Am 15. Februar 1952 legte die ganze Nation zu Ehren des toten Königs eine Schweigeminute ein. Es war der Tag seiner Beerdigung. Ein denkwürdiger Tag auch für die sechsjährige Mary Ward, die mit ihren Eltern und dem jüngeren Bruder auf einem Kartoffelacker in Suffolk stand. Vom Hof her hörte sie das vertraute Krächzen ihres Perlhuhns Marguerite, dem sie eine erschütternde Entdeckung mitzuteilen hat: "Ich habe eine Neuigkeit für dich, Marguerite, ich habe ein Geheimnis, das ich dir anvertrauen möchte, mein Liebling. Ich bin nicht Mary, das ist ein Irrtum. Ich bin kein Mädchen. Ich bin ein Junge."
So hat sie angefangen, die lange Reise der Mary Ward. Wahrlich keine einfache Aufgabe für die Tochter einer armen Bauernfamilie im England der 50er Jahre. 30 Jahre dauerte es, bis Mary sein darf, der sie ist. Martin. Es gibt nur wenige, die sie begleiten, der Großvater, ihre geliebte Lehrerin. Die Reise verändert Mary, aber auch ihre Familie und die Beziehungen untereinander von Grund auf. Ein langer, schmerzhafter und harter Weg bis zu dem Tag, an dem - 1980 - Post in Nashville, Kentucky eintrifft: "Lieber Martin, bitte verzeih mir. Ich hoffe sehr, dass Du es kannst. Deine Mutter Estelle."
So hat sie angefangen, die lange Reise der Mary Ward. Wahrlich keine einfache Aufgabe für die Tochter einer armen Bauernfamilie im England der 50er Jahre. 30 Jahre dauerte es, bis Mary sein darf, der sie ist. Martin. Es gibt nur wenige, die sie begleiten, der Großvater, ihre geliebte Lehrerin. Die Reise verändert Mary, aber auch ihre Familie und die Beziehungen untereinander von Grund auf. Ein langer, schmerzhafter und harter Weg bis zu dem Tag, an dem - 1980 - Post in Nashville, Kentucky eintrifft: "Lieber Martin, bitte verzeih mir. Ich hoffe sehr, dass Du es kannst. Deine Mutter Estelle."
Ein Song vom
heiligen Country
Oh, Sandra, dichtet der junge Walter, für dich reit ich durch die Tundra. Für dich bin ich frisch und munter . . . „Schwierig, einen Reim auf Sandra zu finden“, meint sein Freund Pete dazu, „aber nicht schlecht für den Anfang.“ Später wird Walter, Fleischerssohn, Hank-Williams-Verehrer, tatsächlich nach Nashville, Tennessee fahren, ins Country-Land. Von vielen Trips in neue Identitäten erzählt Rose Tremain, berühmt durch ihre historischen Romane, in „Sacred Country“, 1992. Und von den Menschen, die zurückbleiben. Die größte Reise unternimmt Mary, Bauerntochter („Die Verwandlung der Mary Ward“ heißt das Buch bei uns), sie beginnt am 15. Februar 1952, 14 Uhr. Mit zwei landesweiten Schweigeminuten für den toten König George VI. („The King’s Speech“!). Die kleine Mary weiß an diesem Tag, dass sie ihr Leben nicht als Mädchen leben will, sondern als Junge. Als Martin. Sie nimmt alle physischen – die Operationen! – und emotionalen Schmerzen auf sich, bis zum Jahr 1980. Ein Roman, der wie ein Country Song ist, schmerzlich, euphorisch. Sein Lied sollte nie aufhören, träumt Walter von seinem Sandra-Song. Es sollte an die Stelle der Zeit treten. FRITZ GÖTTLER
Rose Tremain: Die Verwandlung der Mary Ward. Roman. Aus dem Englischen von Elfie Deffner. Suhrkamp TB 4479.
Berlin 2013. 429 Seiten, 9,99 Euro.
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"Ein Roman, der wie ein Country Song ist, schmerzlich, euphorisch."
Fritz Göttler, Süddeutsche Zeitung 07.02.2014
Fritz Göttler, Süddeutsche Zeitung 07.02.2014