) Veränderungen für das Zusammenleben auszuloten. Es wird zu zeigen sein, dass Geld ein Medium der Gabe ist, die Religion ein Produkt der Schrift, der Rechtsstaat nach der Logik der Rache funktioniert und nicht zuletzt: dass die neuen Medien eine neue 'realistische' Philosophie hervorbringen. Eine Philosophie, die helfen kann, den weltlichen Katastrophen besser zu begegnen, die vom binären Geist - der sie ja teilweise mitverursachte - kaum zu lösen sind.