Wie ein skrupelloser Bauunternehmer mit Bestechung, Erpressung und Mord seine Ziele durchzusetzen versucht und in Kauf nimmt, dass die eigene Familie daran zerbricht: In seinem grandiosen Roman zeichnet Ortuño ein erschütterndes Sittenbild des heutigen Mexiko, in dem Korruption und Gewalt allgegenwärtig sind. Der Bauunternehmer Don Carlos Flores plant in Guadalajara eine luxuriöse Wohnanlage, für die er schon einen Namen hat, Olinka, und auch Investoren. Er muss sich für dieses Projekt, das ihn und seine Familie noch reicher machen soll, nur noch den Grund und Boden aneignen. Und die Leute vertreiben, die dort wohnen. Dazu ist ihm jedes Mittel recht. Viele gehen nach Schikanen freiwillig, aber zwei Familien lassen sich nicht vertreiben und die sind plötzlich verschwunden. Gleichzeitig wird Don Carlos der Geldwäsche für die Drogenbosse aus dem Norden Mexikos beschuldigt und Journalisten recherchieren, wo die Verschwundenen geblieben sind. Alle Spuren weisen auf Don Carlos, der denKopf aus der Schlinge zieht und seinen Schwiegersohn, Aurelio Blanco, als Bauernopfer den Behörden ausliefert. Ohne zu ahnen, wofür er eigentlich benutzt wird, deckt ihn Aurelio bereitwillig. Doch mit 15 Jahren Haft hat er nicht gerechnet. Als man ihn freilässt, sucht er Gerechtigkeit. Wird es sie für ihn geben?
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Mit "Die Verschwundenen" liest Rezensentin Sigrid Löffler Antonio Ortunos literarische Abrechnung mit seiner Heimatstadt Guadalajara - eigentlich sogar mit ganz Mexiko. Denn diese Stadt steht für den mexikanischen Journalisten und Schriftsteller quasi exemplarisch für alles, was in seinem Land schief läuft: Drogenhandel, Korruption, Wirtschaftskriminalität, Gewalt. Erzählt wird die Geschichte des mafiösen Bauunternehmers Don Carlos Flores und seines groß angelegten Bauprojektes, das zahlreiche Menschen ihr Zuhause, mehrere Bauern ihr Land und zwei Familien sogar das Leben kostet. Diese Familien haben nämlich den Fehler gemacht, sich nicht vertreiben zu lassen und stattdessen gegen den Bau der geplanten Luxusanlage zu wehren. Sie stören, also werden sie beseitigt. Dass Menschen einfach verschwinden, ist in Mexiko keine Seltenheit, weiß Löffler nach der Lektüre von Ortunos wütendem Roman. 35.000 Personen gelten derzeit als vermisst. In "Die Verschwundenen" wird am Modell Guadalajara und der Familie Flores das gesamte kranke System vorgeführt, erklärt die Rezensentin, die allerdings nicht verrät, ob sie die Geschichte auch in literarischer Hinsicht für gelungen hält.
© Perlentaucher Medien GmbH
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