Eine bisweilen hysterische Angst vor der Religion geht bei uns um - vor muslimischen Kopftüchern, Moscheen und Minaretten, vor bibeltreuen US-Reaktionären und einem stockkonservativen Papst, vor befremdlichen Bräuchen wie der Beschneidung. Zur Furcht kommt die Ignoranz: Aus dem herrschenden Bewusstsein ist die Glaubenstradition weithin verschwunden, auch die christliche. Wir leben nicht nur in einer Gesellschaft mit wachsender Religionsfeindschaft. Wir steuern auf eine Kultur des religiösen Analphabetismus zu. Dabei ist, wie Jan Roß zeigt, die Religion ihrem Wesen nach keine Gefahr für den Menschen, sondern im Gegenteil eine Bastion der Humanität. Die Suche nach Gott hat die kühnsten Gedanken inspiriert, die Ideen von Sünde, Ewigkeit und Gewissen haben unserem Selbstverständnis Tiefe gegeben. Religion ist eine Kraft, ohne die das Leben ärmer, enger und kälter wäre. Ihr zuerst verdanken wir die Utopie von Brüderlichkeit und Gleichheit. Die pure Diesseitigkeit dagegen legt dem Menschen Fesseln an und lässt ihn verkümmern. Eine provozierende Zeitdiagnose - und ein bewegendes Plädoyer für einen neuen religiösen Humanismus.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.12.2012Wir unheilbar
Gesunden
Jan Roß attackiert Pragmatismus, Lauheit
und pluralistische Gewissen – eine Streitschrift
gegen die hysterische Angst vor Religion
VON MICHAEL STALLKNECHT
Das katholische Abenteuer. Eine Provokation“ nannte im vergangenen Jahr der Journalist Matthias Matussek sein Buch zum Thema. Schon mit dem Titel wollte der Ex-Kulturchef des Spiegel suggerieren: Was vielen als reaktionär gilt, ist heute die echte Rebellion, der einzige unbefahrene Kontinent, das letzte Außen zu einer Welt des vollständigen Innen. „Der Katholizismus zielt auf die Gegenwelt“, konnte man da unter anderem lesen. „Ja, eigentlich sind wir die Sex Pistols unter den Konfessionen.“
Derart reißerisch würde Jan Roß, Redakteur bei der vornehmen Zeit, das natürlich nie formulieren. Aber seine aktuelle Streitschrift „Die Verteidigung des Menschen – Warum Gott gebraucht wird“ meint zuletzt dasselbe: Dass Religion auf eine andere Wirklichkeit zielt, bleibt ihr Freiheitspotenzial. Deshalb macht sie den Menschen groß und nicht klein. Im Namen der Götter trete schon Antigone auf, und Sokrates verteidige sein Philosophieren vor Gericht als göttlichen Auftrag. Zumal der Gott am Kreuz zeigt für Roß „eine besondere Beziehung der Religion zum Widerstand“. Nur: „Für sechzig Prozent Wahrheit stirbt man nicht.“ Die Inhalte des eigenen Glaubens für wahr zu halten, bleibe die Voraussetzung, dass dieser nicht vereinnahmt werden könne. Nicht aus persönlicher Laune habe Thomas More sich Heinrich VIII. entgegengestellt, sondern weil er Gott noch mehr fürchtete als diesen. Dass Religionen derzeit schnell unter Fundamentalismusverdacht geraten, sobald sie sich als letztgültig begreifen, scheint Roß deshalb selbst verdächtig.
Zu Beginn der 2000er Jahre zählte Roß zu den Galionsfiguren dessen, was man seinerzeit den Feuilletonkatholizismus nannte: Als bekennend liberaler Agnostiker und Protestant zudem zeigte er sich in einer Biografie über Johannes Paul II. beeindruckt von der dogmatischen Unnachgiebigkeit des Katholizismus. Auch damals schon zeichnete er den Papst als widerständige Figur gegen den Materialismus in beiderlei Gestalt, der kommunistischen ebenso wie der westlich kapitalistischen. Roß suchte da quasi die Urgestalt eines Liberalen, der sich im Gegensatz zu linkem und rechtem Denken Grundsatzpositionen entzieht und Freiheit im jeweils Konkreten behauptet.
Im Konkreten aber leiden wir für Roß derzeit eben nicht unter jenem Gut-und-Böse-Denken, vor dem ständig gewarnt werde, sondern unter übermäßigem Pragmatismus. Die Lauheit selbst erscheint da als Gestalt von Repression. Wer jeden Standpunkt für gleichermaßen legitim halte, so Roß, der passe sich auch aus Prinzip allem an. Die pluralistische Gesellschaft bleibe ein Gewinn, das pluralistische Gewissen aber sei ein Schrecken.
Religionskritik selbst sei konservativ geworden, sie stabilisiere den Status quo. Im Konkreten bestätige zum Beispiel Kritik am kirchlichen Schuldbegriff derzeit nur noch die eigene Selbstzufriedenheit. „Nicht an einem krankhaften schlechten Gewissen leidet die Gegenwart, sondern eher an einem pathologisch guten: an unheilbarer seelischer Gesundheit.“ Das „So und nicht anders“ und „Es ist, wie es ist“ verschließe uns in einer alternativlosen, klaustrophobischen Wirklichkeit.
Roß weiß natürlich, dass er damit beim Urtopos der Kritischen Theorie gelandet ist und empfiehlt tatsächlich das Kursbuch der 68-er zur Relektüre: Marcuses „Der eindimensionale Mensch“. „Das Prinzip Hoffnung ist kein Verbrechen, nicht naiv und nicht totalitär, sondern der Gegenentwurf zu einer unwürdigen Ideologie der Genügsamkeit und der Komplizenschaft mit den Dingen, wie sie nun einmal sind.“ Utopisches Denken gehört im Konkreten nämlich ebenfalls zu jenen Dingen, die für Roß einem übertriebenen Generalverdacht verfallen. Nirgendwo aber könnte es sich unverfänglicher regenerieren als an seiner messianischen Quelle, wie sie sich im prophetischen Erbe oder der egalitären Dynamik des Judentums und des Christentums zeige.
Obwohl Roß betont, dass Christsein immer schon jenseits politischer Stellungsspiele stehe: Dass ein eher orthodoxes Religionsverständnis den Anschluss an die Widerstandsideale der älteren Linken sucht, scheint ein neues Bündnis anzubahnen in den immer unübersichtlicheren Frontverläufen der Gegenwart. Auch Matussek wollte mit seinem Buch ja belegen, dass er als romtreuer Katholik von heute noch immer derselbe sei wie als maoistischer Student; als rebel guy bleibt er dabei bloß die anstrengendere, aber letztlich auch glaubwürdigere Besetzung. Roß nämlich bewegt sich auf Expedition in die härteren Gefilde des Religiösen immer ein wenig wie der protestantische Bürger auf Forschungsreise, der zuletzt befinden darf, das Sündenbewusstsein des Augustinus sei vielleicht doch übertrieben gewesen oder aus der Sexualität hätten sich die Religionen rauszuhalten.
Ein bisschen Absolutsein aber geht halt schlecht, man kann nicht aus allgemeinen Erwägungen bedingungslos werden. Die großen religiösen Streitschriften vom Alten Testament über Kierkegaard bis Karl Barth sind deshalb immer auch Dokumente des Ringens mit und sogar gegen den Glauben. Roß dagegen hat ein klassisches Debattenbuch vorgelegt: gut formuliert, in manchem provokant, selten reißerisch und in vielem anregend. Bester Feuilletonkatholizismus sozusagen.
Jan Roß: Die Verteidigung des Menschen – Warum Gott gebraucht wird. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2012. 224 Seiten, 18,95 Euro.
„Für sechzig Prozent
Wahrheit stirbt
man nicht.“
Andrej Rubljows „Erlöser“, heute in der Moskauer Tretjakow-Galerie, entstand 1420. „Nicht für Gott, für den Menschen ist die Religion da“, schreibt Jan Roß, sie mache ihn „frei, reich, tief, groß“, menschlich. Die gottlose Gesellschaft ist von Unmenschlichkeit bedroht.
FOTO: BRIDGEMANART.COM
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Gesunden
Jan Roß attackiert Pragmatismus, Lauheit
und pluralistische Gewissen – eine Streitschrift
gegen die hysterische Angst vor Religion
VON MICHAEL STALLKNECHT
Das katholische Abenteuer. Eine Provokation“ nannte im vergangenen Jahr der Journalist Matthias Matussek sein Buch zum Thema. Schon mit dem Titel wollte der Ex-Kulturchef des Spiegel suggerieren: Was vielen als reaktionär gilt, ist heute die echte Rebellion, der einzige unbefahrene Kontinent, das letzte Außen zu einer Welt des vollständigen Innen. „Der Katholizismus zielt auf die Gegenwelt“, konnte man da unter anderem lesen. „Ja, eigentlich sind wir die Sex Pistols unter den Konfessionen.“
Derart reißerisch würde Jan Roß, Redakteur bei der vornehmen Zeit, das natürlich nie formulieren. Aber seine aktuelle Streitschrift „Die Verteidigung des Menschen – Warum Gott gebraucht wird“ meint zuletzt dasselbe: Dass Religion auf eine andere Wirklichkeit zielt, bleibt ihr Freiheitspotenzial. Deshalb macht sie den Menschen groß und nicht klein. Im Namen der Götter trete schon Antigone auf, und Sokrates verteidige sein Philosophieren vor Gericht als göttlichen Auftrag. Zumal der Gott am Kreuz zeigt für Roß „eine besondere Beziehung der Religion zum Widerstand“. Nur: „Für sechzig Prozent Wahrheit stirbt man nicht.“ Die Inhalte des eigenen Glaubens für wahr zu halten, bleibe die Voraussetzung, dass dieser nicht vereinnahmt werden könne. Nicht aus persönlicher Laune habe Thomas More sich Heinrich VIII. entgegengestellt, sondern weil er Gott noch mehr fürchtete als diesen. Dass Religionen derzeit schnell unter Fundamentalismusverdacht geraten, sobald sie sich als letztgültig begreifen, scheint Roß deshalb selbst verdächtig.
Zu Beginn der 2000er Jahre zählte Roß zu den Galionsfiguren dessen, was man seinerzeit den Feuilletonkatholizismus nannte: Als bekennend liberaler Agnostiker und Protestant zudem zeigte er sich in einer Biografie über Johannes Paul II. beeindruckt von der dogmatischen Unnachgiebigkeit des Katholizismus. Auch damals schon zeichnete er den Papst als widerständige Figur gegen den Materialismus in beiderlei Gestalt, der kommunistischen ebenso wie der westlich kapitalistischen. Roß suchte da quasi die Urgestalt eines Liberalen, der sich im Gegensatz zu linkem und rechtem Denken Grundsatzpositionen entzieht und Freiheit im jeweils Konkreten behauptet.
Im Konkreten aber leiden wir für Roß derzeit eben nicht unter jenem Gut-und-Böse-Denken, vor dem ständig gewarnt werde, sondern unter übermäßigem Pragmatismus. Die Lauheit selbst erscheint da als Gestalt von Repression. Wer jeden Standpunkt für gleichermaßen legitim halte, so Roß, der passe sich auch aus Prinzip allem an. Die pluralistische Gesellschaft bleibe ein Gewinn, das pluralistische Gewissen aber sei ein Schrecken.
Religionskritik selbst sei konservativ geworden, sie stabilisiere den Status quo. Im Konkreten bestätige zum Beispiel Kritik am kirchlichen Schuldbegriff derzeit nur noch die eigene Selbstzufriedenheit. „Nicht an einem krankhaften schlechten Gewissen leidet die Gegenwart, sondern eher an einem pathologisch guten: an unheilbarer seelischer Gesundheit.“ Das „So und nicht anders“ und „Es ist, wie es ist“ verschließe uns in einer alternativlosen, klaustrophobischen Wirklichkeit.
Roß weiß natürlich, dass er damit beim Urtopos der Kritischen Theorie gelandet ist und empfiehlt tatsächlich das Kursbuch der 68-er zur Relektüre: Marcuses „Der eindimensionale Mensch“. „Das Prinzip Hoffnung ist kein Verbrechen, nicht naiv und nicht totalitär, sondern der Gegenentwurf zu einer unwürdigen Ideologie der Genügsamkeit und der Komplizenschaft mit den Dingen, wie sie nun einmal sind.“ Utopisches Denken gehört im Konkreten nämlich ebenfalls zu jenen Dingen, die für Roß einem übertriebenen Generalverdacht verfallen. Nirgendwo aber könnte es sich unverfänglicher regenerieren als an seiner messianischen Quelle, wie sie sich im prophetischen Erbe oder der egalitären Dynamik des Judentums und des Christentums zeige.
Obwohl Roß betont, dass Christsein immer schon jenseits politischer Stellungsspiele stehe: Dass ein eher orthodoxes Religionsverständnis den Anschluss an die Widerstandsideale der älteren Linken sucht, scheint ein neues Bündnis anzubahnen in den immer unübersichtlicheren Frontverläufen der Gegenwart. Auch Matussek wollte mit seinem Buch ja belegen, dass er als romtreuer Katholik von heute noch immer derselbe sei wie als maoistischer Student; als rebel guy bleibt er dabei bloß die anstrengendere, aber letztlich auch glaubwürdigere Besetzung. Roß nämlich bewegt sich auf Expedition in die härteren Gefilde des Religiösen immer ein wenig wie der protestantische Bürger auf Forschungsreise, der zuletzt befinden darf, das Sündenbewusstsein des Augustinus sei vielleicht doch übertrieben gewesen oder aus der Sexualität hätten sich die Religionen rauszuhalten.
Ein bisschen Absolutsein aber geht halt schlecht, man kann nicht aus allgemeinen Erwägungen bedingungslos werden. Die großen religiösen Streitschriften vom Alten Testament über Kierkegaard bis Karl Barth sind deshalb immer auch Dokumente des Ringens mit und sogar gegen den Glauben. Roß dagegen hat ein klassisches Debattenbuch vorgelegt: gut formuliert, in manchem provokant, selten reißerisch und in vielem anregend. Bester Feuilletonkatholizismus sozusagen.
Jan Roß: Die Verteidigung des Menschen – Warum Gott gebraucht wird. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2012. 224 Seiten, 18,95 Euro.
„Für sechzig Prozent
Wahrheit stirbt
man nicht.“
Andrej Rubljows „Erlöser“, heute in der Moskauer Tretjakow-Galerie, entstand 1420. „Nicht für Gott, für den Menschen ist die Religion da“, schreibt Jan Roß, sie mache ihn „frei, reich, tief, groß“, menschlich. Die gottlose Gesellschaft ist von Unmenschlichkeit bedroht.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
So lässt sich Rezensent Martin Meyer die Wiedergeburt Gottes gefallen. Als Mittel zum besseren Menschsein möchte er sie freilich nicht verstehen, doch Jan Ross bietet ihm neben missionarischer Hemdsärmeligkeit Gott sei Dank auch die "feine Ironie des Gebildeten" und den philosophischen Einwand, die den Autor vor Fundamentalismen bewahren und ihn die dunklen Seiten der Religion, namentlich des Monotheismus, nicht verschweigen lassen, wie Meyer sichtlich erleichtert feststellt. Dem Skeptizismus des Lesers sieht Meyer sanft die Spitze genommen durch Horizonterweiterungen, etwa indem Ross Gott als Humanitätsspender und Perspektiveröffner zeichnet, als Echoraum, der sagt: Du bist nicht allein.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.09.2013Himmelssucher
"Der Mensch braucht nicht nur die Erde, er braucht auch den Himmel." - Jan Roß wird nicht müde, die Vorzüge des Religiösen zu preisen. Er tut es bedacht, differenziert und kenntnisreich. Der "Zeit"-Redakteur definiert Religion als eine Bereicherung, eine Errungenschaft des Zivilisationsprozesses. In der Offenbarung Gottes erkennt er, "dass wir das Teuerste und Beste nicht aus uns selbst haben". Mit der Gottebenbildlichkeit habe der Mensch am Göttlichen Teilhabe, so unverdient wie unwiderruflich. Mit Religion meint der Nicht-Katholik Roß die monotheistischen Glaubensrichtungen und unter ihnen meist unausgesprochen das Christentum in seiner katholischen Prägung. Er verschweigt niemals die verheerenden Wirkungen des Gottesglaubens, weder Inquisition noch Kreuzzüge noch Märtyrerattentäter; doch sein Credo lautet: Religion tut dem Menschen gut, sie weist über ihn hinaus. Bei aller Miesepetrigkeit der frommen Milieus erweist der Glaube sich als befreiend. Da ist es gar kein Widerspruch, dass die Kirchen leer sind, aber die Sehnsucht nach Spiritualität riesengroß ist. Doch Roß erinnert alle Freunde der Patchwork-Religionen daran, dass der monotheistische Weltenherrscher keine fremden Götter neben sich duldet: "Das ist der Gott, der Ansprüche erhebt, der befiehlt und zürnt und richtet." Ein lesenswertes Buch. (Jan Roß: "Die Verteidigung des Menschen". Warum Gott gebraucht wird. Rowohl Verlag, Berlin 2012. 221 S., geb., 18,95 [Euro].) lüc.
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"Der Mensch braucht nicht nur die Erde, er braucht auch den Himmel." - Jan Roß wird nicht müde, die Vorzüge des Religiösen zu preisen. Er tut es bedacht, differenziert und kenntnisreich. Der "Zeit"-Redakteur definiert Religion als eine Bereicherung, eine Errungenschaft des Zivilisationsprozesses. In der Offenbarung Gottes erkennt er, "dass wir das Teuerste und Beste nicht aus uns selbst haben". Mit der Gottebenbildlichkeit habe der Mensch am Göttlichen Teilhabe, so unverdient wie unwiderruflich. Mit Religion meint der Nicht-Katholik Roß die monotheistischen Glaubensrichtungen und unter ihnen meist unausgesprochen das Christentum in seiner katholischen Prägung. Er verschweigt niemals die verheerenden Wirkungen des Gottesglaubens, weder Inquisition noch Kreuzzüge noch Märtyrerattentäter; doch sein Credo lautet: Religion tut dem Menschen gut, sie weist über ihn hinaus. Bei aller Miesepetrigkeit der frommen Milieus erweist der Glaube sich als befreiend. Da ist es gar kein Widerspruch, dass die Kirchen leer sind, aber die Sehnsucht nach Spiritualität riesengroß ist. Doch Roß erinnert alle Freunde der Patchwork-Religionen daran, dass der monotheistische Weltenherrscher keine fremden Götter neben sich duldet: "Das ist der Gott, der Ansprüche erhebt, der befiehlt und zürnt und richtet." Ein lesenswertes Buch. (Jan Roß: "Die Verteidigung des Menschen". Warum Gott gebraucht wird. Rowohl Verlag, Berlin 2012. 221 S., geb., 18,95 [Euro].) lüc.
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